% @book{bg_khm_kl-ausg_1833, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen. % {G}esammelt durch die {B}r{\"{u}}der {G}rimm. % {K}leine {A}usgabe. % {Z}weite verbesserte {A}uf{"|}lage", % publisher = "Gedruckt und verlegt bei G.\,Reimer", % address = "Berlin, Germany", % year = "1833", % language = "German", % } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von Y. Nagata am 20. August 2012 % %%% Besonderheiten f"ur den Fraktursatz: %% "| zur Vermeidung von Ligaturen; %% (Eingabe: e.g. auf"|fressen und Hof"|leute %% statt auffressen und Hofleute) %% "| auch f"ur das sogenannte runde s -- oder Schluss s -- im %% Kompositum (ansonsten wird dieses durch LaTeX -- und khm.sty -- %% von dem langen s richtig unterschieden und gesetzt); %% (Eingabe: e.g. Aus"|gang statt Ausgang) %% {} f"ur das runde s au"ser Komposita; %% (Eingabe: e.g. s{}' statt s') %% {\ck} f"ur ,,ck``, das bei der Silbentrennung am Zeilenende %% in die Form ,,k-k`` umgewandelt werden soll. %% %% Jeder M"archentext ist mit einem Versalsatz geschm"uckt im Original. %% % \maerchentitel{Die kluge Bauerntochter} % 36. %S.242 % Die kluge Bauerntochter. %S.242 \lettrine[lines=1]{E}{s} war einmal ein armer Bauer, der hatte kein Land, nur %S.242 ein kleines H"aus"|chen und eine alleinige Tochter, da sprach die %S.242 Tochter {\oqs}wir sollten den Herrn K"onig um ein St"uckchen Rottland %S.242 bitten.{\cqs} Da der K"onig ihre Armuth h"orte, schenkte er %S.242 ihnen auch ein Eckchen Rasen, den ha{\ck}te sie und ihr Vater um, %S.242 und wollten ein wenig Korn und der Art Frucht darauf s"aen: %S.242 und als sie ihn beinahe herum hatten, da fanden sie in der %S.242 Erde einen M"orsel von purem Gold. {\oqs}H"or, sagte der Vater %S.242 zu dem M"adchen, weil unser Herr K"onig so gn"adig ist gewesen, %S.242 und hat uns diesen A{\ck}er geschenkt, so m"ussen wir ihm den %S.242 M"orsel wiedergeben.{\cqs} Die Tochter aber wollt es nicht bewilligen, %S.242 und sagte {\oqs}Vater, wenn wir den M"orsel haben, und haben %S.242 den St"o"ser nicht, dann m"ussen wir auch den St"o"ser schaffen, %S.242 darum schweigt lieber still.{\cqs} Er wollt ihr aber nicht gehorchen, %S.242 nahm den M"orsel und trug ihn zum Herrn K"onig, und sagte, %S.242 den h"att er gefunden in der Heide. Der K"onig nahm den %S.242 M"orsel, und fragte ob er nichts mehr gefunden? {\oqs}Nein,{\cqs} sprach %S.242 der Bauer: da sagte der K"onig er sollte nun auch den St"o"ser %S.242 herbeischaffen. Der Bauer sprach den h"atten sie nicht gefunden; %S.242 aber das half ihm soviel, als h"att ers in den Wind gesagt, er %S.242 ward ins Gef"angni"s gesetzt, und sollte so lange da sitzen, bis er %S.243 den St"o"ser herbeigeschafft h"atte. Die Bedienten mu"sten ihm %S.243 t"aglich Wasser und Brot bringen, was man so in dem Gef"angni"s %S.243 kriegt, da h"orten sie, wie der Mann als fort schrie {\oqs}ach, %S.243 h"att ich meiner Tochter geh"ort! ach, ach, h"att ich meiner %S.243 Tochter geh"ort!{\cqs} Da giengen die Bedienten zum K"onig, und %S.243 sprachen das, wie der Gefangene als fort schrie {\oqs}ach, h"att ich %S.243 doch meiner Tochter geh"ort!{\cqs} und wollte nicht essen und nicht %S.243 trinken. Da befahl er den Bedienten, sie sollten ihn vor ihn %S.243 bringen, und da fragte der Herr K"onig, warum er also %S.243 fort schreie ach, h"att ich meiner Tochter geh"ort! {\oqs}Was hat %S.243 eure Tochter denn gesagt?{\cqs} {\oqs}Ja, sie hat gesprochen, ich sollte %S.243 den M"orsel nicht bringen, sonst m"u"st' ich auch den St"o"ser schaffen.{\cqs} %S.243 {\oqs}Habt ihr dann so eine kluge Tochter, so la"st sie einmal %S.243 herkommen.{\cqs} Also mu"ste sie vor den K"onig kommen, der fragte %S.243 sie, ob sie dann so klug w"are? und sagte, er wollte ihr ein %S.243 R"athsel aufgeben, wann sie das treffen k"onnte, dann wollte %S.243 er sie heirathen. Da sprach sie ja, sie wollts errathen. %S.243 Da sagte der K"onig {\oqs}komm zu mir, nicht gekleidet, nicht %S.243 na{\ck}end, nicht geritten, nicht gefahren, nicht in dem Weg, %S.243 nicht au"ser dem Weg, und wenn du das kannst, will ich %S.243 dich heirathen.{\cqs} Da gieng sie hin, und zog sich aus splinterna{\ck}end, %S.243 da war sie nicht gekleidet; und nahm ein gro"ses Fischgarn, %S.243 und setzte sich hinein und wi{\ck}elte sich hinein, da war sie %S.243 nicht na{\ck}end; und borgte einen Esel f"urs Geld, und band dem %S.243 Esel das Fischgarn an den Schwanz, daran er sie fortschleppen %S.243 % Q 2 %S.243 mu"ste, und war das nicht geritten und nicht gefahren; und %S.244 mu"ste sie der Esel in der Fahrglei"se schleppen so da"s sie nur %S.244 mit der gro"sen Zehe auf die Erde kam, und war das nicht in %S.244 dem Weg und nicht au"ser dem Wege. Und wie sie so daher %S.244 kam, sagte der K"onig, sie h"atte das R"athsel getroffen, und sey %S.244 alles erf"ullt. Da lie"s er ihren Vater los aus dem Gef"angni"s, %S.244 und nahm sie bei sich als seine Gemahlin, und befahl ihr das %S.244 ganze k"onigliche Gut an. %S.244 Nun waren etliche Jahre herum, als der Herr K"onig einmal %S.244 auf die Parade zog, da trug es sich zu, da"s Bauern mit %S.244 ihren Wagen vor dem Schlo"s hielten, die hatten Holz verkauft; %S.244 etliche mit Ochsen und etliche mit Pferden. Da war %S.244 ein Bauer, der hatte drei Pferde, davon kriegte eins ein junges %S.244 F"ullchen, das lief weg und legte sich an einen Wagen, wo zwei %S.244 Ochsen davor waren, mittendrein. Als nun die Bauern zusammen %S.244 kamen, fiengen sie sich an zu zanken, schmei"sen und l"armen, %S.244 und der Ochsenbauer wollte das F"ullchen behalten und %S.244 sagte, die Ochsen h"attens gehabt, und der andere sagte, nein, %S.244 seine Pferde h"attens gehabt, und es w"ar sein. Der Zank kam %S.244 vor den K"onig, und der that den Aus"|spruch wo das F"ullen %S.244 gelegen h"atte, da sollt es bleiben, und also bekams der Ochsenbauer, %S.244 dems doch nicht geh"orte. Da gieng der andere weg, %S.244 weinte und lamentirte "uber sein F"ullchen. Nun hatte er so geh"ort, %S.244 wie da"s die Frau K"onigin so gn"adig sey, weil sie auch %S.244 von armen Bauers"|leuten gekommen w"are: gieng zu ihr und %S.244 bat sie, ob sie ihm nicht helfen k"onnte, da"s er sein F"ullchen %S.244 wieder bek"ame. Sagte sie {\oqs}ja, wenn ihr mir versprecht, da"s %S.245 ihr mich nicht verrathen wollt, will ichs euch sagen. Morgen %S.245 fr"uh, wenn der K"onig auf der Wachtparade ist, so stellt euch %S.245 hin mitten in die Stra"se, wo er vorbei kommen mu"s, nehmt %S.245 ein gro"ses Fischgarn, und thut als fischtet ihr, und fischt also %S.245 fort, und sch"uttet es aus, als wenn ihrs voll h"attet,{\cqs} und sagte %S.245 ihm auch was er antworten sollte, wenn er vom K"onig gefragt %S.245 w"urde. Also stand der Bauer am andern Tag da, und fischte %S.245 auf einem tro{\ck}enen Platz. Wie der K"onig vorbei kam und %S.245 das sah, schi{\ck}te er seinen Laufer hin, der sollte fragen, was der %S.245 n"arrische Mann vorhabe. Da gab er zur Antwort {\oqs}ich fische.{\cqs} %S.245 Fragte der Laufer, wie er fischen k"onnte, es w"ar ja kein Wasser %S.245 da. Sagte der Bauer {\oqs}so gut als zwei Ochsen k"onnen ein %S.245 F"ullen kriegen, so gut kann ich auch auf dem tro{\ck}enen Platz %S.245 fischen.{\cqs} Der Laufer gieng hin und brachte dem K"onig die Antwort, %S.245 da lie"s er den Bauer vor sich kommen, und sagte ihm das %S.245 h"atte er nicht von sich, von wem er das h"atte? und sollts gleich %S.245 bekennen. Der Bauer aber wollts nicht thun, und sagte immer %S.245 Gott bewahr! er h"att es von sich. Sie banden ihn aber auf %S.245 ein Gebund Stroh, und schlugen und drangsalten ihn so lange, %S.245 bis ers bekannte, da"s ers von der Frau K"onigin h"atte. Als %S.245 der K"onig nach Haus kam, sagte er zu seiner Frau {\oqs}warum %S.245 bist du so falsch mit mir, ich will dich nicht mehr zur Gemahlin: %S.245 deine Zeit ist um, geh wieder hin, woher du kommen bist, %S.245 in dein Bauernh"aus"|chen.{\cqs} Doch erlaubte er ihr eins, sie sollte %S.245 sich das Liebste und Beste mitnehmen was sie w"u"ste, und das %S.245 sollte ihr Abschied seyn. Sie sagte {\oqs}ja lieber Mann, wenn dus %S.246 so befiehlst, will ich es auch thun,{\cqs} und fiel "uber ihn her, und %S.246 k"u"ste ihn, und sprach, sie wollte Abschied von ihm nehmen. %S.246 Dann lie"s sie einen starken Schlaftrunk kommen, Abschied mit %S.246 ihm zu trinken: der K"onig that einen gro"sen Zug, sie aber trank %S.246 nur ein wenig, da gerieth er bald in einen tiefen Schlaf. Und %S.246 als sie das sah, rief sie einen Bedienten, und nahm ein sch"ones %S.246 wei"ses Linnentuch, und schlug ihn da hinein, und die Bedienten %S.246 mu"sten ihn in einen Wagen vor der Th"ure tragen, und fuhr %S.246 sie ihn heim in ihr H"aus"|chen. Da legte sie ihn auf ihr Bettchen, %S.246 und er schlief Tag und Nacht in einem fort, und als er %S.246 aufwachte, sah er sich um und sagte {\oqs}ach Gott! wo bin ich %S.246 denn?{\cqs} rief seinen Bedienten, aber es war keiner da. Endlich %S.246 kam seine Frau vors Bett und sagte {\oqs}lieber Herr K"onig, ihr %S.246 habt mir befohlen ich sollte das Liebste und Beste aus dem %S.246 Schlo"s mitnehmen, nun hab ich nichts Besseres und Lieberes %S.246 als dich, da hab ich dich mitgenommen.{\cqs} Der K"onig sagte {\oqs}liebe %S.246 Frau, du sollst mein seyn und ich dein,{\cqs} und nahm sie wieder %S.246 mit ins k"onigliche Schlo"s, und lie"s sich aufs neue mit ihr verm"ahlen; %S.246 und werden sie ja wohl noch auf heutigen Tag leben. %S.246 %\vspace{2\baselineskip} %\divisionbar %S.246 %% %% ============================================================ %% Liste der im Originaltext enthaltenen zu korrigierenden %% W"orter, Interpunktions- und Anf"uhrungszeichen, usw. %% ============================================================ %% Seite 242, Zeile 8 %% [falsch] %% Erde einen M"orsel von purem Gold. {\oqs}H"or, sagte der Vater %S.242 %% [richtig] %% Erde einen M"orsel von purem Gold. {\oqs}H"or,{\cqs} sagte der Vater %S.242 %% %% Seite 242, Zeile 9 %% [falsch] %% zu dem M"adchen, weil unser Herr K"onig so gn"adig ist gewesen, %S.242 %% [richtig] %% zu dem M"adchen, {\oqs}weil unser Herr K"onig so gn"adig ist gewesen, %S.242 %% %% Seite 243, Zeile 11 %% [falsch] %% fort schreie ach, h"att ich meiner Tochter geh"ort! {\oqs}Was hat %S.243 %% [richtig] %% fort schreie {\oqs}ach, h"att ich meiner Tochter geh"ort!{\cqs} {\oqs}Was hat %S.243 %%