% @book{bg_hr_khm_1857, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % editor = "Heinz R{\"{o}}lleke", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen", % publisher = "Philipp Reclam jun. GmbH {\&} Co.", % address = "Stuttgart, Germany", % year = "1991", % volume = "2", % series = "Universal-Bibliothek Nr. 3192 [6]", % isbn = "3-15-003192-3", % language = "German", % colophon = "BR{\"{U}}DER GRIMM % Kinder- und Hausm{\"{a}}rchen % AUSGABE LETZTER HAND % MIT DEN ORIGINALANMERKUNGEN % DER BR{\"{U}}DER GRIMM % MIT EINEM ANHANG % S{\"{A}}MTLICHER, NICHT IN ALLEN AUFLAGEN % VER{\"{O}}FFENTLICHTER M{\"{A}}RCHEN % UND HERKUNFTSNACHWEISEN HERAUSGEGEBEN % VON HEINZ R{\"{O}}LLEKE % PHILIPP RECLAM JUN. STUTTGART, 1980/1991" } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von Y. Nagata, am 14. Januar 2001 % \maerchentitel{KHM 104: Die klugen Leute} \markright{KHM 104: Die klugen Leute} Eines Tages holte ein Bauer seinen hageb"uchnen Stock %S.96 aus der Ecke und sprach zu seiner Frau: >>Trine, ich gehe %S.96 jetzt "uber Land und komme erst in drei Tagen wieder %S.96 zur"uck. Wenn der Viehh"andler in der Zeit bei uns einspricht %S.96 und will unsere drei K"uhe kaufen, so kannst du %S.96 sie losschlagen, aber nicht anders als f"ur zweihundert %S.96 Taler, geringer nicht, h"orst du.<< >>Geh nur in Gottes %S.96 Namen<<, antwortete die Frau, >>ich will das schon %S.96 machen.<< >>Ja, du!<< sprach der Mann. >>Du bist als ein %S.96 kleines Kind einmal auf den Kopf gefallen, das h"angt dir %S.96 bis auf diese Stunde nach. Aber das sage ich dir, machst %S.96 du dummes Zeug, so streiche ich dir den R"ucken blau an, %S.96 und das ohne Farbe, blo"s mit dem Stock, den ich da in %S.96 der Hand habe, und der Anstrich soll ein ganzes Jahr %S.96 halten, darauf kannst du dich verlassen.<< Damit ging der %S.96 Mann seiner Wege. %S.96 Am andern Morgen kam der Viehh"andler, und die Frau %S.96 brauchte mit ihm nicht viel Worte zu machen. Als er die %S.96 K"uhe besehen hatte und den Preis vernahm, sagte er: %S.96 >>Das gebe ich gerne, so viel sind sie unter Br"udern wert. %S.96 Ich will die Tiere gleich mitnehmen.<< Er machte sie von %S.96 der Kette los und trieb sie aus dem Stall. Als er eben zum %S.96 Hoftor hinaus wollte, fa"ste ihn die Frau am "Armel und %S.96 sprach: >>Ihr m"u"st mir erst die zweihundert Taler geben, %S.96 sonst kann ich Euch nicht gehen lassen.<< >>Richtig<<, %S.96 antwortete der Mann, >>ich habe nur vergessen, meine %S.96 Geldkatze umzuschnallen. Aber macht Euch keine %S.96 Sorge, Ihr sollt Sicherheit haben, bis ich zahle. Zwei %S.96 K"uhe nehme ich mit, und die dritte lasse ich Euch %S.96 zur"uck, so habt Ihr ein gutes Pfand.<< Der Frau leuchtete %S.96 das ein, sie lie"s den Mann mit seinen K"uhen abziehen %S.96 und dachte: >>Wie wird sich der Hans freuen, wenn er %S.96 sieht, da"s ich es so klug gemacht habe.<< Der Bauer kam %S.97 den dritten Tag, wie er gesagt hatte, nach Haus und %S.97 fragte gleich, ob die K"uhe verkauft w"aren. >>Freilich, %S.97 lieber Hans<<, antwortete die Frau, >>und wie du gesagt %S.97 hast, f"ur zweihundert Taler. So viel sind sie kaum wert, %S.97 aber der Mann nahm sie ohne Widerrede.<< >>Wo ist das %S.97 Geld?<< fragte der Bauer. >>Das Geld, das habe ich nicht<<, %S.97 antwortete die Frau, >>er hatte gerade seine Geldkatze %S.97 vergessen, wird's aber bald bringen; er hat mir ein gutes %S.97 Pfand zur"uckgelassen.<< >>Was f"ur ein Pfand?<< fragte der %S.97 Mann. >>Eine von den drei K"uhen, die kriegt er nicht %S.97 eher, als bis er die andern bezahlt hat. Ich habe es klug %S.97 gemacht, ich habe die kleinste zur"uckbehalten, die fri"st %S.97 am wenigsten.<< Der Mann ward zornig, hob seinen %S.97 Stock in die H"ohe und wollte ihr damit den verhei"senen %S.97 Anstrich geben. Pl"otzlich lie"s er ihn sinken und sagte: %S.97 >>Du bist die dummste Gans, die auf Gottes Erdboden %S.97 herumwackelt, aber du dauerst mich. Ich will auf die %S.97 Landstra"se gehen und drei Tage lang warten, ob ich %S.97 jemand finde, der noch einf"altiger ist, als du bist. Gl"uckt %S.97 mir's, so sollst du frei sein, finde ich ihn aber nicht, so %S.97 sollst du deinen wohlverdienten Lohn ohne Abzug erhalten.<< %S.97 Er ging hinaus auf die gro"se Stra"se, setzte sich auf einen %S.97 Stein und wartete auf die Dinge, die kommen sollten. Da %S.97 sah er einen Leiterwagen heranfahren, und eine Frau %S.97 stand mitten darauf, statt auf dem Gebund Stroh zu %S.97 sitzen, das dabeilag, oder neben den Ochsen zu gehen %S.97 und sie zu leiten. Der Mann dachte: >>Das ist wohl eine, %S.97 wie du sie suchst<<, sprang auf und lief vor dem Wagen hin %S.97 und her, wie einer, der nicht recht gescheit ist. >>Was wollt %S.97 Ihr, Gevatter<<, sagte die Frau zu ihm, >>ich kenne Euch %S.97 nicht, von wo kommt Ihr her?<< >>Ich bin von dem Himmel %S.97 gefallen<<, antwortete der Mann, >>und wei"s nicht, wie %S.97 ich wieder hinkommen soll; k"onnt Ihr mich nicht hinauffahren?<< %S.97 >>Nein<<, sagte die Frau, >>ich wei"s den %S.97 Weg nicht. Aber wenn Ihr aus dem Himmel kommt, so %S.98 k"onnt Ihr mir wohl sagen, wie es meinem Mann geht, der %S.98 schon seit drei Jahren dort ist: Ihr habt ihn gewi"s gesehen?<< %S.98 >>Ich habe ihn wohl gesehen, aber es kann nicht %S.98 allen Menschen gut gehen. Er h"utet die Schafe, und das %S.98 liebe Vieh macht ihm viel zu schaffen, das springt auf die %S.98 Berge und verirrt sich in der Wildnis, und da mu"s er %S.98 hinterherlaufen und es wieder zusammentreiben. Abgerissen %S.98 ist er auch, und die Kleider werden ihm bald vom %S.98 Leib fallen. Schneider gibt es dort nicht, der heil.\,Petrus %S.98 l"a"st keinen hinein, wie Ihr aus dem M"archen wi"st.<< %S.98 >>Wer h"atte sich das gedacht!<< rief die Frau. >>Wi"st Ihr %S.98 was? Ich will seinen Sonntagsrock holen, der noch %S.98 daheim im Schrank h"angt, den kann er dort mit Ehren %S.98 tragen. Ihr seid so gut und nehmt ihn mit.<< >>Das geht %S.98 nicht wohl<<, antwortete der Bauer, >>Kleider darf man %S.98 nicht in den Himmel bringen, die werden einem vor dem %S.98 Tor abgenommen.<< >>H"ort mich an<<, sprach die Frau, %S.98 >>ich habe gestern meinen sch"onen Weizen verkauft und %S.98 ein h"ubsches Geld daf"ur bekommen, das will ich ihm %S.98 schicken. Wenn Ihr den Beutel in die Tasche steckt, so %S.98 wird's kein Mensch gewahr.<< >>Kann's nicht anders %S.98 sein<<, erwiderte der Bauer, >>so will ich Euch wohl den %S.98 Gefallen tun.<< >>Bleibt nur da sitzen<<, sagte sie, >>ich will %S.98 heimfahren und den Beutel holen; ich bin bald wieder %S.98 hier. Ich setze mich nicht auf das Bund Stroh, sondern %S.98 stehe auf dem Wagen, so hat's das Vieh leichter.<< Sie %S.98 trieb ihre Ochsen an, und der Bauer dachte: >>Die hat %S.98 Anlage zur Narrheit, bringt sie das Geld wirklich, so %S.98 kann meine Frau von Gl"uck sagen, denn sie kriegt keine %S.98 Schl"age.<< Es dauerte nicht lange, so kam sie gelaufen, %S.98 brachte das Geld und steckte es ihm selbst in die Tasche. %S.98 Eh sie wegging, dankte sie ihm noch tausendmal f"ur seine %S.98 Gef"alligkeit. %S.98 Als die Frau wieder heimkam, so fand sie ihren Sohn, der %S.98 aus dem Feld zur"uckgekehrt war. Sie erz"ahlte ihm, was %S.98 sie f"ur unerwartete Dinge erfahren h"atte, und setzte dann %S.99 hinzu: >>Ich freue mich recht, da"s ich Gelegenheit gefunden %S.99 habe, meinem armen Mann etwas zu schicken, wer %S.99 h"atte sich vorgestellt, da"s er im Himmel an etwas Mangel %S.99 leiden w"urde?<< Der Sohn war in der gr"o"sten Verwunderung. %S.99 >>Mutter<<, sagte er, >>so einer aus dem Himmel %S.99 kommt nicht alle Tage, ich will gleich hinaus und sehen, %S.99 da"s ich den Mann noch finde: der mu"s mir erz"ahlen, %S.99 wie's dort aussieht und wie's mit der Arbeit geht.<< Er %S.99 sattelte das Pferd und ritt in aller Hast fort. Er fand den %S.99 Bauer, der unter einem Weidenbaum sa"s und das Geld, %S.99 das im Beutel war, z"ahlen wollte. >>Habt Ihr nicht den %S.99 Mann gesehen<<, rief ihm der Junge zu, >>der aus dem %S.99 Himmel gekommen ist?<< >>Ja<<, antwortete der Bauer, %S.99 >>der hat sich wieder auf den R"uckweg gemacht und ist %S.99 den Berg dort hinaufgegangen, von wo er's etwas n"aher %S.99 hat. Ihr k"onnt ihn noch einholen, wenn Ihr scharf reitet.<< %S.99 >>Ach<<, sagte der Junge, >>ich habe mich den ganzen %S.99 Tag abge"aschert, und der Ritt hierher hat mich vollends %S.99 m"ude gemacht: Ihr kennt den Mann, seid so gut und %S.99 setzt Euch auf mein Pferd und "uberredet ihn, da"s er %S.99 hierherkommt.<< >>Aha<<, meinte der Bauer, >>das ist auch %S.99 einer, der keinen Docht in seiner Lampe hat.<< >>Warum %S.99 sollte ich Euch den Gefallen nicht tun?<< sprach er, stieg %S.99 auf und ritt im st"arksten Trab fort. Der Junge blieb %S.99 sitzen, bis die Nacht einbrach, aber der Bauer kam nicht %S.99 zur"uck. >>Gewi"s<<, dachte er, >>hat der Mann aus dem %S.99 Himmel gro"se Eile gehabt und nicht umkehren wollen, %S.99 und der Bauer hat ihm das Pferd mitgegeben, um es %S.99 meinem Vater zu bringen.<< Er ging heim und erz"ahlte %S.99 seiner Mutter, was geschehen war: das Pferd habe er dem %S.99 Vater geschickt, damit er nicht immer herumzulaufen %S.99 brauche. >>Du hast wohlgetan<<, antwortete sie, >>du hast %S.99 noch junge Beine und kannst zu Fu"s gehen.<< %S.99 Als der Bauer nach Haus gekommen war, stellte er das %S.99 Pferd in den Stall neben die verpf"andete Kuh, ging dann %S.99 zu seiner Frau und sagte: >>Trine, das war dein Gl"uck, ich %S.100 habe zwei gefunden, die noch einf"altigere Narren sind als %S.100 du: diesmal kommst du ohne Schl"age davon, ich will sie %S.100 f"ur eine andere Gelegenheit aufsparen.<< Dann z"undete er %S.100 seine Pfeife an, setzte sich in den Gro"svaterstuhl und %S.100 sprach: >>Das war ein gutes Gesch"aft, f"ur zwei magere %S.100 K"uhe ein glattes Pferd und dazu einen gro"sen Beutel voll %S.100 Geld. Wenn die Dummheit immer so viel einbr"achte, so %S.100 wollte ich sie gerne in Ehren halten.<< So dachte der %S.100 Bauer, aber dir sind gewi"s die Einf"altigen lieber. %S.100