% @book{bg_hr_khm_1857, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % editor = "Heinz R{\"{o}}lleke", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen", % publisher = "Philipp Reclam jun. GmbH {\&} Co.", % address = "Stuttgart, Germany", % year = "1995", % volume = "1", % series = "Universal-Bibliothek Nr. 3191", % isbn = "3-15-003191-5", % language = "German", % colophon = "BR{\"{U}}DER GRIMM % Kinder- und Hausm{\"{a}}rchen % AUSGABE LETZTER HAND % MIT DEN ORIGINALANMERKUNGEN % DER BR{\"{U}}DER GRIMM % MIT EINEM ANHANG % S{\"{A}}MTLICHER, NICHT IN ALLEN AUFLAGEN % VER{\"{O}}FFENTLICHTER M{\"{A}}RCHEN % UND HERKUNFTSNACHWEISEN HERAUSGEGEBEN % VON HEINZ R{\"{O}}LLEKE % PHILIPP RECLAM JUN. STUTTGART, 1980/1995" } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von H. Shouzaki, am 24. M"arz 2001 % und "uberpr"uft von Y. Nagata am 29. M"arz 2001 % % ck version (input e.g. Dru"cker instead of Drucker) % \maerchentitel{KHM 56: Der Liebste Roland} \markright{KHM 56: Der Liebste Roland} Es war einmal eine Frau, die war eine rechte Hexe und %S.288 hatte zwei T"ochter, eine h"a"slich und b"ose, und die liebte %S.288 sie, weil sie ihre rechte Tochter war, und eine sch"on und %S.288 gut, die ha"ste sie, weil sie ihre Stieftochter war. Zu einer %S.288 Zeit hatte die Stieftochter eine sch"one Sch"urze, die der %S.288 andern gefiel, so da"s sie neidisch war und ihrer Mutter %S.288 sagte, sie wollte und m"u"ste die Sch"urze haben. >>Sei still, %S.288 mein Kind<<, sprach die Alte, >>du sollst sie auch haben. %S.288 Deine Stiefschwester hat l"angst den Tod verdient, heute %S.288 nacht, wenn sie schl"aft, so komm ich und haue ihr den %S.288 Kopf ab. Sorge nur, da"s du hinten ins Bett zu liegen %S.288 kommst, und schieb sie recht vornen hin.<< Um das arme %S.288 M"adchen war es geschehen, wenn es nicht gerade in einer %S.288 E"cke gestanden und alles mit angeh"ort h"atte. Es durfte %S.288 den ganzen Tag nicht zur T"ure hinaus, und als Schlafenszeit %S.288 gekommen war, mu"ste es zuerst ins Bett steigen, %S.288 damit sie sich hinten hinlegen konnte; als sie aber eingeschlafen %S.288 war, da schob es sie sachte vornen hin und nahm %S.288 den Platz hinten an der Wand. In der Nacht kam die Alte %S.288 geschlichen, in der rechten Hand hielt sie eine Axt, mit %S.288 der linken f"uhlte sie erst, ob auch jemand vornen lag, und %S.288 dann fa"ste sie die Axt mit beiden H"anden, hieb und hieb %S.289 ihrem eigenen Kinde den Kopf ab. %S.289 Als sie fortgegangen war, stand das M"adchen auf und %S.289 ging zu seinem Liebsten, der Roland hie"s, und klopfte an %S.289 seine T"ure. Als er herauskam, sprach sie zu ihm: >>H"ore, %S.289 liebster Roland, wir m"ussen eilig fl"uchten, die Stiefmutter %S.289 hat mich totschlagen wollen, hat aber ihr eigenes %S.289 Kind getroffen. Kommt der Tag und sie sieht, was sie %S.289 getan hat, so sind wir verloren.<< >>Aber ich rate dir<<, %S.289 sagte Roland, >>da"s du erst ihren Zauberstab wegnimmst, %S.289 sonst k"onnen wir uns nicht retten, wenn sie uns nachsetzt %S.289 und verfolgt.<< Das M"adchen holte den Zauberstab, %S.289 und dann nahm es den toten Kopf und tr"opfelte drei %S.289 Blutstropfen auf die Erde, einen vors Bett, einen in die %S.289 K"uche und einen auf die Treppe. Darauf eilte es mit %S.289 seinem Liebsten fort. %S.289 Als nun am Morgen die alte Hexe aufgestanden war, rief %S.289 sie ihrer Tochter und wollte ihr die Sch"urze geben, aber %S.289 sie kam nicht. Da rief sie: >>Wo bist du?<< >>Ei, hier auf der %S.289 Treppe, da kehr ich<<, antwortete der eine Blutstropfen. %S.289 Die Alte ging hinaus, sah aber niemand auf der Treppe %S.289 und rief abermals: >>Wo bist du?<< >>Ei, hier in der K"uche, %S.289 da w"arm ich mich<<, rief der zweite Blutstropfen. Sie ging %S.289 in die K"uche, aber sie fand niemand. Da rief sie noch %S.289 einmal: >>Wo bist du?<< >>Ach, hier im Bette, da schlaf %S.289 ich<<, rief der dritte Blutstropfen. Sie ging in die Kammer %S.289 ans Bett. Was sah sie da? Ihr eigenes Kind, das in seinem %S.289 Blute schwamm und dem sie selbst den Kopf abgehauen %S.289 hatte. %S.289 Die Hexe geriet in Wut, sprang ans Fenster, und da sie %S.289 weit in die Welt schauen konnte, erblickte sie ihre Stieftochter, %S.289 die mit ihrem Liebsten Roland forteilte. >>Das %S.289 soll euch nichts helfen<<, rief sie, >>wenn ihr auch schon %S.289 weit weg seid, ihr entflieht mir doch nicht.<< Sie zog ihre %S.289 Meilenstiefeln an, in welchem sie mit jedem Schritt eine %S.289 Stunde machte, und es dauerte nicht lange, so hatte sie %S.289 beide eingeholt. Das M"adchen aber, wie es die Alte %S.290 daherschreiten sah, verwandelte mit dem Zauberstab seinen %S.290 Liebsten Roland in einen See, sich selbst aber in eine %S.290 Ente, die mitten auf dem See schwamm. Die Hexe stellte %S.290 sich ans Ufer, warf Brotbro"cken hinein und gab sich alle %S.290 M"uhe, die Ente herbeizulo"cken; aber die Ente lie"s sich %S.290 nicht lo"cken, und die Alte mu"ste abends unverrichteter %S.290 Sache wieder umkehren. Darauf nahm das M"adchen mit %S.290 seinem Liebsten Roland wieder die nat"urliche Gestalt an, %S.290 und sie gingen die ganze Nacht weiter bis zu Tagesanbruch. %S.290 Da verwandelte sich das M"adchen in eine sch"one %S.290 Blume, die mitten in einer Dornhe"cke stand, seinen %S.290 Liebsten Roland aber in einen Geigenspieler. Nicht %S.290 lange, so kam die Hexe herangeschritten und sprach zu %S.290 dem Spielmann: >>Lieber Spielmann, darf ich mir wohl %S.290 die sch"one Blume abbrechen?<< >>O ja<<, antwortete er, %S.290 >>ich will dazu aufspielen.<< Als sie nun mit Hast in die %S.290 He"cke kroch und die Blume brechen wollte, denn sie %S.290 wu"ste wohl, wer die Blume war, so fing er an aufzuspielen, %S.290 und, sie mochte wollen oder nicht, sie mu"ste tanzen, %S.290 denn es war ein Zaubertanz. Je schneller er spielte, desto %S.290 gewaltigere Spr"unge mu"ste sie machen, und die Dornen %S.290 rissen ihr die Kleider vom Leibe, stachen sie blutig und %S.290 wund, und da er nicht aufh"orte, mu"ste sie so lange %S.290 tanzen, bis sie tot liegenblieb. %S.290 Als sie nun erl"ost waren, sprach Roland: >>Nun will ich %S.290 zu meinem Vater gehen und die Hochzeit bestellen.<< >>So %S.290 will ich derweil hier bleiben<<, sagte das M"adchen, >>und %S.290 auf dich warten, und damit mich niemand erkennt, will %S.290 ich mich in einen roten Feldstein verwandeln.<< Da ging %S.290 Roland fort, und das M"adchen stand als ein roter Stein %S.290 auf dem Felde und wartete auf seinen Liebsten. Als aber %S.290 Roland heimkam, geriet er in die Fallstri"cke einer %S.290 andern, die es dahin brachte, da"s er das M"adchen verga"s. %S.290 Das arme M"adchen stand lange Zeit, als er aber endlich %S.290 gar nicht wiederkam, so ward es traurig und verwandelte %S.290 sich in eine Blume und dachte: >>Es wird ja wohl einer %S.291 dahergehen und mich umtreten.<< %S.291 Es trug sich aber zu, da"s ein Sch"afer auf dem Felde seine %S.291 Schafe h"utete und die Blume sah, und weil sie so sch"on %S.291 war, so brach er sie ab, nahm sie mit sich und legte sie in %S.291 seinen Kasten. Von der Zeit ging es wunderlich in des %S.291 Sch"afers Hause zu. Wenn er morgens aufstand, so war %S.291 schon alle Arbeit getan: die Stube war gekehrt, Tisch und %S.291 B"anke abgeputzt, Feuer auf den Herd gemacht und %S.291 Wasser getragen; und mittags, wenn er heimkam, war %S.291 der Tisch gedeckt und ein gutes Essen aufgetragen. Er %S.291 konnte nicht begreifen, wie das zuging, denn er sah %S.291 niemals einen Menschen in seinem Haus, und es konnte %S.291 sich auch niemand in der kleinen H"utte versteckt haben. %S.291 Die gute Aufwartung gefiel ihm freilich, aber zuletzt %S.291 ward ihm doch angst, so da"s er zu einer weisen Frau ging %S.291 und sie um Rat fragte. Die weise Frau sprach: >>Es steckt %S.291 Zauberei dahinter; gib einmal morgens in aller Fr"uhe %S.291 acht, ob sich etwas in der Stube regt, und wenn du etwas %S.291 siehst, es mag sein, was es will, so wirf schnell ein wei"ses %S.291 Tuch dar"uber, dann wird der Zauber gehemmt.<< Der %S.291 Sch"afer tat, wie sie gesagt hatte, und am andern Morgen, %S.291 eben als der Tag anbrach, sah er, wie sich der Kasten %S.291 auftat und die Blume herauskam. Schnell sprang er hinzu %S.291 und warf ein wei"ses Tuch dar"uber. Alsbald war die %S.291 Verwandlung vorbei, und ein sch"ones M"adchen stand %S.291 vor ihm, das bekannte ihm, da"s es die Blume gewesen %S.291 w"are und seinen Haushalt bisher besorgt h"atte. Es %S.291 erz"ahlte ihm sein Schicksal, und weil es ihm gefiel, fragte %S.291 er, ob es ihn heiraten wollte, aber es antwortete: >>Nein<<, %S.291 denn es wollte seinem Liebsten Roland, obgleich er es %S.291 verlassen hatte, doch treu bleiben; aber es versprach, da"s %S.291 es nicht weggehen, sondern ihm fernerhin haushalten %S.291 wollte. %S.291 Nun kam die Zeit heran, da"s Roland Hochzeit halten %S.291 sollte; da ward nach altem Brauch im Lande bekanntgemacht, %S.291 da"s alle M"adchen sich einfinden und zu Ehren %S.292 des Brautpaars singen sollten. Das treue M"adchen, als es %S.292 davon h"orte, ward so traurig, da"s es meinte, das Herz im %S.292 Leib w"urde ihm zerspringen, und wollte nicht hingehen, %S.292 aber die andern kamen und holten es herbei. Wenn aber %S.292 die Reihe kam, da"s es singen sollte, so trat es zur"uck, bis %S.292 es allein noch "ubrig war, da konnte es nicht anders. Aber %S.292 wie es seinen Gesang anfing und er zu Rolands Ohren %S.292 kam, so sprang er auf und rief: >>Die Stimme kenne ich, %S.292 das ist die rechte Braut, eine andere begehr ich nicht.<< %S.292 Alles, was er vergessen hatte und ihm aus dem Sinn %S.292 verschwunden war, das war pl"otzlich in sein Herz wieder %S.292 heimgekommen. Da hielt das treue M"adchen Hochzeit %S.292 mit seinem Liebsten Roland und war sein Leid zu %S.292 Ende und fing seine Freude an. %S.292