% @book{bg_hr_khm_1857, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % editor = "Heinz R{\"{o}}lleke", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen", % publisher = "Philipp Reclam jun. GmbH {\&} Co.", % address = "Stuttgart, Germany", % year = "1995", % volume = "1", % series = "Universal-Bibliothek Nr. 3191", % isbn = "3-15-003191-5", % language = "German", % colophon = "BR{\"{U}}DER GRIMM % Kinder- und Hausm{\"{a}}rchen % AUSGABE LETZTER HAND % MIT DEN ORIGINALANMERKUNGEN % DER BR{\"{U}}DER GRIMM % MIT EINEM ANHANG % S{\"{A}}MTLICHER, NICHT IN ALLEN AUFLAGEN % VER{\"{O}}FFENTLICHTER M{\"{A}}RCHEN % UND HERKUNFTSNACHWEISEN HERAUSGEGEBEN % VON HEINZ R{\"{O}}LLEKE % PHILIPP RECLAM JUN. STUTTGART, 1980/1995" } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von A. Katsumoto, am 26. M"arz 2001 % und "uberpr"uft von Y. Nagata am 31. M"arz 2001 % % ck version (input e.g. Dru"cker instead of Drucker) % \maerchentitel{KHM 85: Die Goldkinder} \markright{KHM 85: Die Goldkinder} Es war ein armer Mann und eine arme Frau, die hatten %S.414 nichts als eine kleine H"utte und n"ahrten sich vom Fischfang, %S.414 und es ging bei ihnen von Hand zu Mund. Es %S.414 geschah aber, als der Mann eines Tages beim Wasser sa"s %S.414 und sein Netz auswarf, da"s er einen Fisch herauszog, der %S.414 ganz golden war. Und als er den Fisch voll Verwunderung %S.414 betrachtete, hub dieser an zu reden und sprach: %S.414 >>H"or, Fischer, wirfst du mich wieder hinab ins Wasser, %S.414 so mach ich deine kleine H"utte zu einem pr"achtigen %S.414 Schlo"s.<< Da antwortete der Fischer: >>Was hilft mir ein %S.415 Schlo"s, wenn ich nichts zu essen habe?<< Sprach der %S.415 Goldfisch weiter: >>Auch daf"ur soll gesorgt sein, es wird %S.415 ein Schrank im Schlo"s sein, wenn du den aufschlie"sest, %S.415 so stehen Sch"usseln darin mit den sch"onsten Speisen, %S.415 soviel du dir w"unschest.<< >>Wenn das ist<<, sprach der %S.415 Mann, >>so kann ich dir wohl den Gefallen tun.<< >>Ja<<, %S.415 sagte der Fisch, >>es ist aber die Bedingung dabei, da"s du %S.415 keinem Menschen auf der Welt, wer es auch immer sein %S.415 mag, entdeckst, woher dein Gl"uck gekommen ist; %S.415 sprichst du ein einziges Wort, so ist alles vorbei.<< %S.415 Nun warf der Mann den wunderbaren Fisch wieder ins %S.415 Wasser und ging heim. Wo aber sonst seine H"utte %S.415 gestanden hatte, da stand jetzt ein gro"ses Schlo"s. Da %S.415 machte er ein paar Augen, trat hinein und sah seine Frau, %S.415 mit sch"onen Kleidern geputzt, in einer pr"achtigen Stube %S.415 sitzen. Sie war ganz vergn"ugt und sprach: >>Mann, wie ist %S.415 das auf einmal gekommen? Das gef"allt mir wohl.<< >>Ja<<, %S.415 sagte der Mann, >>es gef"allt mir auch, aber es hungert %S.415 mich auch gewaltig, gib mir erst was zu essen.<< Sprach %S.415 die Frau: >>Ich habe nichts und wei"s in dem neuen Haus %S.415 nichts zu finden.<< >>Das hat keine Not<<, sagte der Mann, %S.415 >>dort sehe ich einen gro"sen Schrank, den schlie"s einmal %S.415 auf.<< Wie sie den Schrank aufschlo"s, stand da Kuchen, %S.415 Fleisch, Obst, Wein und lachte einen ordentlich an. Da %S.415 rief die Frau voll Freude: >>Herz, was begehrst du nun?<< %S.415 Und sie setzten sich nieder, a"sen und tranken zusammen. %S.415 Wie sie satt waren, fragte die Frau: >>Aber, Mann, %S.415 wo kommt all dieser Reichtum her?<< >>Ach<<, antwortete %S.415 er, >>frage mich nicht darum, ich darf dir's nicht sagen, %S.415 wenn ich's jemand entde"cke, so ist unser Gl"uck wieder %S.415 dahin.<< >>Gut<<, sprach sie, >>wenn ich's nicht wissen soll, %S.415 so begehr ich's auch nicht zu wissen.<< Das war aber ihr %S.415 Ernst nicht, es lie"s ihr keine Ruhe Tag und Nacht, und %S.415 sie qu"alte und stachelte den Mann so lang, bis er in der %S.415 Ungeduld heraussagte, es k"ame alles von einem wunderbaren %S.415 goldenen Fisch, den er gefangen und daf"ur wieder %S.416 in Freiheit gelassen h"atte. Und wie's heraus war, da %S.416 verschwand alsbald das sch"one Schlo"s mit dem Schrank, %S.416 und sie sa"sen wieder in der alten Fischerh"utte. %S.416 Der Mann mu"ste von vornen anfangen, seinem Gewerbe %S.416 nachgehen und fischen. Das Gl"uck wollte es aber, da"s er %S.416 den goldenen Fisch noch einmal herauszog. >>H"or<<, %S.416 sprach der Fisch, >>wenn du mich wieder ins Wasser %S.416 wirfst, so will ich dir noch einmal das Schlo"s mit dem %S.416 Schrank voll Gesottenem und Gebratenem zur"uckgeben; %S.416 nur halt dich fest und verrat beileibe nicht, von wem du's %S.416 hast, sonst geht's wieder verloren.<< >>Ich will mich schon %S.416 h"uten<<, antwortete der Fischer und warf den Fisch in %S.416 sein Wasser hinab. Daheim war nun alles wieder in %S.416 voriger Herrlichkeit, und die Frau war in einer Freude %S.416 "uber das Gl"uck; aber die Neugierde lie"s ihr doch keine %S.416 Ruhe, da"s sie nach ein paar Tagen wieder zu fragen %S.416 anhub, wie es zugegangen w"are und wie er es angefangen %S.416 habe. Der Mann schwieg eine Zeitlang still dazu, endlich %S.416 aber machte sie ihn so "argerlich, da"s er herausplatzte und %S.416 das Geheimnis verriet. In dem Augenblick verschwand %S.416 das Schlo"s, und sie sa"sen wieder in der alten H"utte. %S.416 >>Nun hast du's<<, sagte der Mann, >>jetzt k"onnen wir %S.416 wieder am Hungertuch nagen.<< >>Ach<<, sprach die Frau, %S.416 >>ich will den Reichtum lieber nicht, wenn ich nicht wei"s, %S.416 von wem er kommt; sonst habe ich doch keine Ruhe.<< %S.416 Der Mann ging wieder fischen, und "uber eine Zeit, so %S.416 war's nicht anders, er holte den Goldfisch zum drittenmal %S.416 heraus. >>H"or<<, sprach der Fisch, >>ich sehe wohl, ich %S.416 soll immer wieder in deine H"ande fallen, nimm mich mit %S.416 nach Haus und zerschneid mich in sechs St"u"cke, zwei %S.416 davon gib deiner Frau zu essen, zwei deinem Pferd, und %S.416 zwei leg in die Erde, so wirst du Segen davon haben.<< %S.416 Der Mann nahm den Fisch mit nach Haus und tat, wie er %S.416 ihm gesagt hatte. Es geschah aber, da"s aus den zwei %S.416 St"u"cken, die in die Erde gelegt waren, zwei goldene %S.416 Lilien aufwuchsen und da"s das Pferd zwei goldene F"ullen %S.417 bekam und des Fischers Frau zwei Kinder gebar, die %S.417 ganz golden waren. %S.417 Die Kinder wuchsen heran, wurden gro"s und sch"on, und %S.417 die Lilien und Pferde wuchsen mit ihnen. Da sprachen %S.417 sie: >>Vater, wir wollen uns auf unsere goldenen Rosse %S.417 setzen und in die Welt ausziehen.<< Er aber antwortete %S.417 betr"ubt: >>Wie will ich's aushalten, wenn ihr fortzieht %S.417 und ich nicht wei"s, wie's euch geht?<< Da sagten sie: >>Die %S.417 zwei goldenen Lilien bleiben hier, daran k"onnt Ihr %S.417 sehen, wie's uns geht: sind sie frisch, so sind wir gesund; %S.417 sind sie welk, so sind wir krank; fallen sie um, so sind %S.417 wir tot.<< Sie ritten fort und kamen in ein Wirtshaus, %S.417 darin waren viele Leute, und als sie die zwei Goldkinder %S.417 erblickten, fingen sie an zu lachen und zu spotten. Wie %S.417 der eine das Gesp"ott h"orte, so sch"amte er sich, wollte %S.417 nicht in die Welt, kehrte um und kam wieder heim zu %S.417 seinem Vater. Der andere aber ritt fort und gelangte zu %S.417 einem gro"sen Wald. Und als er hineinreiten wollte, %S.417 sprachen die Leute: >>Es geht nicht, da"s Ihr durchreitet, %S.417 der Wald ist voll R"auber, die werden "ubel mit Euch %S.417 umgehen, und gar wenn sie sehen, da"s Ihr golden seid %S.417 und Euere Pferde auch, so werden sie Euch totschlagen.<< %S.417 Er aber lie"s sich nicht schre"cken und sprach: >>Ich mu"s %S.417 und soll hindurch.<< Da nahm er B"arenfelle und "uberzog %S.417 sich und sein Pferd damit, da"s nichts mehr vom Gold zu %S.417 sehen war, und ritt getrost in den Wald hinein. Als er ein %S.417 wenig fortgeritten war, so h"orte er es in den Geb"uschen %S.417 rauschen und vernahm Stimmen, die miteinander sprachen. %S.417 Von der einen Seite rief's: >>Da ist einer<<, von der %S.417 andern aber: >>La"s ihn laufen, das ist ein B"arenh"auter, %S.417 und arm und kahl wie eine Kirchenmaus, was sollen wir %S.417 mit ihm anfangen!<< So ritt das Goldkind gl"ucklich durch %S.417 den Wald und geschah ihm kein Leid. %S.417 Eines Tags kam er in ein Dorf, darin sah er ein M"adchen, %S.417 das war so sch"on, da"s er nicht glaubte, es k"onnte %S.417 ein sch"oneres auf der Welt sein. Und weil er eine so %S.418 gro"se Liebe zu ihm empfand, so ging er zu ihm und %S.418 sagte: >>Ich habe dich von ganzem Herzen lieb, willst du %S.418 meine Frau werden?<< Er gefiel aber auch dem M"adchen %S.418 so sehr, da"s es einwilligte und sprach: >>Ja, ich will deine %S.418 Frau werden und dir treu sein mein Lebelang.<< Nun %S.418 hielten sie Hochzeit zusammen, und als sie eben in der %S.418 gr"o"sten Freude waren, kam der Vater der Braut heim, %S.418 und als er sah, da"s seine Tochter Hochzeit machte, %S.418 verwunderte er sich und sprach: >>Wo ist der Br"autigam?<< %S.418 Sie zeigten ihm das Goldkind, das hatte aber noch %S.418 seine B"arenfelle um. Da sprach der Vater zornig: >>Nimmermehr %S.418 soll ein B"arenh"auter meine Tochter haben<<, %S.418 und wollte ihn ermorden. Da bat ihn die Braut, was sie %S.418 konnte, und sprach: >>Er ist einmal mein Mann, und ich %S.418 habe ihn von Herzen lieb<<, bis er sich endlich bes"anftigen %S.418 lie"s. Doch aber kam's ihm nicht aus den Gedanken, %S.418 so da"s er am andern Morgen fr"uh aufstand und seiner %S.418 Tochter Mann sehen wollte, ob er ein gemeiner und %S.418 verlumpter Bettler w"are. Wie er aber hinblickte, sah er %S.418 einen herrlichen, goldenen Mann im Bette, und die abgeworfenen %S.418 B"arenfelle lagen auf der Erde. Da ging er %S.418 zur"uck und dachte: >>Wie gut ist's, da"s ich meinen Zorn %S.418 b"andigte, ich h"atte eine gro"se Missetat begangen.<< %S.418 Dem Goldkind aber tr"aumte, er z"oge hinaus auf die Jagd %S.418 nach einem pr"achtigen Hirsch, und als er am Morgen %S.418 erwachte, sprach er zu seiner Braut: >>Ich will hinaus auf %S.418 die Jagd.<< Ihr war angst, und sie bat ihn dazubleiben und %S.418 sagte: >>Leicht kann dir ein gro"ses Ungl"uck begegnen<<, %S.418 aber er antwortete: >>Ich soll und mu"s fort.<< Da stand er %S.418 auf und zog hinaus in den Wald, und gar nicht lange, so %S.418 hielt auch ein stolzer Hirsch vor ihm, ganz nach seinem %S.418 Traume. Er legte an und wollte ihn schie"sen, aber der %S.418 Hirsch sprang fort. Da jagte er ihm nach, "uber Graben %S.418 und durch Geb"usche und ward nicht m"ude den ganzen %S.418 Tag; am Abend aber verschwand der Hirsch vor seinen %S.418 Augen. Und als das Goldkind sich umsah, so stand er %S.419 vor einem kleinen Haus, darin sa"s eine Hexe. Er klopfte %S.419 an, und ein M"utterchen kam heraus und fragte: >>Was %S.419 wollt Ihr so sp"at noch mitten in dem gro"sen Wald?<< Er %S.419 sprach: >>Habt Ihr keinen Hirsch gesehen?<< >>Ja<<, antwortete %S.419 sie, >>den Hirsch kenn ich wohl<<, und ein H"undlein, %S.419 das mit ihr aus dem Haus gekommen war, bellte %S.419 dabei den Mann heftig an. >>Willst du schweigen, du b"ose %S.419 Kr"ote<<, sprach er, >>sonst schie"s ich dich tot.<< Da rief die %S.419 Hexe zornig: >>Was, mein H"undchen willst du t"oten!<<, %S.419 und verwandelte ihn alsbald, da"s er dalag wie ein Stein, %S.419 und seine Braut erwartete ihn umsonst und dachte: >>Es %S.419 ist gewi"s eingetroffen, was mir so angst machte und so %S.419 schwer auf dem Herzen lag.<< %S.419 Daheim aber stand der andere Bruder bei den Goldlilien, %S.419 als pl"otzlich eine davon umfiel. >>Ach Gott<<, sprach er, %S.419 >>meinem Bruder ist ein gro"ses Ungl"uck zugesto"sen, ich %S.419 mu"s fort, ob ich ihn vielleicht errette.<< Da sagte der %S.419 Vater: >>Bleib hier, wenn ich auch dich verliere, was soll %S.419 ich anfangen?<< Er aber antwortete: >>Ich soll und mu"s %S.419 fort.<< Da setzte er sich auf sein goldenes Pferd und ritt %S.419 fort und kam in den gro"sen Wald, wo sein Bruder lag %S.419 und Stein war. Die alte Hexe kam aus ihrem Haus, rief %S.419 ihn an und wollte ihn auch ber"u"cken, aber er n"aherte sich %S.419 nicht, sondern sprach: >>Ich schie"se dich nieder, wenn du %S.419 meinen Bruder nicht wieder lebendig machst.<< Sie %S.419 r"uhrte, so ungerne sie's auch tat, den Stein mit dem %S.419 Finger an, und alsbald erhielt er sein menschliches Leben %S.419 zur"uck. Die beiden Goldkinder aber freuten sich, als sie %S.419 sich wiedersahen, k"u"sten und herzten sich und ritten %S.419 zusammen fort aus dem Wald, der eine zu seiner Braut, %S.419 der andere heim zu seinem Vater. Da sprach der Vater: %S.419 >>Ich wu"ste wohl, da"s du deinen Bruder erl"ost hattest, %S.419 denn die goldene Lilie ist auf einmal wieder aufgestanden %S.419 und hat fortgebl"uht.<< Nun lebten sie vergn"ugt, und es %S.419 ging ihnen wohl bis an ihr Ende. %S.419