% @book{bg_hr_khm_1857, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % editor = "Heinz R{\"{o}}lleke", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen", % publisher = "Philipp Reclam jun. GmbH {\&} Co.", % address = "Stuttgart, Germany", % year = "1991", % volume = "2", % series = "Universal-Bibliothek Nr. 3192 [6]", % isbn = "3-15-003192-3", % language = "German", % colophon = "BR{\"{U}}DER GRIMM % Kinder- und Hausm{\"{a}}rchen % AUSGABE LETZTER HAND % MIT DEN ORIGINALANMERKUNGEN % DER BR{\"{U}}DER GRIMM % MIT EINEM ANHANG % S{\"{A}}MTLICHER, NICHT IN ALLEN AUFLAGEN % VER{\"{O}}FFENTLICHTER M{\"{A}}RCHEN % UND HERKUNFTSNACHWEISEN HERAUSGEGEBEN % VON HEINZ R{\"{O}}LLEKE % PHILIPP RECLAM JUN. STUTTGART, 1980/1991" } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von Y. Nagata, am 09. Januar 2001 % % ck version (input e.g. Dru"cker instead of Drucker) % \maerchentitel{KHM 101: Der B"arenh"auter} \markright{KHM 101: Der B"arenh"auter} Es war einmal ein junger Kerl, der lie"s sich als Soldat %S.86 anwerben, hielt sich tapfer und war immer der vorderste, %S.86 wenn es blaue Bohnen regnete. Solange der Krieg dauerte, %S.86 ging alles gut, aber als Friede geschlossen war, %S.86 erhielt er seinen Abschied, und der Hauptmann sagte, er %S.86 k"onnte gehen, wohin er wollte. Seine Eltern waren tot, %S.87 und er hatte keine Heimat mehr, da ging er zu seinen %S.87 Br"udern und bat, sie m"ochten ihm so lange Unterhalt %S.87 geben, bis der Krieg wieder anfinge. Die Br"uder aber %S.87 waren hartherzig und sagten: >>Was sollen wir mit dir? %S.87 Wir k"onnen dich nicht brauchen, sieh zu, wie du dich %S.87 durchschl"agst.<< Der Soldat hatte nichts "ubrig als sein %S.87 Gewehr, das nahm er auf die Schulter und wollte in die %S.87 Welt gehen. Er kam auf eine gro"se Heide, auf der nichts %S.87 zu sehen war als ein Ring von B"aumen; darunter setzte er %S.87 sich ganz traurig nieder und sann "uber sein Schicksal %S.87 nach. >>Ich habe kein Geld<<, dachte er, >>ich habe nichts %S.87 gelernt als das Kriegshandwerk, und jetzt, weil Friede %S.87 geschlossen ist, brauchen sie mich nicht mehr; ich sehe %S.87 voraus, ich mu"s verhungern.<< Auf einmal h"orte er ein %S.87 Brausen, und wie er sich umblickte, stand ein unbekannter %S.87 Mann vor ihm, der einen gr"unen Rock trug, recht %S.87 stattlich aussah, aber einen garstigen Pferdefu"s hatte. %S.87 >>Ich wei"s schon, was dir fehlt<<, sagte der Mann, >>Geld %S.87 und Gut sollst du haben, soviel du mit aller Gewalt %S.87 durchbringen kannst, aber ich mu"s zuvor wissen, ob du %S.87 dich nicht f"urchtest, damit ich mein Geld nicht umsonst %S.87 ausgebe.<< >>Ein Soldat und Furcht, wie pa"st das zusammen?<< %S.87 antwortete er, >>du kannst mich auf die Probe %S.87 stellen.<< >>Wohlan<<, antwortete der Mann, >>schau hinter %S.87 dich.<< Der Soldat kehrte sich um und sah einen gro"sen %S.87 B"ar, der brummend auf ihn zutrabte. >>Oho<<, rief %S.87 der Soldat, >>dich will ich an der Nase kitzeln, da"s dir %S.87 die Lust zum Brummen vergehen soll<<, legte an und %S.87 scho"s den B"ar auf die Schnauze, da"s er zusammenfiel %S.87 und sich nicht mehr regte. >>Ich sehe wohl<<, sagte der %S.87 Fremde, >>da"s dir's an Mut nicht fehlt, aber es ist noch %S.87 eine Bedingung dabei, die mu"st du erf"ullen.<< >>Wenn %S.87 mir's an meiner Seligkeit nicht schadet<<, antwortete %S.87 der Soldat, der wohl merkte, wen er vor sich hatte, %S.87 >>sonst la"s ich mich auf nichts ein.<< >>Das wirst du %S.87 selber sehen<<, antwortete der Gr"unrock, >>du darfst in %S.88 den n"achsten sieben Jahren dich nicht waschen, dir Bart %S.88 und Haare nicht k"ammen, die N"agel nicht schneiden und %S.88 kein Vaterunser beten. Dann will ich dir einen Rock und %S.88 Mantel geben, den mu"st du in dieser Zeit tragen. Stirbst %S.88 du in diesen sieben Jahren, so bist du mein, bleibst du %S.88 aber leben, so bist du frei und bist reich dazu f"ur dein %S.88 Lebtag.<< Der Soldat dachte an die gro"se Not, in der er %S.88 sich befand, und da er so oft in den Tod gegangen war, %S.88 wollte er es auch jetzt wagen und willigte ein. Der Teufel %S.88 zog den gr"unen Rock aus, reichte ihn dem Soldaten hin %S.88 und sagte: >>Wenn du den Rock an deinem Leibe hast und %S.88 in die Tasche greifst, so wirst du die Hand immer voll %S.88 Geld haben.<< Dann zog er dem B"aren die Haut ab und %S.88 sagte: >>Das soll dein Mantel sein und auch dein Bett, %S.88 denn darauf mu"st du schlafen und darfst in kein anderes %S.88 Bett kommen. Und dieser Tracht wegen sollst du B"arenh"auter %S.88 hei"sen.<< Hierauf verschwand der Teufel. %S.88 Der Soldat zog den Rock an, griff gleich in die Tasche %S.88 und fand, da"s die Sache ihre Richtigkeit hatte. Dann hing %S.88 er die B"arenhaut um, ging in die Welt, war guter Dinge %S.88 und unterlie"s nichts, was ihm wohl und dem Gelde wehe %S.88 tat. Im ersten Jahr ging es noch leidlich, aber in dem %S.88 zweiten sah er schon aus wie ein Ungeheuer. Das Haar %S.88 bedeckte ihm fast das ganze Gesicht, sein Bart glich %S.88 einem St"uck grobem Filztuch, seine Finger hatten Krallen, %S.88 und sein Gesicht war so mit Schmutz bedeckt, da"s %S.88 wenn man Kresse hineinges"at h"atte, sie aufgegangen %S.88 w"are. Wer ihn sah, lief fort, weil er aber allerorten den %S.88 Armen Geld gab, damit sie f"ur ihn beteten, da"s er in den %S.88 sieben Jahren nicht st"urbe, und weil er alles gut bezahlte, %S.88 so erhielt er doch immer noch Herberge. Im vierten Jahr %S.88 kam er in ein Wirtshaus, da wollte ihn der Wirt nicht %S.88 aufnehmen und wollte ihm nicht einmal einen Platz im %S.88 Stall anweisen, weil er f"urchtete, seine Pferde w"urden %S.88 scheu werden. Doch als der B"arenh"auter in die Tasche %S.88 griff und eine Handvoll Dukaten herausholte, so lie"s der %S.89 Wirt sich erweichen und gab ihm eine Stube im Hintergeb"aude; %S.89 doch mu"ste er versprechen, sich nicht sehen zu %S.89 lassen, damit sein Haus nicht in b"osen Ruf k"ame. %S.89 Als der B"arenh"auter abends allein sa"s und von Herzen %S.89 w"unschte, da"s die sieben Jahre herum w"aren, so h"orte er %S.89 in einem Nebenzimmer ein lautes Jammern. Er hatte ein %S.89 mitleidiges Herz, "offnete die T"ure und erblickte einen %S.89 alten Mann, der heftig weinte und die H"ande "uber dem %S.89 Kopf zusammenschlug. Der B"arenh"auter trat n"aher, aber %S.89 der Mann sprang auf und wollte entfliehen. Endlich, als %S.89 er eine menschliche Stimme vernahm, lie"s er sich bewegen, %S.89 und durch freundliches Zureden brachte es der %S.89 B"arenh"auter dahin, da"s er ihm die Ursache seines Kummers %S.89 offenbarte. Sein Verm"ogen war nach und nach %S.89 geschwunden, er und seine T"ochter mu"sten darben, und %S.89 er war so arm, da"s er den Wirt nicht einmal bezahlen %S.89 konnte und ins Gef"angnis sollte gesetzt werden. >>Wenn %S.89 Ihr weiter keine Sorgen habt<<, sagte der B"arenh"auter, %S.89 >>Geld habe ich genug.<< Er lie"s den Wirt herbeikommen, %S.89 bezahlte ihn und steckte dem Ungl"ucklichen noch einen %S.89 Beutel voll Gold in die Tasche. %S.89 Als der alte Mann sich aus seinen Sorgen erl"ost sah, %S.89 wu"ste er nicht, womit er sich dankbar beweisen sollte. %S.89 >>Komm mit mir<<, sprach er zu ihm, >>meine T"ochter sind %S.89 Wunder von Sch"onheit, w"ahle dir eine davon zur Frau. %S.89 Wenn sie h"ort, was du f"ur mich getan hast, so wird sie %S.89 sich nicht weigern. Du siehst freilich ein wenig seltsam %S.89 aus, aber sie wird dich schon wieder in Ordnung bringen.<< %S.89 Dem B"arenh"auter gefiel das wohl, und er ging mit. %S.89 Als ihn die "alteste erblickte, entsetzte sie sich so gewaltig %S.89 vor seinem Antlitz, da"s sie aufschrie und fortlief. Die %S.89 zweite blieb zwar stehen und betrachtete ihn, von Kopf %S.89 bis zu F"u"sen, dann aber sprach sie: >>Wie kann ich einen %S.89 Mann nehmen, der keine menschliche Gestalt mehr hat? %S.89 Da gefiel mir der rasierte B"ar noch besser, der einmal hier %S.89 zu sehen war und sich f"ur einen Menschen ausgab, der %S.90 hatte doch einen Husarenpelz an und wei"se Handschuhe. %S.90 Wenn er nur h"a"slich w"are, so k"onnte ich mich an %S.90 ihn gew"ohnen.<< Die j"ungste aber sprach: >>Lieber Vater, %S.90 das mu"s ein guter Mann sein, der Euch aus der Not %S.90 geholfen hat, habt Ihr ihm daf"ur eine Braut versprochen, %S.90 so mu"s Euer Wort gehalten werden.<< Es war schade, da"s %S.90 das Gesicht des B"arenh"auters von Schmutz und Haaren %S.90 bedeckt war, sonst h"atte man sehen k"onnen, wie ihm das %S.90 Herz im Leibe lachte, als er diese Worte h"orte. Er nahm %S.90 einen Ring von seinem Finger, brach ihn entzwei und %S.90 gab ihr die eine H"alfte, die andere behielt er f"ur sich. In %S.90 ihre H"alfte aber schrieb er seinen Namen, und in seine %S.90 H"alfte schrieb er ihren Namen und bat sie, ihr St"uck gut %S.90 aufzuheben. Hierauf nahm er Abschied und sprach: >>Ich %S.90 mu"s noch drei Jahre wandern. Komm ich aber nicht %S.90 wieder, so bist du frei, weil ich dann tot bin. Bitte aber %S.90 Gott, da"s er mir das Leben erh"alt.<< %S.90 Die arme Braut kleidete sich ganz schwarz, und wenn sie %S.90 an ihren Br"autigam dachte, so kamen ihr die Tr"anen in %S.90 die Augen. Von ihren Schwestern ward ihr nichts als %S.90 Hohn und Spott zuteil. >>Nimm dich in acht<<, sagte die %S.90 "alteste, >>wenn du ihm die Hand reichst, so schl"agt er dir %S.90 mit der Tatze darauf.<< >>H"ute dich<<, sagte die zweite, %S.90 >>die B"aren lieben die S"u"sigkeit, und wenn du ihm %S.90 gef"allst, so fri"st er dich auf.<< >>Du mu"st nur immer %S.90 seinen Willen tun<<, hub die "alteste wieder an, >>sonst %S.90 f"angt er an zu brummen.<< Und die zweite fuhr fort: %S.90 >>Aber die Hochzeit wird lustig sein, B"aren, die tanzen %S.90 gut.<< Die Braut schwieg still und lie"s sich nicht irremachen. %S.90 Der B"arenh"auter aber zog in der Welt herum, %S.90 von einem Ort zum andern, tat Gutes, wo er konnte, %S.90 und gab den Armen reichlich, damit sie f"ur ihn beteten. %S.90 Endlich, als der letzte Tag von den sieben Jahren %S.90 anbrach, ging er wieder hinaus auf die Heide und setzte %S.90 sich unter den Ring von B"aumen. Nicht lange, so sauste %S.90 der Wind, und der Teufel stand vor ihm und blickte ihn %S.91 verdrie"slich an; dann warf er ihm den alten Rock hin und %S.91 verlangte seinen gr"unen zur"uck. >>So weit sind wir noch %S.91 nicht<<, antwortete der B"arenh"auter, >>erst sollst du mich %S.91 reinigen.<< Der Teufel mochte wollen oder nicht, er %S.91 mu"ste Wasser holen, den B"arenh"auter abwaschen, ihm %S.91 die Haare k"ammen und die N"agel schneiden. Hierauf sah %S.91 er wie ein tapferer Kriegsmann aus und war viel sch"oner %S.91 als je vorher. %S.91 Als der Teufel gl"ucklich abgezogen war, so war es dem %S.91 B"arenh"auter ganz leicht ums Herz. Er ging in die Stadt, %S.91 tat einen pr"achtigen Sammetrock an, setzte sich in einen %S.91 Wagen, mit vier Schimmeln bespannt, und fuhr zu dem %S.91 Haus seiner Braut. Niemand erkannte ihn, der Vater %S.91 hielt ihn f"ur einen vornehmen Feldobrist und f"uhrte ihn %S.91 in das Zimmer, wo seine T"ochter sa"sen. Er mu"ste sich %S.91 zwischen den beiden "altesten niederlassen; sie schenkten %S.91 ihm Wein ein, legten ihm die besten Bissen vor und %S.91 meinten, sie h"atten keinen sch"onern Mann auf der Welt %S.91 gesehen. Die Braut aber sa"s in schwarzem Kleide ihm %S.91 gegen"uber, schlug die Augen nicht auf und sprach kein %S.91 Wort. Als er endlich den Vater fragte, ob er ihm eine %S.91 seiner T"ochter zur Frau geben wollte, so sprangen die %S.91 beiden "altesten auf, liefen in ihre Kammer und wollten %S.91 pr"achtige Kleider anziehen, denn eine jede bildete sich %S.91 ein, sie w"are die Auserw"ahlte. Der Fremde, sobald er mit %S.91 seiner Braut allein war, holte den halben Ring hervor und %S.91 warf ihn in einen Becher mit Wein, den er ihr "uber den %S.91 Tisch reichte. Sie nahm ihn an, aber als sie getrunken %S.91 hatte und den halben Ring auf dem Grund liegen fand, so %S.91 schlug ihr das Herz. Sie holte die andere H"alfte, die sie %S.91 an einem Band um den Hals trug, hielt sie daran, und es %S.91 zeigte sich, da"s beide Teile vollkommen zueinander pa"sten. %S.91 Da sprach er: >>Ich bin dein verlobter Br"autigam, den %S.91 du als B"arenh"auter gesehen hast, aber durch Gottes %S.91 Gnade habe ich meine menschliche Gestalt wieder erhalten %S.91 und bin wieder rein geworden.<< Er ging auf sie zu, %S.92 umarmte sie und gab ihr einen Ku"s. Indem kamen die %S.92 beiden Schwestern in vollem Putz herein, und als sie %S.92 sahen, da"s der sch"one Mann der j"ungsten zuteil geworden %S.92 war und h"orten, da"s das der B"arenh"auter war, liefen %S.92 sie voll Zorn und Wut hinaus; die eine ers"aufte sich im %S.92 Brunnen, die andere erhenkte sich an einem Baum. Am %S.92 Abend klopfte jemand an der T"ure, und als der Br"autigam %S.92 "offnete, so war's der Teufel im gr"unen Rock, der %S.92 sprach: >>Siehst du, nun habe ich zwei Seelen f"ur deine %S.92 eine.<< %S.92