% @book{bg_hr_khm_1857, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % editor = "Heinz R{\"{o}}lleke", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen", % publisher = "Philipp Reclam jun. GmbH {\&} Co.", % address = "Stuttgart, Germany", % year = "1995", % volume = "1", % series = "Universal-Bibliothek Nr. 3191", % isbn = "3-15-003191-5", % language = "German", % colophon = "BR{\"{U}}DER GRIMM % Kinder- und Hausm{\"{a}}rchen % AUSGABE LETZTER HAND % MIT DEN ORIGINALANMERKUNGEN % DER BR{\"{U}}DER GRIMM % MIT EINEM ANHANG % S{\"{A}}MTLICHER, NICHT IN ALLEN AUFLAGEN % VER{\"{O}}FFENTLICHTER M{\"{A}}RCHEN % UND HERKUNFTSNACHWEISEN HERAUSGEGEBEN % VON HEINZ R{\"{O}}LLEKE % PHILIPP RECLAM JUN. STUTTGART, 1980/1995" } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von H. Shouzaki, am 24. M"arz 2001 % und "uberpr"uft von Y. Nagata am 29. M"arz 2001 % \maerchentitel{KHM 58: Der Hund und der Sperling} \markright{KHM 58: Der Hund und der Sperling} Ein Sch"aferhund hatte keinen guten Herrn, sondern %S.301 einen, der ihn Hunger leiden lie"s. Wie er's nicht l"anger %S.301 bei ihm aushalten konnte, ging er ganz traurig fort. Auf %S.301 der Stra"se begegnete ihm ein Sperling, der sprach: >>Bruder %S.301 Hund, warum bist du so traurig?<< Antwortete der %S.301 Hund: >>Ich bin hungrig und habe nichts zu fressen.<< Da %S.301 sprach der Sperling: >>Lieber Bruder, komm mit in die %S.301 Stadt, so will ich dich satt machen.<< Also gingen sie %S.301 zusammen in die Stadt, und als sie vor einen Fleischerladen %S.301 kamen, sprach der Sperling zum Hunde: >>Da bleib %S.301 stehen, ich will dir ein St"uck Fleisch herunterpicken<<, %S.301 setzte sich auf den Laden, schaute sich um, ob ihn auch %S.301 niemand bemerkte, und pickte, zog und zerrte so lang an %S.301 einem St"uck, das am Rande lag, bis es herunterrutschte. %S.301 Da packte es der Hund, lief in eine Ecke und fra"s es auf. %S.301 Sprach der Sperling: >>Nun komm mit zu einem andern %S.301 Laden, da will ich dir noch ein St"uck herunterholen, %S.301 damit du satt wirst.<< Als der Hund auch das zweite St"uck %S.301 gefressen hatte, fragte der Sperling: >>Bruder Hund, bist %S.301 du nun satt?<< >>Ja, Fleisch bin ich satt<<, antwortete er, %S.301 >>aber ich habe noch kein Brot gekriegt.<< Sprach der %S.301 Sperling: >>Das sollst du auch haben, komm nur mit.<< Da %S.301 f"uhrte er ihn an einen B"ackerladen und pickte an ein paar %S.301 Br"otchen, bis sie herunterrollten, und als der Hund noch %S.301 mehr wollte, f"uhrte er ihn zu einem andern und holte %S.301 ihm noch einmal Brot herab. Wie das verzehrt war, %S.301 sprach der Sperling: >>Bruder Hund, bist du nun satt?<< %S.302 >>Ja<<, antwortete er, >>nun wollen wir ein bi"schen vor die %S.302 Stadt gehen.<< %S.302 Da gingen sie beide hinaus auf die Landstra"se. Es war %S.302 aber warmes Wetter, und als sie ein Eckchen gegangen %S.302 waren, sprach der Hund: >>Ich bin m"ude und m"ochte %S.302 gerne schlafen.<< >>Ja, schlaf nur<<, antwortete der Sperling, %S.302 >>ich will mich derweil auf einen Zweig setzen.<< Der %S.302 Hund legte sich also auf die Stra"se und schlief fest ein. %S.302 W"ahrend er da lag und schlief, kam ein Fuhrmann herangefahren, %S.302 der hatte einen Wagen mit drei Pferden und %S.302 hatte zwei F"asser Wein geladen. Der Sperling aber sah, %S.302 da"s er nicht ausbiegen wollte, sondern in der Fahrgleise %S.302 blieb, in welcher der Hund lag, da rief er: >>Fuhrmann %S.302 tu's nicht, oder ich mache dich arm.<< Der Fuhrmann %S.302 aber brummte vor sich: >>Du wirst mich nicht arm %S.302 machen<<, knallte mit der Peitsche und trieb den Wagen %S.302 "uber den Hund, da"s ihn die R"ader totfuhren. Da rief der %S.302 Sperling: >>Du hast mir meinen Bruder Hund totgefahren, %S.302 das soll dich Karre und Gaul kosten.<< >>Ja, Karre %S.302 und Gaul<<, sagte der Fuhrmann, >>was k"onntest du mir %S.302 schaden!<< Und fuhr weiter. Da kroch der Sperling unter %S.302 das Wagentuch und pickte an dem einen Spundloch so %S.302 lange, bis er den Spund losbrachte; da lief der ganze %S.302 Wein heraus, ohne da"s es der Fuhrmann merkte. Und als %S.302 er einmal hinter sich blickte, sah er, da"s der Wagen %S.302 tr"opfelte, untersuchte die F"asser und fand, da"s eins leer %S.302 war. >>Ach, ich armer Mann!<< rief er. >>Noch nicht arm %S.302 genug<<, sprach der Sperling und flog dem einen Pferd auf %S.302 den Kopf und pickte ihm die Augen aus. Als der Fuhrmann %S.302 das sah, zog er seine Hacke heraus und wollte den %S.302 Sperling treffen, aber der Sperling flog in die H"ohe, und %S.302 der Fuhrmann traf seinen Gaul auf den Kopf, da"s er tot %S.302 hinfiel. >>Ach, ich armer Mann!<< rief er. >>Noch nicht arm %S.302 genug<<, sprach der Sperling, und als der Fuhrmann mit %S.302 den zwei Pferden weiterfuhr, kroch der Sperling wieder %S.302 unter das Tuch und pickte den Spund auch am zweiten %S.303 Fa"s los, da"s aller Wein herausschwankte. Als es der %S.303 Fuhrmann gewahr wurde, rief er wieder: >>Ach, ich %S.303 armer Mann!<< Aber der Sperling antwortete: >>Noch %S.303 nicht arm genug<<, setzte sich dem zweiten Pferd auf den %S.303 Kopf und pickte ihm die Augen aus. Der Fuhrmann lief %S.303 herbei und holte mit seiner Hacke aus, aber der Sperling %S.303 flog in die H"ohe; da traf der Schlag das Pferd, da"s es %S.303 hinfiel. >>Ach, ich armer Mann!<< >>Noch nicht arm %S.303 genug<<, sprach der Sperling, setzte sich auch dem dritten %S.303 Pferd auf den Kopf und pickte ihm nach den Augen. Der %S.303 Fuhrmann schlug in seinem Zorn, ohne umzusehen, auf %S.303 den Sperling los, traf ihn aber nicht, sondern schlug auch %S.303 sein drittes Pferd tot. >>Ach, ich armer Mann!<< rief er. %S.303 >>Noch nicht arm genug<<, antwortete der Sperling, >>jetzt %S.303 will ich dich daheim arm machen<<, und flog fort. %S.303 Der Fuhrmann mu"ste den Wagen stehen lassen und ging %S.303 voll Zorn und "Arger heim. >>Ach<<, sprach er zu seiner %S.303 Frau, >>was hab ich Ungl"uck gehabt! Der Wein ist ausgelaufen, %S.303 und die Pferde sind alle drei tot.<< >>Ach, Mann<<, %S.303 antwortete sie, >>was f"ur ein b"oser Vogel ist ins Haus %S.303 gekommen! Er hat alle V"ogel auf der Welt zusammengebracht, %S.303 und die sind droben "uber unsern Weizen hergefallen %S.303 und fressen ihn auf.<< Da stieg er hinauf, und %S.303 tausend und tausend V"ogel sa"sen auf dem Boden und %S.303 hatten den Weizen aufgefressen, und der Sperling sa"s %S.303 mitten darunter. Da rief der Fuhrmann: >>Ach, ich armer %S.303 Mann!<< >>Noch nicht arm genug<<, antwortete der Sperling, %S.303 >>Fuhrmann, es kostet dir noch dein Leben<<, und %S.303 flog hinaus. %S.303 Da hatte der Fuhrmann all sein Gut verloren, ging hinab %S.303 in die Stube, setzte sich hinter den Ofen, und zwar ganz %S.303 b"os und giftig. Der Sperling aber sa"s drau"sen vor dem %S.303 Fenster und rief: >>Fuhrmann, es kostet dir dein Leben.<< %S.303 Da griff der Fuhrmann die Hacke und warf sie nach dem %S.303 Sperling; aber er schlug nur die Fensterscheiben entzwei %S.303 und traf den Vogel nicht. Der Sperling h"upfte nun herein, %S.304 setzte sich auf den Ofen und rief: >>Fuhrmann, es %S.304 kostet dir dein Leben.<< Dieser, ganz toll und blind vor %S.304 Wut, schl"agt den Ofen entzwei, und so fort, wie der %S.304 Sperling von einem Ort zum andern fliegt, sein ganzes %S.304 Hausger"at, Spieglein, B"anke, Tisch und zuletzt die %S.304 W"ande seines Hauses, und kann ihn nicht treffen. Endlich %S.304 aber erwischte er ihn doch mit der Hand. Da sprach %S.304 seine Frau: >>Soll ich ihn totschlagen?<< >>Nein<<, rief er, %S.304 >>das w"are zu gelind, der soll viel m"orderlicher sterben, %S.304 ich will ihn verschlingen<<, und nimmt ihn und verschlingt %S.304 ihn auf einmal. Der Sperling aber f"angt an, in %S.304 seinem Leibe zu flattern, flattert wieder herauf, dem %S.304 Mann in den Mund; da streckte er den Kopf heraus und %S.304 ruft: >>Fuhrmann, es kostet dir doch dein Leben.<< Der %S.304 Fuhrmann reicht seiner Frau die Hacke und spricht: %S.304 >>Frau, schlag mir den Vogel im Munde tot.<< Die Frau %S.304 schl"agt zu, schl"agt aber fehl und schl"agt dem Fuhrmann %S.304 gerade auf den Kopf, so da"s er tot hinf"allt. Der Sperling %S.304 aber fliegt auf und davon. %S.304