% @book{bg_hr_khm_1857, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % editor = "Heinz R{\"{o}}lleke", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen", % publisher = "Philipp Reclam jun. GmbH {\&} Co.", % address = "Stuttgart, Germany", % year = "1991", % volume = "2", % series = "Universal-Bibliothek Nr. 3192 [6]", % isbn = "3-15-003192-3", % language = "German", % colophon = "BR{\"{U}}DER GRIMM % Kinder- und Hausm{\"{a}}rchen % AUSGABE LETZTER HAND % MIT DEN ORIGINALANMERKUNGEN % DER BR{\"{U}}DER GRIMM % MIT EINEM ANHANG % S{\"{A}}MTLICHER, NICHT IN ALLEN AUFLAGEN % VER{\"{O}}FFENTLICHTER M{\"{A}}RCHEN % UND HERKUNFTSNACHWEISEN HERAUSGEGEBEN % VON HEINZ R{\"{O}}LLEKE % PHILIPP RECLAM JUN. STUTTGART, 1980/1991" } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von H. Shouzaki, am 24. M"arz 2001 % und "uberpr"uft von Y. Nagata am 31. M"arz 2001 % \maerchentitel{KHM 111: Der gelernte J"ager} \markright{KHM 111: Der gelernte J"ager} Es war einmal ein junger Bursch, der hatte die Schlosserhantierung %S.129 gelernt und sprach zu seinem Vater, er wollte %S.129 jetzt in die Welt gehen und sich versuchen. >>Ja<<, sagte %S.129 der Vater, >>das bin ich zufrieden<<, und gab ihm etwas %S.129 Geld auf die Reise. Also zog er herum und suchte Arbeit. %S.129 Auf eine Zeit, da wollt ihm das Schlosserwerk nicht mehr %S.130 folgen und stand ihm auch nicht mehr an, aber er kriegte %S.130 Lust zur J"agerei. Da begegnete ihm auf der Wanderschaft %S.130 ein J"ager in gr"unem Kleide, der fragte, wo er herk"ame %S.130 und wo er hin wollte. Er w"ar ein Schlossergesell, sagte %S.130 der Bursch, aber das Handwerk gefiele ihm nicht mehr, %S.130 und h"atte Lust zur J"agerei, ob er ihn als Lehrling annehmen %S.130 wollte. >>O ja, wenn du mit mir gehen willst.<< Da %S.130 ging der junge Bursch mit, vermietete sich etliche Jahre %S.130 bei ihm und lernte die J"agerei. Danach wollte er sich %S.130 weiter versuchen, und der J"ager gab ihm nichts zum %S.130 Lohn als eine Windb"uchse, die hatte aber die Eigenschaft, %S.130 wenn er damit einen Schu"s tat, so traf er ohnfehlbar. %S.130 Da ging er fort und kam in einen sehr gro"sen Wald, %S.130 von dem konnte er in einem Tag das Ende nicht finden. %S.130 Wie's Abend war, setzte er sich auf einen hohen Baum, %S.130 damit er aus den wilden Tieren k"ame. Gegen Mitternacht %S.130 zu, d"auchte ihn, schimmerte ein kleines Lichtchen von %S.130 weitem, da sah er durch die "Aste darauf hin und behielt %S.130 in acht, wo es war. Doch nahm er erst noch seinen Hut %S.130 und warf ihn nach dem Licht zu herunter, da"s er danach %S.130 gehen wollte, wann er herabgestiegen w"are, als nach %S.130 einem Zeichen. Nun kletterte er herunter, ging auf seinen %S.130 Hut los, setzte ihn wieder auf und zog geradeswegs %S.130 fort. Je weiter er ging, je gr"o"ser ward das Licht, und wie %S.130 er nahe dabei kam, sah er, da"s es ein gewaltiges Feuer %S.130 war, und sa"sen drei Riesen dabei und hatten einen %S.130 Ochsen am Spie"s und lie"sen ihn braten. Nun sprach der %S.130 eine: >>Ich mu"s doch schmecken, ob das Fleisch bald zu %S.130 essen ist<<, ri"s ein St"uck herab und wollt es in den Mund %S.130 stecken, aber der J"ager scho"s es ihm aus der Hand. >>Nun %S.130 ja<<, sprach der Riese, >>da weht mir der Wind das St"uck %S.130 aus der Hand<<, und nahm sich ein anderes. Wie er eben %S.130 anbei"sen wollte, scho"s es ihm der J"ager abermals weg; da %S.130 gab der Riese dem, der neben ihm sa"s, eine Ohrfeige und %S.130 rief zornig: >>Was rei"st du mir mein St"uck weg?<< >>Ich %S.130 habe es nicht weggerissen<<, sprach der andere, >>es wird %S.131 dir's ein Scharfsch"utz weggeschossen haben.<< Der Riese %S.131 nahm sich das dritte St"uck, konnte es aber nicht in der %S.131 Hand behalten, der J"ager scho"s es ihm heraus. Da sprachen %S.131 die Riesen: >>Das mu"s ein guter Sch"utze sein, der %S.131 den Bissen vor dem Maul wegschie"st, so einer w"are uns %S.131 n"utzlich<<, und riefen laut: >>Komm herbei, du Scharfsch"utze, %S.131 setze dich zu uns ans Feuer und i"s dich satt, wir %S.131 wollen dir nichts tun; aber kommst du nicht und wir %S.131 holen dich mit Gewalt, so bist du verloren.<< Da trat der %S.131 Bursch herzu und sagte, er w"are ein gelernter J"ager, und %S.131 wonach er mit seiner B"uchse ziele, das treffe er auch %S.131 sicher und gewi"s. Da sprachen sie, wenn er mit ihnen %S.131 gehen wollte, sollte er's gut haben, und erz"ahlten ihm, %S.131 vor dem Wald sei ein gro"ses Wasser, dahinter st"and ein %S.131 Turm, und in dem Turm s"a"s eine sch"one K"onigstochter, %S.131 die wollten sie gern rauben. >>Ja<<, sprach er, >>die will ich %S.131 bald geschafft haben.<< Sagten sie weiter: >>Es ist aber %S.131 noch etwas dabei, es liegt ein kleines H"undchen dort, das %S.131 f"angt gleich an zu bellen, wann sich jemand n"ahert, und %S.131 sobald das bellt, wacht auch alles am k"oniglichen Hofe %S.131 auf: und deshalb k"onnen wir nicht hineinkommen; %S.131 unterstehst du dich, das H"undchen totzuschie"sen?<< %S.131 >>Ja<<, sprach er, >>das ist mir ein kleiner Spa"s.<< Danach %S.131 setzte er sich auf ein Schiff und fuhr "uber das Wasser, %S.131 und wie er bald beim Land war, kam das H"undlein %S.131 gelaufen und wollte bellen, aber er kriegte seine Windb"uchse %S.131 und scho"s es tot. Wie die Riesen das sahen, %S.131 freuten sie sich und meinten, sie h"atten die K"onigstochter %S.131 schon gewi"s, aber der J"ager wollte erst sehen, wie die %S.131 Sache beschaffen war, und sprach, sie sollten hau"sen %S.131 bleiben, bis er sie riefe. Da ging er in das Schlo"s, und es %S.131 war m"auschenstill darin und schlief alles. Wie er das erste %S.131 Zimmer aufmachte, hing da ein S"abel an der Wand, der %S.131 war von purem Silber, und war ein goldener Stern darauf %S.131 und des K"onigs Name; daneben aber lag auf einem Tisch %S.131 ein versiegelter Brief, den brach er auf, und es stand %S.132 darin, wer den S"abel h"atte, k"onnte alles ums Leben %S.132 bringen, was ihm vork"ame. Da nahm er den S"abel von %S.132 der Wand, hing ihn um und ging weiter; da kam er in das %S.132 Zimmer, wo die K"onigstochter lag und schlief; und sie %S.132 war so sch"on, da"s er stillstand und sie betrachtete und %S.132 den Atem anhielt. Er dachte bei sich selbst: >>Wie darf ich %S.132 eine unschuldige Jungfrau in die Gewalt der wilden %S.132 Riesen bringen, die haben B"oses im Sinn.<< Er schaute %S.132 sich weiter um, da standen unter dem Bett ein Paar %S.132 Pantoffeln, auf dem rechten stand ihres Vaters Name mit %S.132 einem Stern und auf dem linken ihr eigener Name mit %S.132 einem Stern. Sie hatte auch ein gro"ses Halstuch um, von %S.132 Seide mit Gold ausgestickt, auf der rechten Seite ihres %S.132 Vaters Name, auf der linken ihr Name, alles mit goldenen %S.132 Buchstaben. Da nahm der J"ager eine Schere und %S.132 schnitt den rechten Schlippen ab und tat ihn in seinen %S.132 Ranzen, und dann nahm er auch den rechten Pantoffel %S.132 mit des K"onigs Namen und steckte ihn hinein. Nun lag %S.132 die Jungfrau noch immer und schlief, und sie war ganz in %S.132 ihr Hemd eingen"aht; da schnitt er auch ein St"uckchen %S.132 von dem Hemd ab und steckte es zu dem andern, doch %S.132 tat er das alles, ohne sie anzur"uhren. Dann ging er fort %S.132 und lie"s sie ungest"ort schlafen, und als er wieder ans Tor %S.132 kam, standen die Riesen noch drau"sen, warteten auf ihn %S.132 und dachten, er w"urde die K"onigstochter bringen. Er rief %S.132 ihnen aber zu, sie sollten hereinkommen, die Jungfrau %S.132 w"are schon in seiner Gewalt; die T"ure k"onnte er ihnen %S.132 aber nicht aufmachen, aber da w"are ein Loch, durch %S.132 welches sie kriechen m"u"sten. Nun kam der erste n"aher, %S.132 da wickelte der J"ager des Riesen Haar um seine Hand, %S.132 zog den Kopf herein und hieb ihn mit seinem S"abel in %S.132 einem Streich ab und duns (zog) ihn dann vollends %S.132 hinein. Dann rief er den zweiten und hieb ihm gleichfalls %S.132 das Haupt ab, und endlich auch dem dritten, und war %S.132 froh, da"s er die sch"one Jungfrau von ihren Feinden %S.132 befreit hatte, und schnitt ihnen die Zungen aus und %S.133 steckte sie in seinen Ranzen. Da dachte er: >>Ich will %S.133 heimgehen zu meinem Vater und ihm zeigen, was ich %S.133 schon getan habe, dann will ich in der Welt herumziehen; %S.133 das Gl"uck, das mir Gott bescheren will, wird mich %S.133 schon erreichen.<< %S.133 Der K"onig in dem Schlo"s aber, als er aufwachte, %S.133 erblickte er die drei Riesen, die da tot lagen. Dann ging er %S.133 in die Schlafkammer seiner Tochter, weckte sie auf und %S.133 fragte, wer das wohl gewesen w"are, der die Riesen ums %S.133 Leben gebracht h"atte. Da sagte sie: >>Lieber Vater, ich %S.133 wei"s es nicht, ich habe geschlafen.<< Wie sie nun aufstand %S.133 und ihre Pantoffeln anziehen wollte, da war der rechte %S.133 weg, und wie sie ihr Halstuch betrachtete, war es durchschnitten %S.133 und fehlte der rechte Schlippen, und wie sie ihr %S.133 Hemd ansah, war ein St"uckchen heraus. Der K"onig lie"s %S.133 den ganzen Hof zusammenkommen, Soldaten und alles, %S.133 was da war, und fragte, wer seine Tochter befreit und die %S.133 Riesen ums Leben gebracht h"atte. Nun hatte er einen %S.133 Hauptmann, der war ein"augig und ein h"a"slicher Mensch, %S.133 der sagte, er h"atte es getan. Da sprach der alte K"onig, so %S.133 er das vollbracht h"atte, sollte er seine Tochter auch %S.133 heiraten. Die Jungfrau aber sagte: >>Lieber Vater, daf"ur, %S.133 da"s ich den heiraten soll, will ich lieber in die Welt %S.133 gehen, so weit, als mich meine Beine tragen.<< Da sprach %S.133 der K"onig, wenn sie den nicht heiraten wollte, sollte sie %S.133 die k"oniglichen Kleider ausziehen und Bauernkleider %S.133 antun und fortgehen; und sie sollte zu einem T"opfer %S.133 gehen und einen Handel mit irdenem Geschirr anfangen. %S.133 Da tat sie ihre k"oniglichen Kleider aus und ging zu einem %S.133 T"opfer und borgte sich einen Kram irden Werk; sie %S.133 versprach ihm auch, wenn sie's am Abend verkauft h"atte, %S.133 wollte sie es bezahlen. Nun sagte der K"onig, sie sollte %S.133 sich an eine Ecke damit setzen und es verkaufen, dann %S.133 bestellte er etliche Bauernwagen, die sollten mittendurch %S.133 fahren, da"s alles in tausend St"ucke ginge. Wie nun %S.133 die K"onigstochter ihren Kram auf die Stra"se hingestellt %S.134 hatte, kamen die Wagen und zerbrachen ihn zu lauter %S.134 Scherben. Sie fing an zu weinen und sprach: >>Ach Gott, %S.134 wie will ich nun dem T"opfer bezahlen.<< Der K"onig aber %S.134 hatte sie damit zwingen wollen, den Hauptmann zu %S.134 heiraten, statt dessen ging sie wieder zum T"opfer und %S.134 fragte ihn, ob er ihr noch einmal borgen wollte. Er %S.134 antwortete, nein, sie sollte erst das vorige bezahlen. Da %S.134 ging sie zu ihrem Vater, schrie und jammerte und sagte, %S.134 sie wollte in die Welt hineingehen. Da sprach er: >>Ich %S.134 will dir drau"sen in dem Wald ein H"auschen bauen lassen, %S.134 darin sollst du dein Lebtag sitzen und f"ur jedermann %S.134 kochen, du darfst aber kein Geld nehmen.<< Als das %S.134 H"auschen fertig war, ward vor die T"ure ein Schild %S.134 geh"angt, darauf stand geschrieben: >>Heute umsonst, %S.134 morgen f"ur Geld<<. Da sa"s sie lange Zeit und sprach es %S.134 sich in der Welt herum, da s"a"se eine Jungfrau, die kochte %S.134 umsonst, und das st"ande vor der T"ure an einem Schild. %S.134 Das h"orte auch der J"ager und dachte: >>Das w"ar etwas f"ur %S.134 dich, du bist doch arm und hast kein Geld.<< Er nahm %S.134 also seine Windb"uchse und seinen Ranzen, worin noch %S.134 alles steckte, was er damals im Schlo"s als Wahrzeichen %S.134 mitgenommen hatte, ging in den Wald und fand auch das %S.134 H"auschen mit dem Schild >>Heute umsonst, morgen f"ur %S.134 Geld<<. Er hatte aber den Degen umh"angen, womit er den %S.134 drei Riesen den Kopf abgehauen hatte, trat so in das %S.134 H"auschen hinein und lie"s sich etwas zu essen geben. Er %S.134 freute sich "uber das sch"one M"adchen, es war aber auch %S.134 bildsch"on. Sie fragte, wo er herk"ame und hin wollte, da %S.134 sagte er: >>Ich reise in der Welt herum.<< Da fragte sie ihn, %S.134 wo er den Degen herh"atte, da st"ande ja ihres Vaters %S.134 Name darauf. Fragte er, ob sie des K"onigs Tochter w"are. %S.134 >>Ja<<, antwortete sie. >>Mit diesem S"abel<<, sprach er, %S.134 >>habe ich drei Riesen den Kopf abgehauen<<, und holte %S.134 zum Zeichen ihre Zungen aus dem Ranzen, dann zeigte %S.134 er ihr auch den Pantoffel, den Schlippen vom %S.134 Halstuch und das St"uck vom Hemd. Da war sie voll %S.135 Freude und sagte, er w"are derjenige, der sie erl"ost h"atte. %S.135 Darauf gingen sie zusammen zum alten K"onig und holten %S.135 ihn herbei, und sie f"uhrte ihn in ihre Kammer und %S.135 sagte ihm, der J"ager w"are der rechte, der sie von den %S.135 Riesen erl"ost h"atte. Und wie der alte K"onig die Wahrzeichen %S.135 alle sah, da konnte er nicht mehr zweifeln und %S.135 sagte, es w"are ihm lieb, da"s er w"u"ste, wie alles zugegangen %S.135 w"are, und er sollte sie nun auch zur Gemahlin haben; %S.135 dar"uber freute sich die Jungfrau von Herzen. Darauf %S.135 kleideten sie ihn, als wenn er ein fremder Herr w"are, und %S.135 der K"onig lie"s ein Gastmahl anstellen. Als sie nun zu %S.135 Tisch gingen, kam der Hauptmann auf die linke Seite der %S.135 K"onigstochter zu sitzen, der J"ager aber auf die rechte; %S.135 und der Hauptmann meinte, das w"are ein fremder Herr %S.135 und w"are zum Besuch gekommen. Wie sie gegessen und %S.135 getrunken hatten, sprach der alte K"onig zum Hauptmann, %S.135 er wollte ihm etwas aufgeben, das sollte er erraten: %S.135 Wenn einer spr"ache, er h"atte drei Riesen ums Leben %S.135 gebracht, und er gefragt w"urde, wo die Zungen der %S.135 Riesen w"aren, und er m"u"ste zusehen und w"aren keine in %S.135 ihren K"opfen, wie das zuginge. Da sagte der Hauptmann: %S.135 >>Sie werden keine gehabt haben.<< >>Nicht so<<, %S.135 sagte der K"onig, >>jedes Getier hat eine Zunge<<, und %S.135 fragte weiter, was der wert w"are, da"s ihm widerf"uhre. %S.135 Antwortete der Hauptmann: >>Der geh"ort in St"ucken %S.135 zerrissen zu werden.<< Da sagte der K"onig, er h"atte sich %S.135 selber sein Urteil gesprochen, und ward der Hauptmann %S.135 gef"anglich gesetzt und dann in vier St"ucke zerrissen, die %S.135 K"onigstochter aber mit dem J"ager verm"ahlt. Danach %S.135 holte er seinen Vater und seine Mutter herbei, und die %S.135 lebten in Freude bei ihrem Sohn, und nach des alten %S.135 K"onigs Tod bekam er das Reich. %S.135