% @book{bg_khm_kl-ausg_1833, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen. % {G}esammelt durch die {B}r{\"{u}}der {G}rimm. % {K}leine {A}usgabe. % {Z}weite verbesserte {A}uf{"|}lage", % publisher = "Gedruckt und verlegt bei G.\,Reimer", % address = "Berlin, Germany", % year = "1833", % language = "German", % } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von Y. Nagata am 20. August 2012 % %%% Besonderheiten f"ur den Fraktursatz: %% "| zur Vermeidung von Ligaturen; %% (Eingabe: e.g. auf"|fressen und Hof"|leute %% statt auffressen und Hofleute) %% "| auch f"ur das sogenannte runde s -- oder Schluss s -- im %% Kompositum (ansonsten wird dieses durch LaTeX -- und khm.sty -- %% von dem langen s richtig unterschieden und gesetzt); %% (Eingabe: e.g. Aus"|gang statt Ausgang) %% {} f"ur das runde s au"ser Komposita; %% (Eingabe: e.g. s{}' statt s') %% {\ck} f"ur ,,ck``, das bei der Silbentrennung am Zeilenende %% in die Form ,,k-k`` umgewandelt werden soll. %% %% Jeder M"archentext ist mit einem Versalsatz geschm"uckt im Original. %% % \maerchentitel{Frau Holle} % 15. %S.107 % Frau Holle. %S.107 \lettrine[lines=1]{E}{ine} Wittwe hatte zwei T"ochter, davon war die eine sch"on %S.107 und flei"sig, die andere h"a"slich und faul. Sie hatte aber die %S.107 h"a"sliche und faule, weil sie ihre rechte Tochter war, viel lieber, %S.107 und die andere mu"ste alle Arbeit thun, und der Aschenputtel %S.107 im Hause seyn. Das arme M"adchen mu"ste sich t"aglich hinaus %S.107 auf die gro"se Stra"se bei einen Brunnen setzen, und so viel %S.107 spinnen, da"s ihm das Blut aus den Fingern sprang. Nun %S.107 trug es sich zu, da"s die Spuhle einmal ganz blutig war, da %S.107 b"u{\ck}te es sich damit in den Brunnen, und wollte sie abwaschen: %S.107 sie sprang ihm aber aus der Hand, und fiel hinab. Es weinte, %S.107 lief zur Stiefmutter, und erz"ahlte ihr das Ungl"uck: sie schalt %S.107 es heftig, und war so unbarmherzig, da"s sie sprach {\oqs}hast du %S.107 die Spuhle hinunterfallen lassen, so hol sie auch wieder herauf.{\cqs} %S.107 Da gieng das M"adchen zu dem Brunnen zur"uck, und wu"ste %S.107 nicht, was es anfangen sollte, und sprang in seiner Angst in %S.107 den Brunnen hinein. Als es erwachte, und wieder zu sich selber %S.107 kam, war es auf einer sch"onen Wiese, da schien die Sonne, %S.107 und waren viel tausend Blumen. Auf der Wiese gieng es fort, %S.107 und kam zu einem Backofen, der war voller Brot; das Brot %S.107 aber rief {\oqs}ach, zieh mich raus, zieh mich raus, sonst verbrenn %S.108 ich, ich bin schon l"angst aus"|geba{\ck}en.{\cqs} Da trat es flei"sig herzu, %S.108 und holte alles heraus. Darnach gieng es weiter und kam zu %S.108 einem Baum, der hieng voll "Apfel und rief ihm zu {\oqs}ach %S.108 sch"uttel mich, sch"uttel mich, wir "Apfel sind alle mit einander %S.108 reif.{\cqs} Da sch"uttelt es den Baum, da"s die "Apfel fielen, als %S.108 regneten sie, so lang bis keiner mehr oben war; darnach gieng %S.108 es wieder fort. Endlich kam es zu einem kleinen Haus, daraus %S.108 gu{\ck}te eine alte Frau, weil sie aber so gro"se Z"ahne hatte, ward %S.108 ihm Angst, und es wollte fortlaufen. Die alte Frau aber rief %S.108 ihm nach {\oqs}f"urchte dich nicht, liebes Kind, bleib bei mir, wenn %S.108 du alle Arbeit im Hause ordentlich thun willst, so soll dirs gut %S.108 gehn; nur mu"st du Acht geben, da"s du mein Bett gut machst, %S.108 und es flei"sig aufsch"uttelst, da"s die Federn fliegen, dann schneit %S.108 es in der Welt;\footnote{Darum sagt man in Hessen, wenn es schneit, die Frau Holle macht ihr Bett.} ich bin die Frau Holle.{\cqs} Weil die Alte ihm %S.108 so gut zusprach, willigte das M"adchen ein, und begab sich in %S.108 ihren Dienst. Es besorgte auch alles nach ihrer Zufriedenheit, %S.108 und sch"uttelte ihr das Bett immer gewaltig auf; daf"ur hatte es %S.108 auch ein gut Leben bei ihr, kein b"oses Wort, und alle Tage %S.108 Gesottenes und Gebratenes. Nun war es eine Zeitlang bei %S.108 der Frau Holle, da ward es traurig in seinem Herzen: und ob %S.108 es hier gleich viel tausendmal besser war als zu Haus, so hatte %S.108 es doch ein Verlangen dahin; endlich sagte es zu ihr {\oqs}ich habe %S.108 den Jammer nach Haus kriegt, und wenn es mir auch noch so %S.109 gut hier geht, so kann ich doch nicht l"anger bleiben.{\cqs} Die %S.109 Frau Holle sagte {\oqs}es gef"allt mir, da"s du wieder nach Haus verlangst, %S.109 und weil du mir so treu gedient hast, so will ich dich %S.109 selbst wieder hinauf bringen.{\cqs} Sie nahm es darauf bei der %S.109 Hand und f"uhrte es vor ein gro"ses Thor. Das ward auf gethan, %S.109 und wie das M"adchen gerade unter dem Thor stand, %S.109 fiel ein gewaltiger Goldregen, und alles Gold blieb an ihm %S.109 h"angen, so da"s es "uber und "uber davon bedeckt war. {\oqs}Das %S.109 sollst du haben, weil du so flei"sig gewesen bist,{\cqs} sprach die Frau %S.109 Holle, und gab ihm auch die Spuhle wieder, die ihm in den %S.109 Brunnen gefallen war. Darauf ward das Thor verschlossen, %S.109 und das M"adchen befand sich oben auf der Welt, nicht weit %S.109 von seiner Mutter Haus, und als es in den Hof kam, sa"s der %S.109 Hahn auf dem Brunnen und rief %S.109 \begin{verse} {\oqs}kikeriki, \\ %S.109 unsere goldene Jungfrau ist wieder hie.{\cqs} %S.109 \end{verse} Da gieng es hinein zu seiner Mutter, und weil es so mit Gold %S.109 bedeckt ankam, ward es gut aufgenommen. %S.109 Als die Mutter h"orte wie es zu dem Reichthum gekommen, %S.109 wollte sie der andern h"a"slichen und faulen Tochter gern das"|selbe %S.109 Gl"uck verschaffen, und mu"ste sich auch an den Brunnen setzen %S.109 und spinnen; damit ihr die Spuhle blutig ward, stach sie sich %S.109 in die Finger, und zerstie"s sich die Hand an der Dornenhe{\ck}e. %S.109 Darnach warf sie sie in den Brunnen und sprang selber hinein. %S.110 Sie kam, wie die andere, auf die sch"one Wiese, und gieng auf %S.110 demselben Pfade weiter. Als sie zu dem Backofen gelangte, %S.110 schrie das Brod wieder {\oqs}ach! zieh mich raus, zieh mich raus, %S.110 sonst verbrenn ich, ich bin schon l"angst aus"|geba{\ck}en.{\cqs} Die Faule %S.110 aber antwortete {\oqs}da h"att ich Lust, mich schmutzig zu machen{\cqs}, %S.110 und gieng fort. Bald kam sie zu dem "Apfelbaum, der rief {\oqs}ach! %S.110 sch"uttel mich, sch"uttel mich, wir "Apfel sind alle mit einander %S.110 reif.{\cqs} Sie antwortete aber {\oqs}du kommst mir recht, es k"onnt %S.110 mir einer auf den Kopf fallen{\cqs}, und gieng damit weiter. Als sie vor %S.110 der Frau Holle Haus kam, f"urchtete sie sich nicht, weil sie von %S.110 ihren gro"sen Z"ahnen schon geh"ort hatte, und verdingte sich gleich %S.110 zu ihr. Am ersten Tag that sie sich Gewalt an, war flei"sig %S.110 und folgte der Frau Holle, wenn sie ihr etwas sagte, denn sie %S.110 gedachte an das viele Gold, da"s sie ihr schenken w"urde; am %S.110 zweiten Tag aber fieng sie schon an zu faullenzen, am dritten %S.110 noch mehr, da wollte sie Morgens gar nicht aufstehen: sie %S.110 machte auch der Frau Holle das Bett schlecht, und sch"uttelte %S.110 es nicht da"s die Federn auf"|flogen. Das ward die Frau Holle %S.110 bald m"ude, und sagte der Faulen den Dienst auf. Die war es %S.110 wohl zufrieden, und meinte nun werde der Goldregen kommen, %S.110 die Frau Holle f"uhrte sie auch zu dem Thor; als sie aber darunter %S.110 stand, ward statt des Golds ein gro"ser Kessel voll Pech %S.110 aus"|gesch"uttet. {\oqs}Das ist zur Belohnung deiner Dienste,{\cqs} sagte %S.110 die Frau Holle, und schlo"s das Thor zu. Da kam die Faule %S.110 heim, ganz mit Pech bedeckt; der Hahn aber auf dem Brunnen, %S.111 als er sie sah, rief %S.111 \begin{verse} {\oqs}kikeriki, \\ %S.111 unsere schmutzige Jungfrau ist wieder hie.{\cqs} %S.111 \end{verse} Das Pech aber wollte, so lange sie lebte, nicht abgehen und %S.111 blieb an ihr h"angen. %S.111 %\vspace{6\baselineskip} %\divisionbar %S.111 %% %% ============================================================ %% Liste der im Originaltext enthaltenen zu korrigierenden %% W"orter, Interpunktions- und Anf"uhrungszeichen, usw. %% ============================================================ %% Seite 108, Zeile 4 %% [falsch] %% einem Baum, der hieng voll "Apfel und rief ihm zu {\oqs}ach %S.108 %% [richtig] %% einem Baum, der hieng voll "Apfel und rief ihm zu {\oqs}ach, %S.108 %% %% Seite 109, Zeile 21 %% [falsch] %% wollte sie der andern h"a"slichen und faulen Tochter gern das"|selbe %S.109 %% [richtig] %% wollte sie der andern h"a"slichen und faulen Tochter gern das"|selbe %S.109 %% %% Seite 110, Zeile 4 %% [falsch] %% schrie das Brod wieder {\oqs}ach! zieh mich raus, zieh mich raus, %S.110 %% [richtig] %% schrie das Brot wieder {\oqs}ach! zieh mich raus, zieh mich raus, %S.110 %% %% Seite 110, Zeile 6 %% [falsch] %% aber antwortete {\oqs}da h"att ich Lust, mich schmutzig zu machen{\cqs}, %S.110 %% [richtig] %% aber antwortete {\oqs}da h"att ich Lust, mich schmutzig zu machen,{\cqs} %S.110 %% %% Seite 110, Zeile 10 %% [falsch] %% mir einer auf den Kopf fallen{\cqs}, und gieng damit weiter. Als sie vor %S.110 %% [richtig] %% mir einer auf den Kopf fallen,{\cqs} und gieng damit weiter. Als sie vor %S.110 %%