% @book{bg_hr_khm_1857, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % editor = "Heinz R{\"{o}}lleke", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen", % publisher = "Philipp Reclam jun. GmbH {\&} Co.", % address = "Stuttgart, Germany", % year = "1991", % volume = "2", % series = "Universal-Bibliothek Nr. 3192 [6]", % isbn = "3-15-003192-3", % language = "German", % colophon = "BR{\"{U}}DER GRIMM % Kinder- und Hausm{\"{a}}rchen % AUSGABE LETZTER HAND % MIT DEN ORIGINALANMERKUNGEN % DER BR{\"{U}}DER GRIMM % MIT EINEM ANHANG % S{\"{A}}MTLICHER, NICHT IN ALLEN AUFLAGEN % VER{\"{O}}FFENTLICHTER M{\"{A}}RCHEN % UND HERKUNFTSNACHWEISEN HERAUSGEGEBEN % VON HEINZ R{\"{O}}LLEKE % PHILIPP RECLAM JUN. STUTTGART, 1980/1991" } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von A. Ueno, am 14. M"arz 2001 % und "uberpr"uft von Y. Nagata am 31. M"arz 2001 % % ck version (input e.g. Dru"cker instead of Drucker) % \maerchentitel{KHM 146: Die R"ube} \markright{KHM 146: Die R"ube} Es waren einmal zwei Br"uder, die dienten beide als %S.256 Soldaten, und war der eine reich, der andere arm. Da %S.256 wollte der Arme sich aus seiner Not helfen, zog den %S.256 Soldatenrock aus und ward ein Bauer. Also grub und %S.256 hackte er sein St"uckchen A"cker und s"ate R"ubsamen. Der %S.256 Same ging auf, und es wuchs da eine R"ube, die ward gro"s %S.256 und stark und zusehends di"cker und wollte gar nicht %S.256 aufh"oren zu wachsen, so da"s sie eine F"urstin aller R"uben %S.256 hei"sen konnte, denn nimmer war so eine gesehen und %S.256 wird auch nimmer wieder gesehen werden. Zuletzt war %S.256 sie so gro"s, da"s sie allein einen ganzen Wagen anf"ullte %S.257 und zwei Ochsen daran ziehen mu"sten, und der Bauer %S.257 wu"ste nicht, was er damit anfangen sollte und ob's sein %S.257 Gl"uck oder sein Ungl"uck w"are. Endlich dachte er: >>Verkaufst %S.257 du sie, was wirst du gro"ses daf"ur bekommen, und %S.257 willst du sie selber essen, so tun die kleinen R"uben %S.257 denselben Dienst; am besten ist, du bringst sie dem %S.257 K"onig und machst ihm eine Verehrung damit.<< Also lud %S.257 er sie auf den Wagen, spannte zwei Ochsen vor, brachte %S.257 sie an den Hof und schenkte sie dem K"onig. >>Was ist das %S.257 f"ur ein seltsam Ding?<< sagte der K"onig. >>Mir ist viel %S.257 Wunderliches vor die Augen gekommen, aber so ein %S.257 Unget"um noch nicht; aus was f"ur Samen mag die %S.257 gewachsen sein? Oder dir ger"at's allein, und du bist ein %S.257 Gl"uckskind.<< >>Ach nein<<, sagte der Bauer, >>ein Gl"uckskind %S.257 bin ich nicht, ich bin ein armer Soldat, der, weil er %S.257 sich nicht mehr n"ahren konnte, den Soldatenrock an den %S.257 Nagel hing und das Land baute. Ich habe noch einen %S.257 Bruder, der ist reich und Euch, Herr K"onig, auch wohl %S.257 bekannt, ich aber, weil ich nichts habe, bin von aller %S.257 Welt vergessen.<< Da empfand der K"onig Mitleid mit ihm %S.257 und sprach: >>Deiner Armut sollst du "uberhoben und so %S.257 von mir beschenkt werden, da"s du wohl deinem reichen %S.257 Bruder gleichkommst.<< Da schenkte er ihm eine Menge %S.257 Gold, "Acker, Wiesen und Herden und machte ihn steinreich, %S.257 so da"s des andern Bruders Reichtum gar nicht %S.257 konnte damit verglichen werden. Als dieser h"orte, was %S.257 sein Bruder mit einer einzigen R"ube erworben hatte, %S.257 beneidete er ihn und sann hin und her, wie er sich auch %S.257 ein solches Gl"uck zuwenden k"onnte. Er wollt's aber %S.257 noch viel gescheiter anfangen, nahm Gold und Pferde %S.257 und brachte sie dem K"onig und meinte nicht anders, der %S.257 w"urde ihm ein viel gr"o"seres Gegengeschenk machen, %S.257 denn h"atte sein Bruder so viel f"ur eine R"ube bekommen, %S.257 was w"urde es ihm f"ur so sch"one Dinge nicht alles tragen. %S.257 Der K"onig nahm das Geschenk und sagte, er w"u"ste ihm %S.257 nichts wieder zu geben, das seltener und besser w"are als %S.258 die gro"se R"ube. Also mu"ste der Reiche seines Bruders %S.258 R"ube auf einen Wagen legen und nach Haus fahren %S.258 lassen. Daheim wu"ste er nicht, an wem er seinen Zorn %S.258 und "Arger auslassen sollte, bis ihm b"ose Gedanken %S.258 kamen und er beschlo"s, seinen Bruder zu t"oten. Er %S.258 gewann M"order, die mu"sten sich in einen Hinterhalt %S.258 stellen, und darauf ging er zu seinem Bruder und sprach: %S.258 >>Lieber Bruder, ich wei"s einen heimlichen Schatz, den %S.258 wollen wir miteinander heben und teilen.<< Der andere %S.258 lie"s sich's auch gefallen und ging ohne Arg mit. Als sie %S.258 aber hinauskamen, st"urzten die M"order "uber ihn her, %S.258 banden ihn und wollten ihn an einen Baum h"angen. %S.258 Indem sie eben dar"uber waren, erscholl aus der Ferne %S.258 lauter Gesang und Hufschlag, da"s ihnen der Schre"cken %S.258 in den Leib fuhr und sie "uber Hals und Kopf ihren %S.258 Gefangenen in den Sack steckten, am Ast hinaufwanden %S.258 und die Flucht ergriffen. Er aber arbeitete oben, bis er %S.258 ein Loch im Sack hatte, wodurch er den Kopf ste"cken %S.258 konnte. Wer aber des Wegs kam, war nichts als ein %S.258 fahrender Sch"uler, ein junger Geselle, der fr"ohlich sein %S.258 Lied singend durch den Wald auf der Stra"se daherritt. %S.258 Wie der oben nun merkte, da"s einer unter ihm vorbeiging, %S.258 rief er: >>Sei mir gegr"u"st, zu guter Stunde.<< Der %S.258 Sch"uler guckte sich "uberall um, wu"ste nicht, wo die %S.258 Stimme herschallte, endlich sprach er: >>Wer ruft mir?<< %S.258 Da antwortete es aus dem Wipfel: >>Erhebe deine Augen, %S.258 ich sitze hier oben im Sack der Weisheit: in kurzer Zeit %S.258 habe ich gro"se Dinge gelernt, dagegen sind alle Schulen %S.258 ein Wind; um ein weniges, so werde ich ausgelernt %S.258 haben, herabsteigen und weiser sein als alle Menschen. %S.258 Ich verstehe die Gestirne und Himmelszeichen, das %S.258 Wehen aller Winde, den Sand im Meer, Heilung der %S.258 Krankheit, die Kr"afte der Kr"auter, V"ogel und Steine. %S.258 W"arst du einmal darin, du w"urdest f"uhlen, was f"ur %S.258 Herrlichkeit aus dem Sack der Weisheit flie"st.<< Der %S.258 Sch"uler, wie er das alles h"orte, erstaunte und sprach: %S.259 >>Gesegnet sei die Stunde, wo ich dich gefunden habe, %S.259 k"onnt ich nicht auch ein wenig in den Sack kommen?<< %S.259 Oben der antwortete, als t"at er's nicht gerne. >>Eine %S.259 kleine Weile will ich dich wohl hineinlassen f"ur Lohn %S.259 und gute Worte, aber du mu"st doch noch eine Stunde %S.259 warten, es ist ein St"uck "ubrig, das ich erst lernen mu"s.<< %S.259 Als der Sch"uler ein wenig gewartet hatte, war ihm die %S.259 Zeit zu lang und er bat, da"s er doch m"ochte hineingelassen %S.259 werden, sein Durst nach Weisheit w"are gar zu gro"s. %S.259 Da stellte sich der oben, als g"abe er endlich nach und %S.259 sprach: >>Damit ich aus dem Haus der Weisheit heraus %S.259 kann, mu"st du den Sack am Strick herunterlassen, so %S.259 sollst du eingehen.<< Also lie"s der Sch"uler ihn herunter, %S.259 band den Sack auf und befreite ihn, dann rief er selber: %S.259 >>Nun zieh mich recht geschwind hinauf<<, und wollt %S.259 geradstehend in den Sack einschreiten. >>Halt!<< sagte der %S.259 andere, >>so geht's nicht an<<, packte ihn beim Kopf, %S.259 steckte ihn umgekehrt in den Sack, schn"urte zu und zog %S.259 den J"unger der Weisheit am Strick baumw"arts, dann %S.259 schwengelte er ihn in der Luft und sprach: >>Wie steht's, %S.259 mein lieber Geselle? Siehe, schon f"uhlst du, da"s dir die %S.259 Weisheit kommt, und machst gute Erfahrung, sitze also %S.259 fein ruhig, bis du kl"uger wirst.<< Damit stieg er auf des %S.259 Sch"ulers Pferd, ritt fort, schickte aber nach einer Stunde %S.259 jemand, der ihn wieder herablassen mu"ste. %S.259