% @book{bg_hr_khm_1857, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % editor = "Heinz R{\"{o}}lleke", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen", % publisher = "Philipp Reclam jun. GmbH {\&} Co.", % address = "Stuttgart, Germany", % year = "1991", % volume = "2", % series = "Universal-Bibliothek Nr. 3192 [6]", % isbn = "3-15-003192-3", % language = "German", % colophon = "BR{\"{U}}DER GRIMM % Kinder- und Hausm{\"{a}}rchen % AUSGABE LETZTER HAND % MIT DEN ORIGINALANMERKUNGEN % DER BR{\"{U}}DER GRIMM % MIT EINEM ANHANG % S{\"{A}}MTLICHER, NICHT IN ALLEN AUFLAGEN % VER{\"{O}}FFENTLICHTER M{\"{A}}RCHEN % UND HERKUNFTSNACHWEISEN HERAUSGEGEBEN % VON HEINZ R{\"{O}}LLEKE % PHILIPP RECLAM JUN. STUTTGART, 1980/1991" } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von Y. Nagata, am 13. Februar 2001 % \maerchentitel{KHM 108: Hans mein Igel} \markright{KHM 108: Hans mein Igel} Es war einmal ein Bauer, der hatte Geld und Gut %S.118 genung, aber wie reich er war, so fehlte doch etwas an %S.118 seinem Gl"uck: er hatte mit seiner Frau keine Kinder. %S.118 "Ofters, wenn er mit den andern Bauern in die Stadt ging, %S.118 spotteten sie und fragten, warum er keine Kinder h"atte. %S.118 Da ward er endlich zornig, und als er nach Haus kam, %S.118 sprach er: >>Ich will ein Kind haben, und sollt's ein Igel %S.118 sein.<< Da kriegte seine Frau ein Kind, das war oben ein %S.118 Igel und unten ein Junge, und als sie das Kind sah, %S.118 erschrak sie und sprach: >>Siehst du, du hast uns verw"unscht.<< %S.118 Da sprach der Mann: >>Was kann das alles %S.118 helfen, getauft mu"s der Junge werden, aber wir k"onnen %S.118 keinen Gevatter dazu nehmen.<< Die Frau sprach: >>Wir %S.118 k"onnen ihn auch nicht anders taufen als \emph{Hans mein Igel}.<< %S.118 Als er getauft war, sagte der Pfarrer: >>Der kann wegen %S.118 seiner Stacheln in kein ordentlich Bett kommen.<< Da %S.118 ward hinter dem Ofen ein wenig Stroh zurechtgemacht %S.118 und Hans mein Igel daraufgelegt. Er konnte auch an der %S.118 Mutter nicht trinken, denn er h"atte sie mit seinen Stacheln %S.118 gestochen. So lag er da hinter dem Ofen acht Jahre, %S.118 und sein Vater war ihn m"ude und dachte, wenn er nur %S.118 st"urbe; aber er starb nicht, sondern blieb da liegen. Nun %S.118 trug es sich zu, da"s in der Stadt ein Markt war, und der %S.118 Bauer wollte hingehen, da fragte er seine Frau, was er ihr %S.118 sollte mitbringen. >>Ein wenig Fleisch und ein paar %S.118 Wecke, was zum Haushalt geh"ort<<, sprach sie. Darauf %S.118 fragte er die Magd, die wollte ein paar Toffeln und %S.118 Zwickelstr"umpfe. Endlich sagte er auch: >>Hans mein %S.118 Igel, was willst du denn haben?<< >>V"aterchen<<, sprach er, %S.118 >>bring mir doch einen Dudelsack mit.<< Wie nun der %S.118 Bauer wieder nach Haus kam, gab er der Frau, was er ihr %S.118 gekauft hatte, Fleisch und Wecke, dann gab er der Magd %S.118 die Toffeln und die Zwickelstr"umpfe, endlich ging er %S.119 hinter den Ofen und gab dem Hans mein Igel den %S.119 Dudelsack. Und wie Hans mein Igel den Dudelsack %S.119 hatte, sprach er: >>V"aterchen, geht doch vor die Schmiede %S.119 und la"st mir meinen G"ockelhahn beschlagen, dann will %S.119 ich fortreiten und will nimmermehr wiederkommen.<< %S.119 Da war der Vater froh, da"s er ihn loswerden sollte, und %S.119 lie"s ihm den Hahn beschlagen, und als er fertig war, %S.119 setzte sich Hans mein Igel darauf, ritt fort, nahm auch %S.119 Schweine und Esel mit, die wollt er drau"sen im Walde %S.119 h"uten. Im Wald aber mu"ste der Hahn mit ihm auf einen %S.119 hohen Baum fliegen, da sa"s er und h"utete die Esel und %S.119 Schweine, und sa"s lange Jahre, bis die Herde ganz gro"s %S.119 war, und wu"ste sein Vater nichts von ihm. Wenn er aber %S.119 auf dem Baum sa"s, blies er seinen Dudelsack und machte %S.119 Musik, die war sehr sch"on. Einmal kam ein K"onig %S.119 vorbeigefahren, der hatte sich verirrt und h"orte die %S.119 Musik; da verwunderte er sich dar"uber und schickte %S.119 seinen Bedienten hin, er sollte sich einmal umgucken, wo %S.119 die Musik herk"ame. Er guckte sich um, sah aber nichts %S.119 als ein kleines Tier auf dem Baum oben sitzen, das war %S.119 wie ein G"ockelhahn, auf dem ein Igel sa"s, und der %S.119 machte die Musik. Da sprach der K"onig zum Bedienten, %S.119 er sollte fragen, warum er da s"a"se und ob er nicht w"u"ste, %S.119 wo der Weg in sein K"onigreich ginge. Da stieg Hans %S.119 mein Igel vom Baum und sprach, er wollte den Weg %S.119 zeigen, wenn der K"onig ihm wollte verschreiben und %S.119 versprechen, was ihm zuerst begegnete am k"oniglichen %S.119 Hofe, sobald er nach Haus k"ame. Da dachte der K"onig: %S.119 >>Das kann ich leicht tun, Hans mein Igel versteht's doch %S.119 nicht, und ich kann schreiben, was ich will.<< Da nahm %S.119 der K"onig Feder und Dinte und schrieb etwas auf, und %S.119 als es geschehen war, zeigte ihm Hans mein Igel den %S.119 Weg, und er kam gl"ucklich nach Haus. Seine Tochter %S.119 aber, wie sie ihn von weitem sah, war so voll Freuden, %S.119 da"s sie ihm entgegenlief und ihn k"u"ste. Da gedachte er %S.119 an Hans mein Igel und erz"ahlte ihr, wie es ihm gegangen %S.120 w"are und da"s er einem wunderlichen Tier h"atte verschreiben %S.120 sollen, was ihm daheim zuerst begegnen %S.120 w"urde, und das Tier h"atte auf einem Hahn wie auf einem %S.120 Pferde gesessen und sch"one Musik gemacht; er h"atte aber %S.120 geschrieben, es sollt's nicht haben, denn Hans mein Igel %S.120 k"onnt es doch nicht lesen. Dar"uber war die Prinzessin %S.120 froh und sagte, das w"are gut, denn sie w"are doch nimmermehr %S.120 hingegangen. %S.120 Hans mein Igel aber h"utete die Esel und Schweine, war %S.120 immer lustig, sa"s auf dem Baum und blies auf seinem %S.120 Dudelsack. Nun geschah es, da"s ein anderer K"onig %S.120 gefahren kam mit seinen Bedienten und Laufern, und %S.120 hatte sich verirrt und wu"ste nicht, wieder nach Haus zu %S.120 kommen, weil der Wald so gro"s war. Da h"orte er %S.120 gleichfalls die sch"one Musik von weitem und sprach zu %S.120 seinem Laufer, was das wohl w"are, er sollte einmal %S.120 zusehen. Da ging der Laufer hin unter den Baum und sah %S.120 den G"ockelhahn sitzen und Hans mein Igel obendrauf. %S.120 Der Laufer fragte ihn, was er da oben vorh"atte. >>Ich h"ute %S.120 meine Esel und Schweine; aber was ist Euer Begehren?<< %S.120 Der Laufer sagte, sie h"atten sich verirrt und k"onnten %S.120 nicht wieder ins K"onigreich, ob er ihnen den Weg nicht %S.120 zeigen wollte. Da stieg Hans mein Igel mit dem Hahn %S.120 vom Baum herunter und sagte zu dem alten K"onig, er %S.120 wolle ihm den Weg zeigen, wenn er ihm zu eigen geben %S.120 wollte, was ihm zu Haus vor seinem k"oniglichen %S.120 Schlosse das erste begegnen w"urde. Der K"onig sagte ja %S.120 und unterschrieb sich dem Hans mein Igel, er sollte es %S.120 haben. Als das geschehen war, ritt er auf dem G"ockelhahn %S.120 voraus und zeigte ihm den Weg, und gelangte der %S.120 K"onig gl"ucklich wieder in sein Reich. Wie er auf den Hof %S.120 kam, war gro"se Freude dar"uber. Nun hatte er eine %S.120 einzige Tochter, die war sehr sch"on, die lief ihm entgegen, %S.120 fiel ihm um den Hals und k"u"ste ihn und freute sich, %S.120 da"s ihr alter Vater wiederkam. Sie fragte ihn auch, wo er %S.120 so lange in der Welt gewesen w"are, da erz"ahlte er ihr, er %S.121 h"atte sich verirrt und w"are beinahe gar nicht wiedergekommen, %S.121 aber als er durch einen gro"sen Wald gefahren %S.121 w"are, h"atte einer, halb wie ein Igel, halb wie ein Mensch, %S.121 rittlings auf einem Hahn in einem hohen Baum gesessen %S.121 und sch"one Musik gemacht, der h"atte ihm fortgeholfen %S.121 und den Weg gezeigt, er aber h"atte ihm daf"ur versprochen, %S.121 was ihm am k"oniglichen Hofe zuerst begegnete, %S.121 und das w"are sie, und das t"ate ihm nun so leid. Da %S.121 versprach sie ihm aber, sie wollte gerne mit ihm gehen, %S.121 wann er k"ame, ihrem alten Vater zuliebe. %S.121 Hans mein Igel aber h"utete seine Schweine, und die %S.121 Schweine bekamen wieder Schweine, und wurden ihrer %S.121 so viel, da"s der ganze Wald voll war. Da wollte Hans %S.121 mein Igel nicht l"anger im Walde leben und lie"s seinem %S.121 Vater sagen, sie sollten alle St"alle im Dorf r"aumen, denn %S.121 er k"ame mit einer so gro"sen Herde, da"s jeder schlachten %S.121 k"onnte, der nur schlachten wollte. Da war sein Vater %S.121 betr"ubt, als er das h"orte, denn er dachte, Hans mein Igel %S.121 w"are schon lange gestorben. Hans mein Igel aber setzte %S.121 sich auf seinen G"ockelhahn, trieb die Schweine vor sich %S.121 her ins Dorf und lie"s schlachten; hu! da war ein Gemetzel %S.121 und ein Hacken, da"s man's zwei Stunden weit h"oren %S.121 konnte. Danach sagte Hans mein Igel: >>V"aterchen, la"st %S.121 mir meinen G"ockelhahn noch einmal vor der Schmiede %S.121 beschlagen, dann reit ich fort und komme mein Lebtag %S.121 nicht wieder.<< Da lie"s der Vater den G"ockelhahn %S.121 beschlagen und war froh, da"s Hans mein Igel nicht %S.121 wiederkommen wollte. %S.121 Hans mein Igel ritt fort in das erste K"onigreich, da hatte %S.121 der K"onig befohlen, wenn einer k"ame auf einem Hahn %S.121 geritten und h"atte einen Dudelsack bei sich, dann sollten %S.121 alle auf ihn schie"sen, hauen und stechen, damit er nicht %S.121 ins Schlo"s k"ame. Als nun Hans mein Igel dahergeritten %S.121 kam, drangen sie mit den Bajonetten auf ihn ein, aber er %S.121 gab dem Hahn die Sporn, flog auf, "uber das Tor hin vor %S.121 des K"onigs Fenster, lie"s sich da nieder und rief ihm zu, %S.122 er sollt ihm geben, was er versprochen h"atte, sonst so %S.122 wollt er ihm und seiner Tochter das Leben nehmen. Da %S.122 gab der K"onig seiner Tochter gute Worte, sie m"ochte zu %S.122 ihm hinausgehen, damit sie ihm und sich das Leben %S.122 rettete. Da zog sie sich wei"s an, und ihr Vater gab ihr %S.122 einen Wagen mit sechs Pferden und herrliche[n] Bedienten, %S.122 Geld und Gut. Sie setzte sich ein und Hans mein Igel %S.122 mit seinem Hahn und Dudelsack neben sie, dann nahmen %S.122 sie Abschied und zogen fort, und der K"onig dachte, %S.122 er kriegte sie nicht wieder zu sehen. Es ging aber anders, %S.122 als er dachte, denn als sie ein St"uck Wegs von der Stadt %S.122 waren, da zog ihr Hans mein Igel die sch"onen Kleider %S.122 aus und stach sie mit seiner Igelhaut, bis sie ganz blutig %S.122 war, sagte: >>Das ist der Lohn f"ur eure Falschheit, geh %S.122 hin, ich will dich nicht<<, und jagte sie damit nach Haus, %S.122 und war sie beschimpft ihr Lebtag. %S.122 Hans mein Igel aber ritt weiter auf seinem G"ockelhahn %S.122 und mit seinem Dudelsack nach dem zweiten K"onigreich, %S.122 wo er dem K"onig auch den Weg gezeigt hatte. Der %S.122 aber hatte bestellt, wenn einer k"ame wie Hans mein Igel, %S.122 sollten sie das Gewehr pr"asentieren, ihn frei hereinf"uhren, %S.122 Vivat rufen und ihn ins k"onigliche Schlo"s bringen. %S.122 Wie ihn nun die K"onigstochter sah, war sie erschrocken, %S.122 weil er doch gar zu wunderlich aussah, sie dachte aber, es %S.122 w"are nicht anders, sie h"atte es ihrem Vater versprochen. %S.122 Da ward Hans mein Igel von ihr bewillkommt und ward %S.122 mit ihr verm"ahlt, und er mu"ste mit an die k"onigliche %S.122 Tafel gehen, und sie setzte sich zu seiner Seite, und sie %S.122 a"sen und tranken. Wie's nun Abend ward, da"s sie %S.122 wollten schlafen gehen, da f"urchtete sie sich sehr vor %S.122 seinen Stacheln; er aber sprach, sie sollte sich nicht %S.122 f"urchten, es gesch"ahe ihr kein Leid, und sagte zu dem %S.122 alten K"onig, er sollte vier Mann bestellen, die sollten %S.122 wachen vor der Kammert"ure und ein gro"ses Feuer anmachen, %S.122 und wann er in die Kammer einginge und sich ins %S.122 Bett legen wollte, w"urde er aus seiner Igelshaut herauskriechen %S.123 und sie vor dem Bett liegen lassen; dann sollten %S.123 die M"anner hurtig herbeispringen und sie ins Feuer %S.123 werfen, auch dabeibleiben, bis sie vom Feuer verzehrt %S.123 w"are. Wie die Glocke nun elfe schlug, da ging er in die %S.123 Kammer, streifte die Igelshaut ab und lie"s sie vor dem %S.123 Bette liegen; da kamen die M"anner und holten sie %S.123 geschwind und warfen sie ins Feuer; und als sie das Feuer %S.123 verzehrt hatte, da war er erl"ost und lag da im Bett ganz %S.123 als ein Mensch gestaltet, aber er war kohlschwarz wie %S.123 gebrannt. Der K"onig schickte zu seinem Arzt, der wusch %S.123 ihn mit guten Salben und balsamierte ihn, da ward er %S.123 wei"s und war ein sch"oner junger Herr. Wie das die %S.123 K"onigstochter sah, war sie froh, und am andern Morgen %S.123 stiegen sie mit Freuden auf, a"sen und tranken, und ward %S.123 die Verm"ahlung erst recht gefeiert, und Hans mein Igel %S.123 bekam das K"onigreich von dem alten K"onig. %S.123 Wie etliche Jahre herum waren, fuhr er mit seiner %S.123 Gemahlin zu seinem Vater und sagte, er w"are sein Sohn; %S.123 der Vater aber sprach, er h"atte keinen, er h"atte nur einen %S.123 gehabt, der w"are aber wie ein Igel mit Stacheln geboren %S.123 worden und w"are in die Welt gegangen. Da gab er sich zu %S.123 erkennen, und der alte Vater freute sich und ging mit ihm %S.123 in sein K"onigreich. %S.123 \begin{verse} Mein M"archen ist aus, \\ %S.123 und geht vor Gustchen sein Haus. %S.123 \end{verse}