% @book{bg_hr_khm_1857, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % editor = "Heinz R{\"{o}}lleke", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen", % publisher = "Philipp Reclam jun. GmbH {\&} Co.", % address = "Stuttgart, Germany", % year = "1991", % volume = "2", % series = "Universal-Bibliothek Nr. 3192 [6]", % isbn = "3-15-003192-3", % language = "German", % colophon = "BR{\"{U}}DER GRIMM % Kinder- und Hausm{\"{a}}rchen % AUSGABE LETZTER HAND % MIT DEN ORIGINALANMERKUNGEN % DER BR{\"{U}}DER GRIMM % MIT EINEM ANHANG % S{\"{A}}MTLICHER, NICHT IN ALLEN AUFLAGEN % VER{\"{O}}FFENTLICHTER M{\"{A}}RCHEN % UND HERKUNFTSNACHWEISEN HERAUSGEGEBEN % VON HEINZ R{\"{O}}LLEKE % PHILIPP RECLAM JUN. STUTTGART, 1980/1991" } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von A. Ueno, am 14. M"arz 2001 % und "uberpr"uft von Y. Nagata am 31. M"arz 2001 % % ck version (input e.g. Dru"cker instead of Drucker) % \maerchentitel{KHM 144: Das Eselein} \markright{KHM 144: Das Eselein} Es lebte einmal ein K"onig und eine K"onigin, die waren %S.252 reich und hatten alles, was sie sich w"unschten, nur keine %S.252 Kinder. Dar"uber klagte sie Tag und Nacht und sprach: %S.252 >>Ich bin wie ein A"cker, auf dem nichts w"achst.<< Endlich %S.252 erf"ullte Gott ihre W"unsche: als das Kind aber zur Welt %S.252 kam, sah's nicht aus wie ein Menschenkind, sondern war %S.252 ein junges Eselein. Wie die Mutter das erblickte, fing ihr %S.252 Jammer und Geschrei erst recht an, sie h"atte lieber gar %S.252 kein Kind gehabt als einen Esel und sagte, man sollt ihn %S.252 ins Wasser werfen, damit ihn die Fische fr"a"sen. Der %S.252 K"onig aber sprach: >>Nein, hat Gott ihn gegeben, soll er %S.252 auch mein Sohn und Erbe sein, nach meinem Tod auf %S.252 dem k"oniglichen Thron sitzen und die k"onigliche Krone %S.252 tragen.<< Also ward das Eselein aufgezogen, nahm zu, %S.252 und die Ohren wuchsen ihm auch fein hoch und gerad %S.252 hinauf. Es war aber sonst fr"ohlicher Art, sprang herum, %S.252 spielte und hatte besonders seine Lust an der %S.252 Musik, so da"s es zu einem ber"uhmten Spielmann ging %S.253 und sprach: >>Lehre mich deine Kunst, da"s ich so gut die %S.253 Laute schlagen kann als du.<< >>Ach, liebes Herrlein<<, %S.253 antwortete der Spielmann, >>das sollt Euch schwerfallen, %S.253 Eure Finger sind nicht allerdings dazu gemacht und gar %S.253 zu gro"s; ich sorge, die Saiten halten's nicht aus.<< Es half %S.253 keine Ausrede, das Eselein wollte und mu"ste die Laute %S.253 schlagen, war beharrlich und flei"sig und lernte es am %S.253 Ende so gut als sein Meister selber. Einmal ging das junge %S.253 Herrlein nachdenksam spazieren und kam an einen %S.253 Brunnen, da schaute es hinein und sah im spiegelhellen %S.253 Wasser seine Eseleinsgestalt. Dar"uber war es so betr"ubt, %S.253 da"s es in die weite Welt ging und nur einen treuen %S.253 Gesellen mitnahm. Sie zogen auf und ab, zuletzt kamen %S.253 sie in ein Reich, wo ein alter K"onig herrschte, der nur %S.253 eine einzige, aber wundersch"one Tochter hatte. Das %S.253 Eselein sagte: >>Hier wollen wir weilen<<, klopfte ans Tor %S.253 und rief: >>Es ist ein Gast hau"sen, macht auf, damit er %S.253 eingehen kann.<< Als aber nicht aufgetan ward, setzte er %S.253 sich hin, nahm seine Laute und schlug sie mit seinen zwei %S.253 Vorderf"u"sen aufs lieblichste. Da sperrte der T"urh"uter %S.253 gewaltig die Augen auf, lief zum K"onig und sprach: >>Da %S.253 drau"sen sitzt ein junges Eselein vor dem Tor, das schl"agt %S.253 die Laute so gut als ein gelernter Meister.<< >>So la"s mir %S.253 den Musikant hereinkommen<<, sprach der K"onig. Wie %S.253 aber ein Eselein hereintrat, fing alles an, "uber den Lautenschl"ager %S.253 zu lachen. Nun sollte das Eselein unten zu %S.253 den Knechten gesetzt und gespeist werden, es ward aber %S.253 unwillig und sprach: >>Ich bin kein gemeines Stalleselein, %S.253 ich bin ein vornehmes.<< Da sagten sie: >>Wenn du das %S.253 bist, so setze dich zu dem Kriegsvolk.<< >>Nein<<, sprach %S.253 es, >>ich will beim K"onig sitzen.<< Der K"onig lachte und %S.253 sprach in gutem Mut: >>Ja, es soll so sein, wie du verlangst, %S.253 Eselein, komm her zu mir.<< Danach fragte er: %S.253 >>Eselein, wie gef"allt dir meine Tochter?<< Das Eselein %S.253 drehte den Kopf nach ihr, schaute sie an, nickte und %S.253 sprach: >>Aus der Ma"sen wohl, sie ist so sch"on, wie ich %S.254 noch keine gesehen habe.<< >>Nun, so sollst du auch neben %S.254 ihr sitzen<<, sagte der K"onig. >>Das ist mir eben recht<<, %S.254 sprach das Eselein und setzte sich an ihre Seite, a"s und %S.254 trank und wu"ste sich fein und s"auberlich zu betragen. %S.254 Als das edle Tierlein eine gute Zeit an des K"onigs Hof %S.254 geblieben war, dachte es: >>Was hilft das alles, du mu"st %S.254 wieder heim<<, lie"s den Kopf traurig h"angen, trat vor den %S.254 K"onig und verlangte seinen Abschied. Der K"onig hatte %S.254 es aber liebgewonnen und sprach: >>Eselein, was ist dir? %S.254 Du schaust ja sauer, wie ein Essigkrug; bleib bei mir, ich %S.254 will dir geben, was du verlangst. Willst du Gold?<< %S.254 >>Nein<<, sagte das Eselein und sch"uttelte mit dem Kopf. %S.254 >>Willst du Kostbarkeiten und Schmuck?<< >>Nein.<< %S.254 >>Willst du mein halbes Reich?<< >>Ach nein.<< Da sprach %S.254 der K"onig: >>Wenn ich nur w"u"ste, was dich vergn"ugt %S.254 machen k"onnte: willst du meine sch"one Tochter zur %S.254 Frau?<< >>Ach ja<<, sagte das Eselein, >>die m"ochte ich wohl %S.254 haben<<, war auf einmal ganz lustig und guter Dinge, %S.254 denn das war's gerade, was es sich gew"unscht hatte. Also %S.254 ward eine gro"se und pr"achtige Hochzeit gehalten. %S.254 Abends, wie Braut und Br"autigam in ihr Schlafk"ammerlein %S.254 gef"uhrt wurden, wollte der K"onig wissen, ob sich %S.254 das Eselein auch fein artig und manierlich betr"uge, und %S.254 hie"s einem Diener, sich dort verste"cken. Wie sie nun %S.254 beide drinnen waren, schob der Br"autigam den Riegel %S.254 vor die T"ure, blickte sich um, und wie er glaubte, da"s sie %S.254 ganz allein w"aren, da warf er auf einmal seine Eselshaut %S.254 ab und stand da als ein sch"oner k"oniglicher J"ungling. %S.254 >>Nun siehst du<<, sprach er, >>wer ich bin, und siehst %S.254 auch, da"s ich deiner nicht unwert war.<< Da ward die %S.254 Braut froh, k"u"ste ihn und hatte ihn von Herzen lieb. Als %S.254 aber der Morgen herankam, sprang er auf, zog seine %S.254 Tierhaut wieder "uber, und h"atte kein Mensch gedacht, %S.254 was f"ur einer dahintersteckte. Bald kam auch der alte %S.254 K"onig gegangen. >>Ei<<, rief er, >>ist das Eselein schon %S.254 munter! Du bist wohl recht traurig<<, sagte er zu seiner %S.255 Tochter, >>da"s du keinen ordentlichen Menschen zum %S.255 Mann bekommen hast?<< >>Ach nein, lieber Vater, ich %S.255 habe ihn so lieb, als wenn er der allersch"onste w"are, und %S.255 will ihn mein Lebtag behalten.<< Der K"onig wunderte %S.255 sich, aber der Diener, der sich versteckt hatte, kam und %S.255 offenbarte ihm alles. Der K"onig sprach: >>Das ist nimmermehr %S.255 wahr.<< >>So wacht selber die folgende Nacht, %S.255 Ihr werdet's mit eigenen Augen sehen, und wi"st Ihr was, %S.255 Herr K"onig, nehmt ihm die Haut weg und werft sie ins %S.255 Feuer, so mu"s er sich wohl in seiner rechten Gestalt %S.255 zeigen.<< >>Dein Rat ist gut<<, sprach der K"onig, und %S.255 abends, als sie schliefen, schlich er sich hinein, und wie er %S.255 zum Bett kam, sah er im Mondschein einen stolzen %S.255 J"ungling da ruhen, und die Haut lag abgestreift auf der %S.255 Erde. Da nahm er sie weg und lie"s drau"sen ein gewaltiges %S.255 Feuer anmachen und die Haut hineinwerfen und %S.255 blieb selber dabei, bis sie ganz zu Asche verbrannt war. %S.255 Weil er aber sehen wollte, wie sich der Beraubte anstellen %S.255 w"urde, blieb er die Nacht "uber wach und lauschte. Als %S.255 der J"ungling ausgeschlafen hatte, beim ersten Morgenschein, %S.255 stand er auf und wollte die Eselshaut anziehen, %S.255 aber sie war nicht zu finden. Da erschrak er und sprach %S.255 voll Trauer und Angst: >>Nun mu"s ich sehen, da"s ich %S.255 entfliehe.<< Wie er hinaustrat, stand aber der K"onig da %S.255 und sprach: >>Mein Sohn, wohin so eilig, was hast du im %S.255 Sinn? Bleib hier, du bist ein so sch"oner Mann, du sollst %S.255 nicht wieder von mir. Ich gebe dir jetzt mein Reich halb, %S.255 und nach meinem Tod bekommst du es ganz.<< >>So %S.255 w"unsch ich, da"s der gute Anfang auch ein gutes Ende %S.255 nehme<<, sprach der J"ungling, >>ich bleibe bei Euch.<< Da %S.255 gab ihm der Alte das halbe Reich, und als er nach einem %S.255 Jahr starb, hatte er das ganze, und nach dem Tod seines %S.255 Vaters noch eins dazu, und lebte in aller Herrlichkeit. %S.255