% @book{bg_khm_kl-ausg_1833, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen. % {G}esammelt durch die {B}r{\"{u}}der {G}rimm. % {K}leine {A}usgabe. % {Z}weite verbesserte {A}uf{"|}lage", % publisher = "Gedruckt und verlegt bei G.\,Reimer", % address = "Berlin, Germany", % year = "1833", % language = "German", % } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von Y. Nagata am 22. August 2012 % %%% Besonderheiten f"ur den Fraktursatz: %% "| zur Vermeidung von Ligaturen; %% (Eingabe: e.g. auf"|fressen und Hof"|leute %% statt auffressen und Hofleute) %% "| auch f"ur das sogenannte runde s -- oder Schluss s -- im %% Kompositum (ansonsten wird dieses durch LaTeX -- und khm.sty -- %% von dem langen s richtig unterschieden und gesetzt); %% (Eingabe: e.g. Aus"|gang statt Ausgang) %% {} f"ur das runde s au"ser Komposita; %% (Eingabe: e.g. s{}' statt s') %% {\ck} f"ur ,,ck``, das bei der Silbentrennung am Zeilenende %% in die Form ,,k-k`` umgewandelt werden soll. %% %% Jeder M"archentext ist mit einem Versalsatz geschm"uckt im Original. %% % \maerchentitel{Die vier kunstreichen Br"uder} % 45. %S.288 % Die vier kunstreichen Br"uder. %S.288 \lettrine[lines=1]{E}{s} war ein armer Mann, der hatte vier S"ohne, wie die %S.288 nun herangewachsen waren, sprach er zu ihnen {\oqs}liebe Kinder, %S.288 ihr m"u"st hinaus in die Welt, ich habe nichts, das ich euch %S.288 geben k"onnte: macht euch auf in die Fremde, lernt ein Handwerk %S.288 und seht, wie ihr euch durchschlagt.{\cqs} Da ergriffen die %S.288 vier Br"uder den Wanderstab, nahmen Abschied von ihrem Vater, %S.288 und zogen zusammen zum Thor hinaus. Als sie ein St"uck %S.288 Wegs gemacht hatten, kamen sie an einen Kreuzweg, der nach %S.288 vier verschiedenen Gegenden f"uhrte. Da sprach der "alteste {\oqs}hier %S.288 m"ussen wir uns trennen, aber heut "uber vier Jahre wollen %S.288 wir uns an dieser Stelle wieder zusammen treffen, und in der Zeit %S.288 unser Gl"uck versuchen.{\cqs} %S.288 Nun gieng jeder seinen Weg, und dem "altesten begegnete %S.288 ein Mann, der fragte ihn, wo er hinaus wollte, und was er %S.288 vor h"atte. {\oqs}Ich will ein Handwerk lernen{\cqs} antwortete er. Da %S.288 sprach der Mann {\oqs}geh mit mir und werde ein Dieb.{\cqs} {\oqs}Nein, %S.288 antwortete er, das gilt f"ur kein ehrliches Handwerk mehr, und %S.288 das Ende vom Lied ist, da"s einer als Schwengel in der Feldglo{\ck}e %S.288 gebraucht wird.{\cqs} {\oqs}O, sprach der Mann, vor dem Galgen %S.288 brauchst du dich nicht zu f"urchten: ich will dich blos lehren %S.289 zu holen was sonst kein Mensch kriegen kann, und wo dir %S.289 niemand auf die Spur kommt.{\cqs} Da lie"s er sich "uberreden, %S.289 und ward bei dem Manne ein gelernter Dieb, und so geschickt, %S.289 da"s vor ihm nichts sicher war, was er einmal haben wollte. %S.289 Der zweite Bruder begegnete einem Mann, der dieselbe Frage %S.289 an ihn that, was er in der Welt lernen wolle. {\oqs}Ich wei"s es %S.289 noch nicht{\cqs} antwortete er. {\oqs}So geh mit mir, und werde ein %S.289 Sterngu{\ck}er: nichts besser als das, es bleibt einem nichts verborgen.{\cqs} %S.289 Er lie"s sich das gefallen, und ward ein so geschi{\ck}ter %S.289 Sterngu{\ck}er, da"s sein Meister, als er aus"|gelernt hatte, und %S.289 weiter ziehen wollte, ihm ein Glas gab, und zu ihm sprach %S.289 {\oqs}damit kannst du sehen, was auf Erden und am Himmel vorgeht, %S.289 und kann dir nichts verborgen bleiben.{\cqs} Den dritten Bruder %S.289 nahm ein J"ager mit in die Lehre, und gab ihm in allem, %S.289 was zur J"agerei geh"orte, so guten Unterricht, da"s er ein aus"|gelernter %S.289 J"ager ward. Der Meister schenkte ihm beim Abschied %S.289 eine B"uchse und sprach {\oqs}die fehlt nicht, was du damit aufs %S.289 Korn nimmst, das triffst du auch.{\cqs} Der j"ungste Bruder begegenete %S.289 gleichfalls einem Manne, der ihn anredete, und nach %S.289 seinem Vorhaben fragte. {\oqs}Hast du nicht Lust ein Schneider zu %S.289 werden?{\cqs} {\oqs}Da"s ich nicht w"u"ste, sprach der Junge, das Krummsitzen %S.289 von Morgens bis Abends, das Hin- und Herfegen mit %S.289 der Nadel, und das B"ugeleisen will mir nicht in den Sinn.{\cqs} %S.289 {\oqs}Ei was, antwortete der Mann, du sprichst wie dus verstehst: %S.289 bei mir lernst du eine ganz andere Schneiderkunst, die ist anst"andig %S.289 % Kinderm"archen. Kl. Ausg. T %S.289 und ziemlich, zum Theil sehr ehrenvoll.{\cqs} Da lie"s er %S.290 sich "uberreden, gieng mit und lernte die Kunst des Mannes aus %S.290 dem Fundament. Beim Abschied gab ihm dieser eine Nadel %S.290 und sprach {\oqs}damit kannst du zusammenn"ahen was dir vorkommt, %S.290 es sey so weich wie ein Ei oder so hart als Stahl: und es wird %S.290 so zu einem St"uck, da"s keine Naht mehr zu sehen ist.{\cqs} %S.290 Als die bestimmten vier Jahre herum waren, kamen die %S.290 vier Br"uder zu gleicher Zeit an dem Kreuzwege zusammen, %S.290 herzten und k"u"sten sich, und kehrten heim zu ihrem Vater. Sie %S.290 erz"ahlten wie es ihnen ergangen war, und da"s jeder das Seinige %S.290 gelernt h"atte. Nun sa"sen sie gerade vor dem Haus unter %S.290 einem gro"sen Baum, da sprach der Vater {\oqs}jetzt will ich euch %S.290 auf die Probe stellen und sehen was ihr k"onnt.{\cqs} Darnach schaute %S.290 er auf, und sagte zu dem zweiten Sohne {\oqs}oben im Gipfel dieses %S.290 Baums sitzt zwischen zwei "Asten ein Buchfinkennest, sag %S.290 mir wie viel Eier liegen darin?{\cqs} Der Sterngu{\ck}er nahm sein %S.290 Glas, schaute hinauf und sprach {\oqs}f"unfe sinds.{\cqs} Sprach der Vater zum "altesten, {\oqs}hol du die Eier herunter, ohne da"s der %S.290 Vogel, der darauf sitzt und br"utet, gest"ort wird.{\cqs} Der kunstreiche %S.290 Dieb stieg hinauf, und nahm dem V"oglein, das gar %S.290 nichts davon merkte, und ruhig sitzen blieb, die f"unf Eier unter %S.290 dem Leib weg, und brachte sie dem Vater herab. Der Vater %S.290 nahm sie, legte an jede E{\ck}e des Tisches eins, und das %S.290 f"unfte in die Mitte, und sprach zum J"ager {\oqs}du schie"sest mir %S.290 mit einem Schu"s die f"unf Eier in der Mitte entzwei.{\cqs} Der %S.290 J"ager legte seine B"uchse an, und scho"s die Eier, wie es der %S.290 Vater verlangt hatte, alle f"unfe, und zwar in einem Schu"s. %S.291 {\oqs}Nun kommt die Reihe an dich, sprach dieser zu dem vierten %S.291 Sohn, du n"ahst die Eier wieder zusammen, und auch die jungen %S.291 V"oglein, die darin sind, und zwar so da"s ihnen der Schu"s %S.291 nichts schadet.{\cqs} Der Schneider holte seine Nadel, und n"ahte %S.291 nach Vorschrift. Als er fertig war, mu"ste der Dieb die Eier %S.291 wieder auf den Baum ins Nest tragen, und dem Vogel, ohne %S.291 da"s er etwas gewahr ward, wieder unter legen. Das Thierchen %S.291 br"utete sie vollends aus, und nach ein paar Tagen krochen %S.291 die Jungen hervor, und hatten da wo der Schneider sie zusammengen"aht %S.291 ein rothes Streifchen um den Hals. %S.291 {\oqs}Ja, sprach der Alte zu seinen S"ohnen, ich mu"s gestehen, %S.291 ihr habt eure Zeit wohl benutzt, und was rechtschaffenes gelernt: %S.291 ich kann nicht sagen, wem von euch der Vorzug geb"uhrt. Wenn %S.291 ihr nur bald Gelegenheit habt, eure Kunst anwenden.{\cqs} Nicht %S.291 lange darnach kam ein gro"ser L"arm ins Land, die K"onigs"|tochter %S.291 w"are von einem Drachen entf"uhrt worden. Der K"onig war %S.291 Tag und Nacht dar"uber in Sorgen, und lie"s bekannt machen %S.291 wer sie zur"uck br"achte sollte sie zur Gemahlin haben. Die vier %S.291 Br"uder sprachen unter einander, das w"are eine Gelegenheit, %S.291 wo wir uns k"onnten sehen lassen, und beschlossen, die K"onig"|stochter %S.291 zu befreien. {\oqs}Wo sie ist, will ich bald wissen, sprach %S.291 der Sterngu{\ck}er, schaute durch sein Glas, und sprach {\oqs}ich sehe %S.291 sie, sie sitzt weit von hier auf einem Felsen im Meer bei dem %S.291 Drachen, der sie h"utet.{\cqs} Da gieng er zu dem K"onig, und bat %S.291 um ein Schiff f"ur sich und seine Br"uder, und fuhr mit ihnen %S.291 % T 2 %S.291 "uber das Meer bis sie zur St"atte hin kamen. Die K"onigs"|tochter %S.292 sa"s da, und der Drache lag in ihrem Schoo"s und %S.292 schlief. Der J"ager sprach {\oqs}ich darf nicht schie"sen, ich w"urde %S.292 die sch"one Jungfrau zugleich t"odten.{\cqs} {\oqs}So will ich mein Heil %S.292 versuchen{\cqs} sagte der Dieb, und stahl sie unter dem Drachen %S.292 weg, so leis und behend, da"s das Unthier nichts merkte, sondern %S.292 fortschnarchte. Sie eilten voll Freude mit ihr aufs Schiff, %S.292 und steuerten in die offene See; da kam der Drache, der bei %S.292 seinem Erwachen die K"onigs"|tochter nicht mehr gefunden hatte, %S.292 hinter ihnen her, und schnaubte w"uthend durch die Luft; und %S.292 als er gerade "uber dem Schiff war, und sich herablassen wollte, %S.292 da legte der J"ager seine B"uchse an, und scho"s ihm mitten ins %S.292 Herz, da"s er todt herabfiel. Es war aber ein so gewaltiges %S.292 Unthier, da"s es im Herabfallen das ganze Schiff zertr"ummerte, %S.292 und die f"unfe nur noch auf ein paar Brettern auf dem weiten %S.292 Meer umher schwammen. Da war der Schneider nicht faul, %S.292 nahm seine wunderbare Nadel, n"ahte die Bretter mit ein paar %S.292 gro"sen Stichen in der Eile zusammen, setzte sich darauf, schiffte %S.292 hin, und sammelte alle St"u{\ck}e des Schiffs. Dann n"ahte er %S.292 auch diese so behend zusammen, da"s in kurzer Zeit das Schiff %S.292 wieder segelfertig war, und sie gl"ucklich heim fahren konnten. %S.292 Als der K"onig seine Tochter wieder erbli{\ck}te, war gro"se %S.292 Freude, und er sprach zu den vier Br"udern {\oqs}einer von euch %S.292 soll sie zur Gemahlin haben, aber welcher das ist, macht unter %S.292 euch aus.{\cqs} Da entstand Streit unter ihnen; der Sterngu{\ck}er %S.292 sprach {\oqs}h"atte ich nicht die K"onigs"|tochter gesehen, so w"aren alle %S.292 eure K"unste umsonst gewesen: darum ist sie mein.{\cqs} Der Dieb %S.293 sprach {\oqs}was h"atte das sehen geholfen, wenn ich sie nicht unter %S.293 dem Drachen weggenommen h"atte; darum ist sie mein.{\cqs} Der %S.293 J"ager sprach {\oqs}ihr w"art doch sammt der K"onigs"|tochter von dem %S.293 Unthier zerrissen worden, h"atte es meine Kugel nicht getroffen; %S.293 darum ist sie mein.{\cqs} Der Schneider sprach {\oqs}und h"atte ich euch %S.293 mit meiner Kunst nicht das Schiff wieder zusammengebracht, %S.293 ihr w"art alle j"ammerlich ertrunken; darum ist sie mein.{\cqs} Da %S.293 that der K"onig den Aus"|spruch {\oqs}jeder von euch hat ein gleiches %S.293 Recht, und weil ein jeder die Jungfrau nicht haben kann, so %S.293 soll sie keiner von euch haben, aber ich will jedem zur Belohnung %S.293 ein halbes K"onigreich geben.{\cqs} Den Br"udern gefiel diese Entscheidung, %S.293 und die sprachen {\oqs}es ist so besser, als da"s wir uneins %S.293 werden.{\cqs} Der K"onig gab jedem ein halbes K"onigreich, und sie %S.293 lebten mit ihrem Vater in aller Gl"uckseligkeit, so lange es Gott gefiel. %S.293 %\vspace{4\baselineskip} %\divisionbar %S.293 %% %% ============================================================ %% Liste der im Originaltext enthaltenen zu korrigierenden %% W"orter, Interpunktions- und Anf"uhrungszeichen, usw. %% ============================================================ %% Seite 288, Zeile 15 %% [falsch] %% vor h"atte. {\oqs}Ich will ein Handwerk lernen{\cqs} antwortete er. Da %S.288 %% [richtig] %% vor h"atte. {\oqs}Ich will ein Handwerk lernen,{\cqs} antwortete er. Da %S.288 %% %% Seite 288, Zeile 16 %% [falsch] %% sprach der Mann {\oqs}geh mit mir und werde ein Dieb.{\cqs} {\oqs}Nein, %S.288 %% [richtig] %% sprach der Mann {\oqs}geh mit mir und werde ein Dieb.{\cqs} {\oqs}Nein,{\cqs} %S.288 %% %% Seite 288, Zeile 17 %% [falsch] %% antwortete er, das gilt f"ur kein ehrliches Handwerk mehr, und %S.288 %% [richtig] %% antwortete er, {\oqs}das gilt f"ur kein ehrliches Handwerk mehr, und %S.288 %% %% Seite 288, Zeile 19 %% [falsch] %% gebraucht wird.{\cqs} {\oqs}O, sprach der Mann, vor dem Galgen %S.288 %% [richtig] %% gebraucht wird.{\cqs} {\oqs}O,{\cqs} sprach der Mann, {\oqs}vor dem Galgen %S.288 %% %% Seite 289, Zeile 8 %% [falsch] %% noch nicht{\cqs} antwortete er. {\oqs}So geh mit mir, und werde ein %S.289 %% [richtig] %% noch nicht,{\cqs} antwortete er. {\oqs}So geh mit mir, und werde ein %S.289 %% %% Seite 289, Zeile 22 %% [falsch] %% werden?{\cqs} {\oqs}Da"s ich nicht w"u"ste, sprach der Junge, das Krummsitzen %S.289 %% [richtig] %% werden?{\cqs} {\oqs}Da"s ich nicht w"u"ste,{\cqs} sprach der Junge, {\oqs}das Krummsitzen %S.289 %% %% Seite 289, Zeile 25 %% [falsch] %% {\oqs}Ei was, antwortete der Mann, du sprichst wie dus verstehst: %S.289 %% [richtig] %% {\oqs}Ei was,{\cqs} antwortete der Mann, {\oqs}du sprichst wie dus verstehst: %S.289 %% %% Seite 290, Zeile 10 %% [falsch] %% erz"ahlten wie es ihnen ergangen war, und da"s jeder das Seinige %S.290 %% [richtig] %% erz"ahlten wie es ihnen ergangen w"are, und da"s jeder das Seinige %S.290 %% %% Seite 291, Zeile 2 %% [falsch] %% {\oqs}Nun kommt die Reihe an dich, sprach dieser zu dem vierten %S.291 %% [richtig] %% {\oqs}Nun kommt die Reihe an dich,{\cqs} sprach dieser zu dem vierten %S.291 %% %% Seite 291, Zeile 3 %% [falsch] %% Sohn, du n"ahst die Eier wieder zusammen, und auch die jungen %S.291 %% [richtig] %% Sohn, {\oqs}du n"ahst die Eier wieder zusammen, und auch die jungen %S.291 %% %% Seite 291, Zeile 12 %% [falsch] %% {\oqs}Ja, sprach der Alte zu seinen S"ohnen, ich mu"s gestehen, %S.291 %% [richtig] %% {\oqs}Ja,{\cqs} sprach der Alte zu seinen S"ohnen, {\oqs}ich mu"s gestehen, %S.291 %% %% Seite 291, Zeile 22 %% [falsch] %% zu befreien. {\oqs}Wo sie ist, will ich bald wissen, sprach %S.291 %% [richtig] %% zu befreien. {\oqs}Wo sie ist, will ich bald wissen,{\cqs} sprach %S.291 %% %% Seite 292, Zeile 5 %% [falsch] %% versuchen{\cqs} sagte der Dieb, und stahl sie unter dem Drachen %S.292 %% [richtig] %% versuchen,{\cqs} sagte der Dieb, und stahl sie unter dem Drachen %S.292 %%