% @book{bg_hr_khm_1857, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % editor = "Heinz R{\"{o}}lleke", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen", % publisher = "Philipp Reclam jun. GmbH {\&} Co.", % address = "Stuttgart, Germany", % year = "1991", % volume = "2", % series = "Universal-Bibliothek Nr. 3192 [6]", % isbn = "3-15-003192-3", % language = "German", % colophon = "BR{\"{U}}DER GRIMM % Kinder- und Hausm{\"{a}}rchen % AUSGABE LETZTER HAND % MIT DEN ORIGINALANMERKUNGEN % DER BR{\"{U}}DER GRIMM % MIT EINEM ANHANG % S{\"{A}}MTLICHER, NICHT IN ALLEN AUFLAGEN % VER{\"{O}}FFENTLICHTER M{\"{A}}RCHEN % UND HERKUNFTSNACHWEISEN HERAUSGEGEBEN % VON HEINZ R{\"{O}}LLEKE % PHILIPP RECLAM JUN. STUTTGART, 1980/1991" } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von H. Shouzaki, am 26. M"arz 2001 % und "uberpr"uft von Y. Nagata am 31. M"arz 2001 % % nolig_ck version (input e.g. Auf"|lage and Dru"cker % instead of Auflage and Drucker) % \maerchentitel{KHM 114: Vom klugen Schneiderlein} \markright{KHM 114: Vom klugen Schneiderlein} Es war einmal eine Prinzessin gewaltig stolz: kam ein %S.146 Freier, so gab sie ihm etwas zu raten auf, und wenn er's %S.146 nicht erraten konnte, so ward er mit Spott fortgeschickt. %S.146 Sie lie"s auch bekanntmachen, wer ihr R"atsel l"oste, sollte %S.146 sich mit ihr verm"ahlen, und m"ochte kommen, wer da %S.146 wollte. Endlich fanden sich auch drei Schneider zusammen, %S.146 davon meinten die zwei "altesten, sie h"atten so %S.146 manchen feinen Stich getan und h"atten's getroffen, da %S.146 k"onnt's ihnen nicht fehlen, sie m"u"sten's auch hier treffen; %S.146 der dritte war ein kiener unn"utzer Springinsfeld, der %S.146 nicht einmal sein Handwerk verstand, aber meinte, er %S.146 m"u"ste dabei Gl"uck haben, denn woher sollt's ihm sonst %S.146 kommen. Da sprachen die zwei andern zu ihm: >>Bleib %S.146 nur zu Haus, du wirst mit deinem bi"schen Verstande %S.146 nicht weit kommen.<< Das Schneiderlein lie"s sich aber %S.146 nicht irremachen und sagte, es h"atte einmal seinen Kopf %S.146 darauf gesetzt und wollte sich schon helfen, und ging %S.146 dahin, als w"are die ganze Welt sein. %S.146 Da meldeten sich alle drei bei der Prinzessin und sagten, %S.146 sie sollte ihnen ihre R"atsel vorlegen: es w"aren die rechten %S.146 Leute angekommen, die h"atten einen feinen Verstand, %S.146 da"s man ihn wohl in eine Nadel f"adeln k"onnte. Da %S.146 sprach die Prinzessin: >>Ich habe zweierlei Haar auf dem %S.146 Kopf, von was f"ur Farben ist das?<< >>Wenn's weiter %S.146 nichts ist<<, sagte er erste, >>es wird schwarz und wei"s %S.146 sein, wie Tuch, das man K"ummel und Salz nennt.<< Die %S.146 Prinzessin sprach: >>Falsch geraten, antworte der %S.146 zweite.<< Da sagte der zweite: >>Ist's nicht schwarz und %S.146 wei"s, so ist's braun und rot, wie meines Herrn Vaters %S.146 Bratenrock.<< >>Falsch geraten<<, sagte die Prinzessin, %S.146 >>antworte der dritte, dem seh ich's an, der wei"s es %S.146 sicherlich.<< Da trat das Schneiderlein keck hervor und %S.146 sprach: >>Die Prinzessin hat ein silbernes und ein goldenes %S.147 Haar auf dem Kopf, und das sind die zweierlei %S.147 Farben.<< Wie die Prinzessin das h"orte, ward sie bla"s und %S.147 w"are vor Schre"cken beinah hingefallen, denn das Schneiderlein %S.147 hatte es getroffen, und sie hatte fest geglaubt, das %S.147 w"urde kein Mensch auf der Welt herausbringen. Als ihr %S.147 das Herz wieder kam, sprach sie: >>Damit hast du mich %S.147 noch nicht gewonnen, du mu"st noch eins tun, unten im %S.147 Stall liegt ein B"ar, bei dem sollst du die Nacht zubringen; %S.147 wenn ich dann morgen aufstehe und du bist noch lebendig, %S.147 so sollst du mich heiraten.<< Sie dachte aber, damit %S.147 wollte sie das Schneiderlein loswerden, denn der B"ar %S.147 hatte noch keinen Menschen lebendig gelassen, der ihm %S.147 unter die Tatzen gekommen war. Das Schneiderlein lie"s %S.147 sich nicht abschre"cken, war ganz vergn"ugt und sprach: %S.147 >>Frisch gewagt ist halb gewonnen.<< %S.147 Als nun der Abend kam, ward mein Schneiderlein hinunter %S.147 zum B"aren gebracht. Der B"ar wollt auch gleich auf %S.147 den kleinen Kerl los und ihm mit seiner Tatze einen %S.147 guten Willkommen geben. >>Sachte, sachte<<, sprach das %S.147 Schneiderlein, >>ich will dich schon zur Ruhe bringen.<< %S.147 Da holte es ganz gem"achlich, als h"att es keine Sorgen, %S.147 welsche N"usse aus der Tasche, bi"s sie auf und a"s die %S.147 Kerne. Wie der B"ar das sah, kriegte er Lust und wollte %S.147 auch N"usse haben. Das Schneiderlein griff in die Tasche %S.147 und reichte ihm eine Handvoll; es waren aber keine %S.147 N"usse, sondern Wa"ckersteine. Der B"ar steckte sie ins %S.147 Maul, konnte aber nichts aufbringen, er mochte bei"sen, %S.147 wie er wollte. >>Ei<<, dachte er, >>was bist du f"ur ein %S.147 dummer Klotz! Kannst nicht einmal die N"usse aufbei"sen<<, %S.147 und sprach zum Schneiderlein: >>Mein, bei"s mir die %S.147 N"usse auf.<< >>Da siehst du, was du f"ur ein Kerl bist<<, %S.147 sprach das Schneiderlein, >>hast so ein gro"ses Maul und %S.147 kannst die kleine Nu"s nicht aufbei"sen.<< Da nahm es die %S.147 Steine, war hurtig, steckte daf"ur eine Nu"s in den Mund, %S.147 und knack, war sie entzwei. >>Ich mu"s das Ding noch %S.147 einmal probieren<<, sprach der B"ar, >>wenn ich's so %S.148 ansehe, ich mein, ich m"u"st's auch k"onnen.<< Da gab ihm %S.148 das Schneiderlein abermals Wa"ckersteine, und der B"ar %S.148 arbeitete und bi"s aus allen Leibeskr"aften hinein. Aber du %S.148 glaubst auch nicht, da"s er sie aufgebracht hat. Wie das %S.148 vorbei war, holte das Schneiderlein eine Violine unter %S.148 dem Rock hervor und spielte sich ein St"uckchen darauf. %S.148 Als der B"ar die Musik vernahm, konnte er es nicht lassen %S.148 und fing an zu tanzen, und als er ein Weilchen getanzt %S.148 hatte, gefiel ihm das Ding so wohl, da"s er zum Schneiderlein %S.148 sprach: >>H"or, ist das Geigen schwer?<< >>Kinderleicht, %S.148 siehst du, mit der Linken leg ich die Finger auf, %S.148 und mit der Rechten streich ich mit dem Bogen drauf"|los, %S.148 da geht's lustig, hopsasa, vivallalera!<< >>So geigen<<, sprach %S.148 der B"ar, >>das m"ocht ich auch verstehen, damit ich tanzen %S.148 k"onnte, sooft ich Lust h"atte. Was meinst du dazu? Willst %S.148 du mir Unterricht darin geben?<< >>Von Herzen gern<<, %S.148 sagte das Schneiderlein, >>wenn du Geschick dazu hast. %S.148 Aber weis einmal deine Tatzen her, die sind gewaltig lang, %S.148 ich mu"s dir die N"agel ein wenig abschneiden.<< Da ward %S.148 ein Schraubstock herbeigeholt, und der B"ar legte seine %S.148 Tatzen darauf, das Schneiderlein aber schraubte sie fest %S.148 und sprach: >>Nun warte, bis ich mit der Schere komme<<, %S.148 lie"s den B"aren brummen, soviel er wollte, legte sich in die %S.148 E"cke auf ein Bund Stroh und schlief ein. %S.148 Die Prinzessin, als sie am Abend den B"aren so gewaltig %S.148 brummen h"orte, glaubte nicht anders, als er brummte vor %S.148 Freuden und h"atte dem Schneider den Garaus gemacht. %S.148 Am Morgen stand sie ganz unbesorgt und vergn"ugt auf, %S.148 wie sie aber nach dem Stall guckt, so steht das Schneiderlein %S.148 ganz munter davor und ist gesund wie ein Fisch im %S.148 Wasser. Da konnte sie nun kein Wort mehr dagegen %S.148 sagen, weil sie's "offentlich versprochen hatte, und der %S.148 K"onig lie"s einen Wagen kommen, darin mu"ste sie mit %S.148 dem Schneiderlein zur Kirche fahren, und sollte sie %S.148 da verm"ahlt werden. Wie sie eingestiegen waren, %S.148 gingen die beiden andern Schneider, die ein falsches Herz %S.149 hatten und ihm sein Gl"uck nicht g"onnten, in den Stall %S.149 und schraubten den B"aren los. Der B"ar in voller Wut %S.149 rannte hinter dem Wagen her. Die Prinzessin h"orte ihn %S.149 schnauben und brummen; es ward ihr angst, und sie rief: %S.149 >>Ach, der B"ar ist hinter uns und will dich holen.<< Das %S.149 Schneiderlein war fix, stellte sich auf den Kopf, streckte %S.149 die Beine zum Fenster hinaus und rief; >>Siehst du den %S.149 Schraubstock? Wann du nicht gehst, so sollst du wieder %S.149 hinein.<< Wie der B"ar das sah, drehte er um und lief fort. %S.149 Mein Schneiderlein fuhr da ruhig in die Kirche, und die %S.149 Prinzessin ward ihm an die Hand getraut, und lebte er %S.149 mit ihr vergn"ugt wie eine Heidlerche. Wer's nicht glaubt, %S.149 bezahlt einen Taler. %S.149