% @book{bg_khm_kl-ausg_1833, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen. % {G}esammelt durch die {B}r{\"{u}}der {G}rimm. % {K}leine {A}usgabe. % {Z}weite verbesserte {A}uf{"|}lage", % publisher = "Gedruckt und verlegt bei G.\,Reimer", % address = "Berlin, Germany", % year = "1833", % language = "German", % } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von Y. Nagata am 18. August 2012 % %%% Besonderheiten f"ur den Fraktursatz: %% "| zur Vermeidung von Ligaturen; %% (Eingabe: e.g. auf"|fressen und Hof"|leute %% statt auffressen und Hofleute) %% "| auch f"ur das sogenannte runde s -- oder Schluss s -- im %% Kompositum (ansonsten wird dieses durch LaTeX -- und khm.sty -- %% von dem langen s richtig unterschieden und gesetzt); %% (Eingabe: e.g. Aus"|gang statt Ausgang) %% {} f"ur das runde s au"ser Komposita; %% (Eingabe: e.g. s{}' statt s') %% {\ck} f"ur ,,ck``, das bei der Silbentrennung am Zeilenende %% in die Form ,,k-k`` umgewandelt werden soll. %% %% Jeder M"archentext ist mit einem Versalsatz geschm"uckt im Original. %% % \maerchentitel{Der Arme und der Reiche} % 34. %S.227 % Der Arme und der Reiche. %S.227 \lettrine[lines=1]{V}{or} alten Zeiten, als der liebe Gott noch selber auf Erden %S.227 unter den Menschen wandelte, trug es sich zu, da"s er eines %S.227 Abends m"ude war, und ihn die Nacht "uberfiel, eh er zu einer %S.227 Herberge kommen konnte. Nun standen auf dem Weg vor ihm %S.227 zwei H"auser einander gegen"uber, das eine gro"s und sch"on, das %S.227 andere klein und "armlich anzusehen, und geh"orte das gro"se %S.227 einem reichen, das kleine einem armen Manne. Da dachte unser %S.227 Herr Gott {\oqs}dem Reichen werde ich nicht beschwerlich fallen, %S.227 bei ihm will ich anklopfen.{\cqs} Der Reiche, als er an seine %S.227 Th"ure klopfen h"orte, machte das Fenster auf, und fragte den %S.227 Fremdling, was er suche? Der Herr antwortete {\oqs}ich bitte %S.227 nur um ein Nachtlager.{\cqs} Der Reiche gu{\ck}te den Wanders"|mann %S.227 an vom Haupt bis zu den F"u"sen, und weil der liebe Gott %S.227 schlichte Kleider trug, und nicht aus"|sah wie einer, der viel %S.227 Geld in der Tasche hat, sch"uttelte er mit dem Kopf, und %S.227 sprach {\oqs}ich kann euch nicht aufnehmen, meine Kammern liegen %S.227 voll Kr"auter und Samen, und sollte ich einen jeden herbergen, %S.227 der an meine Th"ure klopfte, so k"onnte ich selber den Bettelstab %S.227 in die Hand nehmen. Sucht anders"|wo ein Aus"|kommen. %S.227 % P 2 %S.227 Schlug damit sein Fenster zu, und lie"s den lieben Gott stehen. %S.228 Also kehrte ihm der liebe Gott den R"u{\ck}en, gieng hin"uber zu %S.228 dem kleinen Haus, und klopfte an. Kaum hatte er angeklopft, %S.228 klinkte der Arme schon sein Th"urchen auf, und bat den Wanders"|mann %S.228 ein zutreten und bei ihm die Nacht "uber zu bleiben. %S.228 {\oqs}Es ist schon finster, sagte er, und heute k"onnt ihr doch %S.228 nicht weiter kommen.{\cqs} Da gefiel es dem lieben Gott, und er %S.228 trat zu ihm ein: die Frau des Armen reichte ihm die Hand, %S.228 hie"s ihn willkommen, und sagte, er m"ochte sichs bequem machen %S.228 und vorlieb nehmen, sie h"atten nicht viel, aber was es %S.228 w"are, g"aben sie von Herzen gern. Dann setzte sie Kartoffeln %S.228 ans Feuer, und derweil sie kochten, melkte sie ihre Ziege, damit %S.228 sie ein Bis"|chen Milch dazu h"atten. Und als der Tisch gedeckt %S.228 war, setzte sich der liebe Gott zu ihnen und a"s mit, und %S.228 schme{\ck}te ihm die schlechte Kost gut, denn es waren vergn"ugte %S.228 Gesichter dabei. Wie sie gegessen hatten und Schlafens"|zeit %S.228 war, rief die Frau heimlich ihren Mann und sprach: {\oqs}h"or, %S.228 lieber Mann, wir wollen uns heut Nacht eine Streu machen, %S.228 damit der arme Wanderer sich in unser Bett legen und aus"|ruhen %S.228 kann, er ist den ganzen Tag "uber gegangen, da wird %S.228 einer m"ud.{\cqs} {\oqs}Von Herzen gern, antwortete er, ich wilis ihm %S.228 anbieten,{\cqs} gieng zu dem lieben Gott und bat ihn, wenns ihm %S.228 recht w"are, m"ocht er sich in ihr Bett legen und seine Glieder %S.228 ordentlich aus"|ruhen. Der liebe Gott aber wollte den beiden %S.228 Alten ihr Lager nicht nehmen, doch lie"sen sie nicht ab, bis er es %S.228 endlich that und sich in ihr Bett legte: sich selbst aber machten %S.228 sie eine Streu auf die Erde. Am andern Morgen standen sie %S.229 vor Tag schon auf, und kochten dem Gast ein armes Fr"uhst"uck. %S.229 Als nun die Sonne durchs Fensterlein herein schien, und der %S.229 liebe Gott aufgestanden war, a"s er wieder mit ihnen, und %S.229 wollte dann seines Weges ziehen. Doch als er in der Th"ure %S.229 stand, sprach er {\oqs}weil ihr so mitleidig und fromm seyd, so %S.229 w"unscht euch dreierlei, das will ich euch erf"ullen.{\cqs} Da sagte %S.229 der Arme {\oqs}was soll ich mir sonst w"unschen, als die ewige Seligkeit, %S.229 und da"s wir zwei, so lang wir leben, gesund sind, und %S.229 unser nothd"urftiges t"agliches Brot haben; f"urs Dritte wei"s ich %S.229 mir nichts zu w"unschen.{\cqs} Der liebe Gott sprach {\oqs}willst du dir %S.229 nicht ein neues Haus f"ur das alte w"unschen?{\cqs} Da sagte der %S.229 Mann, ja, wenn das gienge, w"ars ihm wohl lieb. Nun erf"ullte %S.229 der Herr ihre W"unsche und verwandelte ihr altes Haus in %S.229 ein sch"ones neues, und als das geschehen war, verlie"s er sie, %S.229 und zog weiter. %S.229 Als es voller Tag war, der Reiche aufstand, und sich ins %S.229 Fenster legte, sah er gegen"uber ein sch"ones neues Haus da wo %S.229 sonst eine alte H"utte gestanden hatte. Da machte er Augen, %S.229 rief seine Frau und sprach {\oqs}Frau, sieh einmal, wie ist das %S.229 zugegangen? Gestern Abend stand dort eine elende H"utte, und %S.229 nun ists ein sch"ones neues Haus; lauf doch einmal hin"uber %S.229 und h"or wie das gekommen ist.{\cqs} Die Frau gieng hin und fragte %S.229 den Armen aus, der erz"ahlte ihr {\oqs}gestern Abend kam ein Wanderer, %S.229 der suchte Nachtherberge, und heute Morgen beim Abschied %S.229 hat er uns drei W"unsche gew"ahrt: die ewige Seligkeit, %S.229 Gesundheit in diesem Leben und das nothd"urftige t"agliche Brot %S.230 dazu, und statt unserer alten H"utte ein sch"ones neues Haus.{\cqs} %S.230 Als die Frau des Reichen das geh"ort hatte, lief sie fort, und %S.230 erz"ahlte ihrem Manne, wie es gekommen war. Der Mann %S.230 sprach {\oqs}ich m"ochte mich zerreissen und zerschlagen; h"att ich das %S.230 nur gewu"st! der Fremde ist auch bei mir gewesen, ich habe %S.230 ihn aber abgewiesen.{\cqs} {\oqs}Eil dich, sprach die Frau, und setz dich %S.230 auf dein Pferd, der Mann ist noch nicht weit, du mu"st ihn %S.230 einholen, und dir auch drei W"unsche gew"ahren lassen.{\cqs} %S.230 Da setzte sich der Reiche auf, und holte den lieben Gott %S.230 ein, redete fein und lieblich zu ihm, und sprach, er m"ochts %S.230 nicht "ubel nehmen, da"s er ihn nicht gleich eingelassen, er h"atte %S.230 den Schl"ussel zur Haus"|th"ure gesucht, derweil w"are er weggegangen; %S.230 wenn er des Weges zur"uck k"ame, m"u"ste er bei ihm %S.230 einkehren. {\oqs}Ja, sprach der liebe Gott, wenn ich einmal zur"uckkomme, %S.230 will ich es thun.{\cqs} Da fragte der Reiche, ob er nicht %S.230 auch drei W"unsche thun d"urfte, wie sein Nachbar? {\oqs}Ja, sagte %S.230 der liebe Gott, das d"urfe er wohl, es w"are aber nicht gut f"ur %S.230 ihn, und sollte sich lieber nichts w"unschen.{\cqs} Der Reiche aber %S.230 meinte, er wollte sich schon etwas Gutes aus"|suchen, wenn es %S.230 nur gewi"s erf"ullt w"urde. Sprach der liebe Gott {\oqs}reite nur %S.230 heim, und drei W"unsche, die du thust, die sollen erf"ullt werden.{\cqs} %S.230 Nun hatte der Reiche, was er wollte: ritt heimw"arts und %S.230 besann sich, was er sich w"unschen sollte. Wie er so nach dachte, %S.230 und die Z"ugel fallen lie"s, fieng das Pferd an zu springen so %S.230 da"s er immerfort in seinen Gedanken gest"ort wurde, und sie %S.230 gar nicht zusammen bringen konnte. Da ward er "uber das %S.231 Pferd "argerlich, und sprach in Ungeduld {\oqs}so wollt ich, da"s du %S.231 den Hals zerbr"achst!{\cqs} und wie er das Wort aus"|gesprochen, %S.231 plump, fiel er auf die Erde, und lag das Pferd todt und %S.231 regte sich nicht mehr; und war der erste Wunsch erf"ullt. Weil %S.231 er aber geizig war, wollt er das Sattelzeug nicht im Stich lassen, %S.231 schnitts ab, hings auf den R"u{\ck}en, und mu"ste nun zu %S.231 Fu"s nach Haus gehen. Doch tr"ostete er sich da"s ihm noch %S.231 zwei W"unsche "ubrig w"aren. Wie er nun dahin gieng durch %S.231 den Sand, und als zu Mittag die Sonne hei"s brannte, wards %S.231 ihm so warm und verdrie"slich zu Muth: der Sattel dr"u{\ck}te %S.231 ihn dazu auf den R"u{\ck}en, auch war ihm noch immer nicht %S.231 eingefallen, was er sich w"unschen sollte. Wenn ich mir auch %S.231 alle Reiche der Welt und alle Sch"atze w"unsche, dachte er bei %S.231 sich selbst, so habe ich hernach doch noch allerlei W"unsche, dieses %S.231 und jenes, da"s wei"s ich im voraus: ich will aber meinen %S.231 Wunsch so einrichten, da"s mir gar nichts mehr "ubrig bleibt, %S.231 wonach ich noch Verlangen h"atte. Meinte er dies"|mal h"atte er %S.231 etwas, so schiens ihm hernach doch viel zu wenig und gering. %S.231 Da kams ihm so in die Gedanken, was es seine Frau jetzt %S.231 gut habe, die sitze daheim in einer k"uhlen Stube, und lasse %S.231 sichs wohl schme{\ck}en. Das "argerte ihn ordentlich, und ohne %S.231 da"s ers wu"ste, sprach er so hin {\oqs}ich wollt, die s"a"se daheim %S.231 auf dem Sattel und k"onnt nicht herunter, statt da"s ich ihn da %S.231 mit mir auf dem R"u{\ck}en schleppe.{\cqs} Und wie die Worte zu %S.231 Ende waren, da war der Sattel von seinem R"u{\ck}en verschwunden, %S.231 und er merkte, da"s sein zweiter Wunsch auch in Erf"ullung %S.232 gegangen war. Da ward ihm erst recht hei"s, und er %S.232 fieng an zu laufen, und wollte sich daheim ganz einsam hinsetzen, %S.232 und auf was Gro"ses f"ur den letzten Wunsch nachdenken. %S.232 Wie er aber ankommt, und seine Stubenth"ur aufmacht, sitzt %S.232 da seine Frau mittendrin auf dem Sattel, und kann nicht herunter, %S.232 jammert und schreit. Da sprach er {\oqs}gieb dich zufrieden, %S.232 ich will dir alle Reichth"umer der Welt herbei w"unschen, nur %S.232 bleib da sitzen.{\cqs} Sie antwortete aber {\oqs}was helfen mir alle %S.232 Reichth"umer der Welt, wenn ich auf dem Sattel sitze; du hast %S.232 mich darauf gew"unscht, du mu"st mir auch wieder herunter helfen.{\cqs} %S.232 Er mochte wollen oder nicht, er mu"ste den dritten %S.232 Wunsch thun, da"s sie vom Sattel ledig w"ar und heruntersteigen %S.232 k"onnte; und der ward auch erf"ullt. Also hatte er nichts %S.232 davon als "Arger, M"uhe und ein verlornes Pferd: die Armen %S.232 aber lebten vergn"ugt, still und fromm bis an ihr seliges Ende. %S.232 %\vspace{2\baselineskip} %\divisionbar %S.232 %% %% ============================================================ %% Liste der im Originaltext enthaltenen zu korrigierenden %% W"orter, Interpunktions- und Anf"uhrungszeichen, usw. %% ============================================================ %% Seite 227, Zeile 19 %% [falsch] %% in die Hand nehmen. Sucht anders"|wo ein Aus"|kommen. %S.227 %% [richtig] %% in die Hand nehmen. Sucht anders"|wo ein Aus"|kommen.{\cqs} %S.227 %% %% Seite 228, Zeile 6 %% [falsch] %% {\oqs}Es ist schon finster, sagte er, und heute k"onnt ihr doch %S.228 %% [richtig] %% {\oqs}Es ist schon finster,{\cqs{ sagte er, {\oqs}und heute k"onnt ihr doch %S.228 %% %% Seite 228, Zeile 17 %% [falsch] %% war, rief die Frau heimlich ihren Mann und sprach: {\oqs}h"or, %S.228 %% [richtig] %% war, rief die Frau heimlich ihren Mann und sprach {\oqs}h"or, %S.228 %% %% Seite 228, Zeile 21 %% [falsch] %% einer m"ud.{\cqs} {\oqs}Von Herzen gern, antwortete er, ich wilis ihm %S.228 %% [richtig] %% einer m"ud.{\cqs} {\oqs}Von Herzen gern,{\cqs} antwortete er, {\oqs}ich wilis ihm %S.228 %% %% Seite 230, Zeile 7 %% [falsch] %% ihn aber abgewiesen.{\cqs} {\oqs}Eil dich, sprach die Frau, und setz dich %S.230 %% [richtig] %% ihn aber abgewiesen.{\cqs} {\oqs}Eil dich,{\cqs} sprach die Frau, {\oqs}und setz dich %S.230 %% %% Seite 230, Zeile 15 %% [falsch] %% einkehren. {\oqs}Ja, sprach der liebe Gott, wenn ich einmal zur"uckkomme, %S.230 %% [richtig] %% einkehren. {\oqs}Ja,{\cqs} sprach der liebe Gott, {\oqs}wenn ich einmal zur"uckkomme, %S.230 %% %% Seite 230, Zeile 17 %% [falsch] %% auch drei W"unsche thun d"urfte, wie sein Nachbar? {\oqs}Ja, sagte %S.230 %% [richtig] %% auch drei W"unsche thun d"urfte, wie sein Nachbar? {\oqs}Ja,{\cqs} sagte %S.230 %% %% Seite 230, Zeile 19 %% [falsch] %% ihn, und sollte sich lieber nichts w"unschen.{\cqs} Der Reiche aber %S.230 %% [richtig] %% ihn, und sollte sich lieber nichts w"unschen. Der Reiche aber %S.230 %% %% Seite 231, Zeile 13 %% [falsch] %% eingefallen, was er sich w"unschen sollte. Wenn ich mir auch %S.231 %% [richtig] %% eingefallen, was er sich w"unschen sollte. {\oqs}Wenn ich mir auch %S.231 %% %% Seite 231, Zeile 14 %% [falsch] %% alle Reiche der Welt und alle Sch"atze w"unsche, dachte er bei %S.231 %% [richtig] %% alle Reiche der Welt und alle Sch"atze w"unsche,{\cqs} dachte er bei %S.231 %% %% Seite 231, Zeile 15 %% [falsch] %% sich selbst, so habe ich hernach doch noch allerlei W"unsche, dieses %S.231 %% [richtig] %% sich selbst, {\oqs}so habe ich hernach doch noch allerlei W"unsche, dieses %S.231 %% %% Seite 231, Zeile 18 %% [falsch] %% wonach ich noch Verlangen h"atte. Meinte er dies"|mal h"atte er %S.231 %% [richtig] %% wonach ich noch Verlangen h"atte.{\cqs} Meinte er dies"|mal h"atte er %S.231 %%