% @book{bg_hr_khm_1857, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % editor = "Heinz R{\"{o}}lleke", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen", % publisher = "Philipp Reclam jun. GmbH {\&} Co.", % address = "Stuttgart, Germany", % year = "1991", % volume = "2", % series = "Universal-Bibliothek Nr. 3192 [6]", % isbn = "3-15-003192-3", % language = "German", % colophon = "BR{\"{U}}DER GRIMM % Kinder- und Hausm{\"{a}}rchen % AUSGABE LETZTER HAND % MIT DEN ORIGINALANMERKUNGEN % DER BR{\"{U}}DER GRIMM % MIT EINEM ANHANG % S{\"{A}}MTLICHER, NICHT IN ALLEN AUFLAGEN % VER{\"{O}}FFENTLICHTER M{\"{A}}RCHEN % UND HERKUNFTSNACHWEISEN HERAUSGEGEBEN % VON HEINZ R{\"{O}}LLEKE % PHILIPP RECLAM JUN. STUTTGART, 1980/1991" } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von A. Ueno, am 31. M"arz 2001 % und "uberpr"uft von Y. Nagata am 1. April 2001 % % ck version (input e.g. Dru"cker instead of Drucker) % \maerchentitel{KHM 127: Der Eisenofen} \markright{KHM 127: Der Eisenofen} Zur Zeit, wo das W"unschen noch geholfen hat, ward ein %S.193 K"onigssohn von einer alten Hexe verw"unscht, da"s er im %S.193 Walde in einem gro"sen Eisenofen sitzen sollte. Da %S.193 brachte er viele Jahre zu, und konnte ihn niemand erl"osen. %S.193 Einmal kam eine K"onigstochter in den Wald, die %S.193 hatte sich irregegangen und konnte ihres Vaters Reich %S.193 nicht wiederfinden; neun Tage war sie so herumgegangen %S.193 und stand zuletzt vor dem eisernen Kasten. Da kam eine %S.193 Stimme heraus und fragte sie: >>Wo kommst du her, und %S.193 wo willst du hin?<< Sie antwortete: >>Ich habe meines %S.193 Vaters K"onigreich verloren und kann nicht wieder nach %S.193 Haus kommen.<< Da sprach's aus dem Eisenofen: >>Ich %S.193 will dir wieder nach Haus verhelfen, und zwar in einer %S.193 kurzen Zeit, wenn du willst unterschreiben, zu tun, was %S.193 ich verlange. Ich bin ein gr"o"serer K"onigssohn als du eine %S.193 K"onigstochter und will dich heiraten.<< Da erschrak sie %S.193 und dachte: >>Lieber Gott, was soll ich mit dem Eisenofen %S.193 anfangen!<< Weil sie aber gerne wieder zu ihrem %S.193 Vater heim wollte, unterschrieb sie sich doch, zu tun, %S.193 was er verlangte. Er sprach aber: >>Du sollst wiederkommen, %S.193 ein Messer mitbringen und ein Loch in das Eisen %S.193 schrappen.<< Dann gab er ihr jemand zum Gef"ahrten, der %S.193 ging nebenher und sprach nicht; er brachte sie aber in zwei %S.193 Stunden nach Haus. Nun war gro"se Freude im Schlo"s, %S.193 als die K"onigstochter wiederkam, und der alte K"onig fiel %S.194 ihr um den Hals und k"u"ste sie. Sie war aber sehr betr"ubt %S.194 und sprach: >>Lieber Vater, wie mir's gegangen hat! Ich %S.194 w"are nicht wieder nach Haus gekommen aus dem gro"sen %S.194 wilden Walde, wenn ich nicht w"are bei einen eisernen %S.194 Ofen gekommen, dem habe ich mich m"ussen daf"ur %S.194 unterschreiben, da"s ich wollte wieder zu ihm zur"uckkehren, %S.194 ihn erl"osen und heiraten.<< Da erschrak der alte %S.194 K"onig so sehr, da"s er beinahe in eine Ohnmacht gefallen %S.194 w"are, denn er hatte nur die einzige Tochter. Beratschlagten %S.194 sich also, sie wollten die M"ullerstochter, die sch"on %S.194 w"are, an ihre Stelle nehmen; f"uhrten die hinaus, gaben %S.194 ihr ein Messer und sagten, sie sollte an dem Eisenofen %S.194 schaben. Sie schrappte auch vierundzwanzig Stunden %S.194 lang, konnte aber nicht das geringste herabbringen. Wie %S.194 nun der Tag anbrach, rief's in dem Eisenofen: >>Mich %S.194 d"aucht, es ist Tag drau"sen.<< Da antwortete sie: >>Das %S.194 d"aucht mich auch, ich meine, ich h"ore meines Vaters %S.194 M"uhle rappeln.<< >>So bist du eine M"ullerstochter, dann %S.194 geh gleich hinaus und la"s die K"onigstochter herkommen.<< %S.194 Da ging sie hin und sagte dem alten K"onig, der %S.194 drau"sen wollte sie nicht, er wollte seine Tochter. Da %S.194 erschrak der alte K"onig, und die Tochter weinte. Sie %S.194 hatten aber noch eine Schweinehirtentochter, die war %S.194 noch sch"oner als die M"ullerstochter, der wollten sie ein %S.194 St"uck Geld geben, damit sie f"ur die K"onigstochter zum %S.194 eisernen Ofen ginge. Also ward sie hinausgebracht und %S.194 mu"ste auch vierundzwanzig Stunden lang schrappen; sie %S.194 brachte aber nichts davon. Wie nun der Tag anbrach, %S.194 rief's im Ofen: >>Mich d"aucht, es ist Tag drau"sen.<< Da %S.194 antwortete sie: >>Das d"aucht mich auch, ich meine, ich %S.194 h"ore meines Vaters H"ornchen t"uten.<< >>So bist du eine %S.194 Schweinehirtentochter, geh gleich fort und la"s die %S.194 K"onigstochter kommen; und sag ihr, es sollt ihr widerfahren, %S.194 was ich ihr versprochen h"atte, und wenn sie nicht %S.194 k"ame, sollte im ganzen Reich alles zerfallen und einst"urzen %S.194 und kein Stein auf dem andern bleiben.<< Als die %S.195 K"onigstochter das h"orte, fing sie an zu weinen; es war %S.195 aber nun nicht anders, sie mu"ste ihr Versprechen halten. %S.195 Da nahm sie Abschied von ihrem Vater, steckte ein %S.195 Messer ein und ging zu dem Eisenofen in den Wald %S.195 hinaus. Wie sie nun angekommen war, hub sie an zu %S.195 schrappen, und das Eisen gab nach, und wie zwei Stunden %S.195 vorbei waren, hatte sie schon ein kleines Loch %S.195 geschabt. Da guckte sie hinein und sah einen so sch"onen %S.195 J"ungling, ach, der glimmerte in Gold und Edelsteinen, %S.195 da"s er ihr recht in der Seele gefiel. Nun da schrappte sie %S.195 noch weiter fort und machte das Loch so gro"s, da"s er %S.195 heraus konnte. Da sprach er: >>Du bist mein, und ich bin %S.195 dein, du bist meine Braut und hast mich erl"ost.<< Er %S.195 wollte sie mit sich in sein Reich f"uhren, aber sie bat sich %S.195 aus, da"s sie noch einmal d"urfte zu ihrem Vater gehen, %S.195 und der K"onigssohn erlaubte es ihr, doch sollte sie nicht %S.195 mehr mit ihrem Vater sprechen als drei Worte, und dann %S.195 sollte sie wiederkommen. Also ging sie heim, sie sprach %S.195 aber mehr als drei Worte; da verschwand alsbald der %S.195 Eisenofen und ward weit wegger"uckt "uber gl"aserne Berge %S.195 und schneidende Schwerter; doch der K"onigssohn war %S.195 erl"ost und nicht mehr darin eingeschlossen. Danach %S.195 nahm sie Abschied von ihrem Vater und nahm etwas %S.195 Geld mit, aber nicht viel, ging wieder in den gro"sen %S.195 Wald und suchte den Eisenofen, allein der war nicht zu %S.195 finden. Neun Tage suchte sie, da ward ihr Hunger so %S.195 gro"s, da"s sie sich nicht zu helfen wu"ste, denn sie hatte %S.195 nichts mehr zu leben. Und als es Abend ward, setzte sie %S.195 sich auf einen kleinen Baum und gedachte darauf die %S.195 Nacht hinzubringen, weil sie sich vor den wilden Tieren %S.195 f"urchtete. Als nun Mitternacht herankam, sah sie von %S.195 fern ein kleines Lichtchen und dachte: >>Ach, da w"ar ich %S.195 wohl erl"ost<<, stieg vom Baum und ging dem Lichtchen %S.195 nach, auf dem Weg aber betete sie. Da kam sie zu einem %S.195 kleinen alten H"auschen, und war viel Gras darum %S.195 gewachsen und stand ein kleines H"aufchen Holz davor. %S.196 Dachte sie: >>Ach wo kommst du hier hin!<< Guckte %S.196 durchs Fenster hinein, so sah sie nichts darin als di"cke %S.196 und kleine Itschen (Kr"oten), aber einen Tisch, sch"on %S.196 gedeckt mit Wein und Braten, und Teller und Becher %S.196 waren von Silber. Da nahm sie sich das Herz und klopfte %S.196 an. Alsbald rief die Di"cke: %S.196 \begin{verse} >>Jungfer gr"un und klein, \\ %S.196 Hutzelbein, \\ %S.196 Hutzelbeins H"undchen, \\ %S.196 hutzel hin und her, \\ %S.196 la"s geschwind sehen, wer drau"sen w"ar.<< %S.196 \end{verse} Da kam eine kleine Itsche herbeigegangen und machte %S.196 ihr auf. Wie sie eintrat, hie"sen alle sie willkommen, und %S.196 sie mu"ste sich setzen. Sie fragten: >>Wo kommt Ihr her? %S.196 Wo wollt Ihr hin?<< Da erz"ahlte sie alles, wie es ihr %S.196 gegangen w"are, und weil sie das Gebot "ubertreten h"atte, %S.196 nicht mehr als drei Worte zu sprechen, w"are der Ofen %S.196 weg samt dem K"onigssohn; nun wollte sie so lange %S.196 suchen und "uber Berg und Tal wandern, bis sie ihn %S.196 f"ande. Da sprach die alte Di"cke: %S.196 \begin{verse} >>Jungfer gr"un und klein, \\ %S.196 Hutzelbein, \\ %S.196 Hutzelbeins H"undchen, \\ %S.196 hutzel hin und her, \\ %S.196 bring mir die gro"se Schachtel her.<< %S.196 \end{verse} Da ging die kleine hin und brachte die Schachtel herbeigetragen. %S.196 Hernach gaben sie ihr Essen und Trinken und %S.196 brachte[n] sie zu einem sch"onen gemachten Bett, das war %S.196 wie Seide und Sammet, da legte sie sich hinein und schlief %S.196 in Gottes Namen. Als der Tag kam, stieg sie auf und gab %S.196 ihr die alte Itsche drei Nadeln aus der gro"sen Schachtel, %S.196 die sollte sie mitnehmen; sie w"urden ihr n"otig tun, denn %S.196 sie m"u"ste "uber einen hohen gl"asernen Berg und "uber drei %S.196 schneidende Schwerter und "uber ein gro"ses Wasser: %S.196 wenn sie das durchsetzte, w"urde sie ihren Liebsten wiederkriegen. %S.196 Nun gab sie hiermit drei Teile (St"u"cke), die %S.197 sollte sie recht in acht nehmen, n"amlich drei gro"se %S.197 Nadeln, ein Pflugrad und drei N"usse. Hiermit reiste sie %S.197 ab, und wie sie vor den gl"asernen Berg kam, der so glatt %S.197 war, steckte sie die drei Nadeln als hinter die F"u"se und %S.197 dann wieder vorw"arts und gelangte so hin"uber, und als %S.197 sie hin"uber war, steckte sie sie an einen Ort, den sie wohl %S.197 in acht nahm. Danach kam sie vor die drei schneidenden %S.197 Schwerter, da stellte sie sich auf ihr Pflugrad und rollte %S.197 hin"uber. Endlich kam sie vor ein gro"ses Wasser, und wie %S.197 sie "ubergefahren war, in ein gro"ses sch"ones Schlo"s. Sie %S.197 ging hinein und hielt um einen Dienst an, sie w"ar eine %S.197 arme Magd und wollte sich gerne vermieten; sie wu"ste %S.197 aber, da"s der K"onigssohn drinne war, den sie erl"ost hatte %S.197 aus dem eisernen Ofen im gro"sen Wald. Also ward sie %S.197 angenommen zum K"uchenm"adchen f"ur geringen Lohn. %S.197 Nun hatte der K"onigssohn schon wieder eine andere an %S.197 der Seite, die wollte er heiraten, denn er dachte, sie w"are %S.197 l"angst gestorben. Abends, wie sie aufgewaschen hatte %S.197 und fertig war, f"uhlte sie in die Tasche und fand die drei %S.197 N"usse, welche ihr die alte Itsche gegeben hatte. Bi"s eine %S.197 auf und wollte den Kern essen, siehe, da war ein stolzes %S.197 k"onigliches Kleid drin. Wie's nun die Braut h"orte, kam %S.197 sie und hielt um das Kleid an und wollte es kaufen und %S.197 sagte, es w"are kein Kleid f"ur eine Dienstmagd. Da sprach %S.197 sie, nein, sie wollt's nicht verkaufen, doch wann sie ihr %S.197 einerlei (ein Ding) wollte erlauben, so sollte sie's haben, %S.197 n"amlich eine Nacht in der Kammer ihres Br"autigams zu %S.197 schlafen. Die Braut erlaubt[e] es ihr, weil das Kleid so %S.197 sch"on war und sie noch keins so hatte. Wie's nun Abend %S.197 war, sagte sie zu ihrem Br"autigam: >>Das n"arrische M"adchen %S.197 will in deiner Kammer schlafen.<< >>Wenn du's %S.197 zufrieden bist, bin ich's auch<<, sprach er. Sie gab aber %S.197 dem Mann ein Glas Wein, in das sie einen Schlaftrunk %S.197 getan hatte. Also gingen beide in die Kammer %S.197 schlafen, und er schlief so fest, da"s sie ihn nicht %S.197 erwe"cken konnte. Sie weinte die ganze Nacht und rief: %S.198 >>Ich habe dich erl"ost aus dem wilden Wald und aus %S.198 einem eisernen Ofen, ich habe dich gesucht und bin %S.198 gegangen "uber einen gl"asernen Berg, "uber drei schneidende %S.198 Schwerter und "uber ein gro"ses Wasser, ehe ich %S.198 dich gefunden habe, und willst mich doch nicht h"oren.<< %S.198 Die Bedienten sa"sen vor der Stubent"ure und h"orten, wie %S.198 sie so die ganze Nacht weinte, und sagten's am Morgen %S.198 ihrem Herrn. Und wie sie am andern Abend aufgewaschen %S.198 hatte, bi"s sie die zweite Nu"s auf, da war noch ein %S.198 weit sch"oneres Kleid drin; wie das die Braut sah, wollte %S.198 sie es auch kaufen. Aber Geld wollte das M"adchen nicht %S.198 und bat sich aus, da"s es noch einmal in der Kammer des %S.198 Br"autigams schlafen d"urfte. Die Braut gab ihm aber einen %S.198 Schlaftrunk, und er schlief so fest, da"s er nichts h"oren %S.198 konnte. Das K"uchenm"adchen weinte aber die ganze %S.198 Nacht und rief: >>Ich habe dich erl"ost aus einem Walde %S.198 und aus einem eisernen Ofen, ich habe dich gesucht und %S.198 bin gegangen "uber einen gl"asernen Berg, "uber drei %S.198 schneidende Schwerter und "uber ein gro"ses Wasser, ehe %S.198 ich dich gefunden habe, und du willst mich doch nicht %S.198 h"oren.<< Die Bedienten sa"sen vor der Stubent"ure und %S.198 h"orten, wie sie so die ganze Nacht weinte, und sagten's %S.198 am Morgen ihrem Herrn. Und als sie am dritten Abend %S.198 aufgewaschen hatte, bi"s sie die dritte Nu"s auf, da war ein %S.198 noch sch"oneres Kleid drin, das starrte von purem Gold. %S.198 Wie die Braut das sah, wollte sie es haben, das M"adchen %S.198 aber gab es nur hin, wenn es zum drittenmal d"urfte in der %S.198 Kammer des Br"autigams schlafen. Der K"onigssohn aber %S.198 h"utete sich und lie"s den Schlaftrunk vorbeilaufen. Wie %S.198 sie nun anfing zu weinen und zu rufen: >>Liebster Schatz, %S.198 ich habe dich erl"ost aus dem grausamen wilden Walde %S.198 und aus einem eisernen Ofen<<, so sprang der K"onigssohn %S.198 auf und sprach: >>Du bist die rechte, du bist mein, und %S.198 ich bin dein.<< Darauf setzte er sich noch in der Nacht mit %S.198 ihr in einen Wagen, und der falschen Braut nahmen sie %S.198 die Kleider weg, da"s sie nicht aufstehen konnte. Als sie %S.199 zu dem gro"sen Wasser kamen, da schifften sie hin"uber, %S.199 und vor den drei schneidenden Schwertern, da setzten sie %S.199 sich aufs Pflugrad, und vor dem gl"asernen Berg, da %S.199 steckten sie die drei Nadeln hinein. So gelangten sie %S.199 endlich zu dem alten kleinen H"auschen, aber wie sie %S.199 hineintraten, war's ein gro"ses Schlo"s; die Itschen waren %S.199 alle erl"ost und lauter K"onigskinder und waren in voller %S.199 Freude. Da ward Verm"ahlung gehalten, und sie blieben %S.199 in dem Schlo"s, das war viel gr"o"ser als ihres Vaters %S.199 Schlo"s. Weil aber der Alte jammerte, da"s er allein bleiben %S.199 sollte, so fuhren sie weg und holten ihn zu sich, und %S.199 hatten zwei K"onigreiche und lebten in gutem Ehestand. %S.199 \begin{verse} Da kam eine Maus, \\ %S.199 Das M"archen war aus. %S.199 \end{verse}