% @book{bg_khm_kl-ausg_1833, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen. % {G}esammelt durch die {B}r{\"{u}}der {G}rimm. % {K}leine {A}usgabe. % {Z}weite verbesserte {A}uf{"|}lage", % publisher = "Gedruckt und verlegt bei G.\,Reimer", % address = "Berlin, Germany", % year = "1833", % language = "German", % } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von Y. Nagata am 23. August 2012 % \maerchentitel{Die wei"se und schwarze Braut} % 47. %S.305 % Die wei"se und schwarze Braut. %S.305 Eine Frau ging mit ihrer Tochter und Stieftochter "uber Feld, %S.305 Futter zu schneiden. Da kam der liebe Gott als ein armer %S.305 Mann zu ihnen gegangen, und fragte {\oqs}wo f"uhrt der Weg ins %S.305 Dorf?{\cqs} {\oqs}Ei, sprach die Mutter, sucht ihn selber,{\cqs} und die %S.305 Tochter setzte noch hinzu {\oqs}habt ihr Sorge da"s ihr ihn nicht findet, so %S.305 bringt euch einen Wegweiser mit.{\cqs} Die Stieftochter aber sprach %S.305 {\oqs}armer Mann, ich will dich f"uhren, komm mit mir.{\cqs} Da %S.305 erz"urnte der liebe Gott "uber die Mutter und Tochter, wendete %S.305 ihnen den R"ucken zu, und verw"unschte sie, da"s sie sollten %S.305 schwarz werden wie die Nacht, und h"a"slich wie die S"unde. Der %S.305 armen Stieftochter aber war Gott gn"adig, und gieng mit ihr, %S.305 und als sie nah am Dorf waren, sprach er einen Segen "uber %S.305 sie, und sagte {\oqs}w"ahle dir drei Sachen aus, die will ich dir gew"ahren.{\cqs} %S.305 Da sprach das M"adchen {\oqs}ich m"ochte gern sch"on werden %S.305 wie die Sonne;{\cqs} alsbald wurde sie wei"s und sch"on wie der Tag. %S.305 {\oqs}Dann m"ochte ich einen Geldbeutel haben, der nie leer w"urde;{\cqs} %S.305 den gab ihr der liebe Gott auch, sprach aber {\oqs}vergi"s das Beste %S.305 nicht, meine Tochter.{\cqs} Sagte sie {\oqs}ich w"unsche mir zum dritten %S.305 das ewige Himmelreich nach meinem Tode.{\cqs} Das wurde ihr auch %S.305 zugesagt, und also schied der liebe Gott von ihr. %S.305 % Kinderm"archen. Kl. Ausg. U %S.305 Wie nun die Stiefmutter mit ihrer Tochter nach Hause kam, %S.306 und sah, da"s sie beide kohlschwarz und h"a"slich waren, die Stieftochter %S.306 aber wei"s und sch"on, ward sie ihr im Herzen noch b"oser, %S.306 und hatte nur im Sinn wie sie ihr ein Leid anthun k"onnte. Die %S.306 Stieftochter aber hatte einen Bruder Namens Reginer, den liebte %S.306 sie sehr, und erz"ahlte ihm alles, was geschehen war. Nun sprach %S.306 der Reginer einmal zu ihr {\oqs}liebe Schwester, ich will dich abmahlen, %S.306 damit ich dich best"andig vor Augen sehe, denn meine Liebe zu dir %S.306 ist so gro"s, da"s ich dich immer in Gedanken habe.{\cqs} Da antwortete %S.306 sie {\oqs}aber la"s niemand das Bild sehen.{\cqs} Er mahlte sich nun seine %S.306 Schwester ab, und hieng das Bild in seiner Stube auf, in des %S.306 K"onigs Schlo"s, bei dem er Kutscher war, und alle Tage gieng %S.306 er davor stehen, und dankte Gott f"ur das Gl"uck seiner lieben %S.306 Schwester. Nun war aber gerade dem K"onig, bei dem er diente, %S.306 seine Gemahlin verstorben, welche so sch"on gewesen war, %S.306 da"s man keine finden konnte, die ihr gliche, und der K"onig war %S.306 dar"uber in tiefer Trauer. Die Hofdiener sahen es indessen dem %S.306 Kutscher ab, wie er t"aglich vor dem sch"onen Bilde stand, mi"sg"onntens %S.306 ihm, und meldeten es dem K"onig. Da lie"s dieser das %S.306 Bild vor sich bringen, und sah da"s es in allem seiner verstorbenen %S.306 Frau glich, nur noch sch"oner war, so da"s er sich sterblich hinein %S.306 verliebte. Er lie"s den Kutscher vor sich kommen und fragte %S.306 wen das Bild vorstellte? Als der Kutscher gesagt hatte, da"s %S.306 es seine Schwester w"are, entschlo"s sich der K"onig keine andere %S.306 als diese zur Gemahlin zu nehmen, gab ihm Wagen %S.306 und Pferde und pr"achtige Goldkleider, und schickte ihn fort, %S.306 seine erw"ahlte Braut ab zu holen. Wie Reginer mit der Botschaft %S.307 an kam, freute sich seine Schwester, allein die schwarze %S.307 "argerte sich "uber alle Ma"sen vor gro"ser Eifersucht, und sprach %S.307 zu ihrer Mutter {\oqs}was helfen nun all eure K"unste, da ihr mir %S.307 kein solches Gl"uck verschaffen k"onnt.{\cqs} Da sagte die Alte {\oqs}sey %S.307 still, ich will dirs schon zuwenden,{\cqs} und durch ihre Hexenk"unste %S.307 tr"ubte sie dem Kutscher die Augen, da"s er halb blind war, %S.307 und der Wei"sen verstopfte sie die Ohren, da"s sie halb taub %S.307 war. Darauf stiegen sie in den Wagen, erst die Braut in den %S.307 herrlichen k"oniglichen Kleidern, dann die Stiefmutter mit ihrer %S.307 Tochter, und Reginer sa"s auf dem Bock, um zu fahren. Wie %S.307 sie eine Weile gereist waren, unterwegs, rief der Kutscher %S.307 \begin{verse} {\oqs}Deck dich zu, mein Schwesterlein, \\ %S.307 da"s Regen dich nicht n"a"st, \\ %S.307 da"s Wind dich nicht best"aubt, \\ %S.307 da"s du fein sch"on zum K"onig kommst.{\cqs} %S.307 \end{verse} Die Braut fragte {\oqs}was sagt mein lieber Bruder?{\cqs} {\oqs}Ach, sprach die %S.307 Alte, er hat gesagt, du solltest dein g"ulden Kleid aus ziehen, %S.307 und es deiner Schwester geben.{\cqs} Da zog sies aus und thats der %S.307 Schwarzen an, die gab ihr daf"ur einen schlechten grauen Kittel. %S.307 So fuhren sie weiter; "uber ein Weilchen rief der Bruder abermals %S.307 \begin{verse} {\oqs}deck dich zu, mein Schwesterlein, \\ %S.307 da"s Regen dich nicht n"a"st, \\ %S.307 da"s Wind dich nicht best"aubt \\ %S.307 und du fein sch"on zum K"onig kommst.{\cqs} %S.307 \end{verse} Die Braut fragte {\oqs}was sagt mein lieber Bruder?{\cqs} {\oqs}Ach, sprach die %S.307 % U 2 %S.307 Alte, er hat gesagt, du solltest deine g"uldene Haube ab thun, %S.308 und deiner Schwester geben.{\cqs} Da that sie die Haube ab und der %S.308 Schwarzen auf, und sa"s im blo"sen Haar. So fuhren sie weiter; %S.308 wiederum "uber ein Weilchen rief der Bruder %S.308 \begin{verse} {\oqs}deck dich zu, mein Schwesterlein, \\ %S.308 da"s Regen dich nicht n"a"st, \\ %S.308 da"s Wind dich nicht best"aubt \\ %S.308 und du fein sch"on zum K"onig kommst.{\cqs} \\ %S.308 \end{verse} Die Braut fragte {\oqs}was sagt mein lieber Bruder?{\cqs} {\oqs}Ach, sprach %S.308 die Alte, er hat gesagt, du m"ochtest einmal aus dem Wagen %S.308 sehen.{\cqs} Sie fuhren aber gerade "uber ein tiefes Wasser, wie nun %S.308 die Braut aufstand und aus dem Fenster sah, da stie"sen sie die %S.308 beiden andern hinaus, da"s sie gerad ins Wasser fiel. Als sie %S.308 aber versunken war, in demselben Augenblick, stieg eine schneewei"se %S.308 Ente hervor, und schwamm den Flu"s hinab. Der Bruder %S.308 hatte gar nichts davon gemerkt, und fuhr den Wagen weiter, %S.308 bis sie an den Hof kamen, da brachte er dem K"onig die Schwarze %S.308 als seine Schwester, und meinte auch, sie w"ars, weil es ihm tr"ub %S.308 vor den Augen war, und er doch die Goldkleider schimmern sah. %S.308 Der K"onig, wie er die grundlose H"a"slichkeit an seiner vermeinten %S.308 Braut erblickte, ward sehr b"os, und befahl den Kutscher in %S.308 eine Grube zu werfen, die voll Ottern und Schlangengez"ucht %S.308 war. Die alte Hexe aber wu"ste den K"onig doch so zu bestricken, %S.308 und ihm die Augen zu verblenden, da"s er sie und ihre Tochter %S.308 behielt, und zu sich nahm bis da"s sie ihm ganz leidlich vorkam, %S.308 und er sich wirklich mit ihr verheirathete. %S.308 Einmal Abends, w"ahrend die schwarze Braut dem K"onig %S.309 auf dem Schoo"se sa"s, kam eine wei"se Ente zum Gossenstein in %S.309 die K"uche geschwommen, und sagte zum K"uchenjungen %S.309 \begin{verse} {\oqs}J"ungelchen, mach Feuer an, \\ %S.309 da"s ich meine Federn w"armen kann.{\cqs} %S.309 \end{verse} Das that der K"uchenjunge, und machte ihr ein Feuer auf dem %S.309 Heerd, da kam die Ente und setzte sich daneben, sch"uttelte sich %S.309 und strich sich die Federn mit dem Schnabel zurecht. W"ahrend %S.309 sie so sa"s und sich wohlthat, fragte sie %S.309 \begin{verse} {\oqs}was macht mein Bruder Reginer?{\cqs} %S.309 \end{verse} Der K"uchenjunge antwortete %S.309 \begin{verse} {\oqs}liegt tief bei Ottern und Schlangen.{\cqs} %S.309 \end{verse} Fragte sie weiter %S.309 \begin{verse} {\oqs}was macht die schwarze Hexe im Haus?{\cqs} %S.309 \end{verse} Der K"uchenjunge antwortete %S.309 \begin{verse} {\oqs}die sitzt warm \\ %S.309 ins K"onigs Arm.{\cqs} %S.309 \end{verse} Sagte die Ente %S.309 \begin{verse} {\oqs}da"s Gott erbarm!{\cqs} %S.309 \end{verse} und schwamm den Gossenstein hinaus. %S.309 Den folgenden Abend kam sie wieder, und that dieselben %S.309 Fragen, und den dritten Abend noch einmal. Da konnte es %S.309 der K"uchenjunge nicht l"anger "ubers Herz bringen, und sagte %S.309 dem K"onig alles. Der K"onig aber gieng den andern Abend %S.309 hin, und wie die Ente den Kopf durch den Gossenstein herein %S.309 streckte, nahm er sein Schwert, und hieb ihr den Hals durch, %S.309 da wurde sie auf einmal zum sch"onsten M"adchen, und glich genau %S.310 dem Bild, das der Bruder von ihr gemacht hatte. Der %S.310 K"onig aber war voll Freuden, und weil sie ganz na"s da stand, %S.310 lie"s er ihr k"ostliche Kleider bringen, und lie"s sie damit bekleiden. %S.310 Dann erz"ahlte sie ihm, wie sie war betrogen und endlich in %S.310 den Flu"s hinab geworfen worden; und ihre erste Bitte war %S.310 da"s ihr Bruder aus der Schlangenh"ohle herausgeholt w"urde.{\cqs} %S.310 Und als der K"onig diese Bitte erf"ullt hatte, gieng er in die Kammer, %S.310 wo die alte Hexe sa"s, und fragte {\oqs}was verdient die, welche %S.310 das und das thut?{\cqs} und erz"ahlte den ganzen Hergang. Da war %S.310 sie verblendet, merkte nichts und sprach {\oqs}die verdient, da"s man %S.310 sie nackt auszieht, und in ein Fa"s mit N"ageln legt, und vor das %S.310 Fa"s ein Pferd spannt, und das Pferd in alle Welt schickt.{\cqs} Das %S.310 geschah alles an ihr und ihrer schwarzen Tochter. Der K"onig %S.310 heirathete die wei"se sch"one Braut, und belohnte den treuen Bruder, %S.310 indem er ihn zu einem reichen und angesehenen Mann %S.310 machte. %S.310 %\vspace{2\baselineskip} %\divisionbar %S.310 %% %% ============================================================ %% Liste der im Originaltext enthaltenen zu korrigierenden %% W"orter, Interpunktions- und Anf"uhrungszeichen, usw. %% ============================================================ %% Seite 305, Zeile 1 %% [falsch] %% Eine Frau ging mit ihrer Tochter und Stieftochter "uber Feld, %S.305 %% [richtig] %% Eine Frau gieng mit ihrer Tochter und Stieftochter "uber Feld, %S.305 %% %% Seite 305, Zeile 4 %% [falsch] %% Dorf?{\cqs} {\oqs}Ei, sprach die Mutter, sucht ihn selber,{\cqs} und die %S.305 %% [richtig] %% Dorf?{\cqs} {\oqs}Ei,{\cqs} sprach die Mutter, {\oqs}sucht ihn selber,{\cqs} und die %S.305 %% %% Seite 307, Zeile 17 %% [falsch] %% Die Braut fragte {\oqs}was sagt mein lieber Bruder?{\cqs} {\oqs}Ach, sprach die %S.307 %% [richtig] %% Die Braut fragte {\oqs}was sagt mein lieber Bruder?{\cqs} {\oqs}Ach,{\cqs} sprach die %S.307 %% %% Seite 307, Zeile 18 %% [falsch] %% Alte, er hat gesagt, du solltest dein g"ulden Kleid aus ziehen, %S.307 %% [richtig] %% Alte, {\oqs}er hat gesagt, du solltest dein g"ulden Kleid aus ziehen, %S.307 %% %% Seite 307, Zeile 26 %% [falsch] %% Die Braut fragte {\oqs}was sagt mein lieber Bruder?{\cqs} {\oqs}Ach, sprach die %S.307 %% [richtig] %% Die Braut fragte {\oqs}was sagt mein lieber Bruder?{\cqs} {\oqs}Ach,{\cqs} sprach die %S.307 %% %% Seite 308, Zeile 1 %% [falsch] %% Alte, er hat gesagt, du solltest deine g"uldene Haube ab thun, %S.308 %% [richtig] %% Alte, {\oqs}er hat gesagt, du solltest deine g"uldene Haube ab thun, %S.308 %% %% Seite 308, Zeile 9 %% [falsch] %% Die Braut fragte {\oqs}was sagt mein lieber Bruder?{\cqs} {\oqs}Ach, sprach %S.308 %% [richtig] %% Die Braut fragte {\oqs}was sagt mein lieber Bruder?{\cqs} {\oqs}Ach,{\cqs} sprach %S.308 %% %% Seite 308, Zeile 10 %% [falsch] %% die Alte, er hat gesagt, du m"ochtest einmal aus dem Wagen %S.308 %% [richtig] %% die Alte, {\oqs}er hat gesagt, du m"ochtest einmal aus dem Wagen %S.308 %% %% Seite 310, Zeile 7 %% [falsch] %% da"s ihr Bruder aus der Schlangenh"ohle herausgeholt w"urde.{\cqs} %S.310 %% [richtig] %% da"s ihr Bruder aus der Schlangenh"ohle herausgeholt w"urde. %S.310 %%