% @book{bg_hr_khm_1857, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % editor = "Heinz R{\"{o}}lleke", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen", % publisher = "Philipp Reclam jun. GmbH {\&} Co.", % address = "Stuttgart, Germany", % year = "1995", % volume = "1", % series = "Universal-Bibliothek Nr. 3191", % isbn = "3-15-003191-5", % language = "German", % colophon = "BR{\"{U}}DER GRIMM % Kinder- und Hausm{\"{a}}rchen % AUSGABE LETZTER HAND % MIT DEN ORIGINALANMERKUNGEN % DER BR{\"{U}}DER GRIMM % MIT EINEM ANHANG % S{\"{A}}MTLICHER, NICHT IN ALLEN AUFLAGEN % VER{\"{O}}FFENTLICHTER M{\"{A}}RCHEN % UND HERKUNFTSNACHWEISEN HERAUSGEGEBEN % VON HEINZ R{\"{O}}LLEKE % PHILIPP RECLAM JUN. STUTTGART, 1980/1995" } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von A. Katsumoto, am 09. Februar 2001 % und "uberpr"uft von Y. Nagata am 28. M"arz 2001 % % ck version (input e.g. Dru"cker instead of Drucker) % \maerchentitel{KHM 46: Fitchers Vogel} \markright{KHM 46: Fitchers Vogel} Es war einmal ein Hexenmeister, der nahm die Gestalt %S.235 eines armen Mannes an, ging vor die H"auser und bettelte %S.235 und fing die sch"onen M"adchen. Kein Mensch wu"ste, wo %S.235 er sie hinbrachte, denn sie kamen nie wieder zum Vorschein. %S.235 Eines Tages erschien er vor der T"ure eines Mannes, %S.235 der drei sch"one T"ochter hatte, sah aus wie ein armer %S.235 schwacher Bettler und trug eine K"otze auf dem R"u"cken, %S.236 als wollte er milde Gaben darin sammeln. Er bat um ein %S.236 bi"schen Essen, und als die "alteste herauskam und ihm ein %S.236 St"uck Brot reichen wollte, r"uhrte er sie nur an, und sie %S.236 mu"ste in seine K"otze springen. Darauf eilte er mit starken %S.236 Schritten fort und trug sie in einen finstern Wald zu %S.236 seinem Haus, das mitten darin stand. In dem Haus war %S.236 alles pr"achtig; er gab ihr, was sie nur w"unschte, und %S.236 sprach: >>Mein Schatz, es wird dir wohlgefallen bei mir, %S.236 du hast alles, was dein Herz begehrt.<< Das dauerte ein %S.236 paar Tage, da sagte er: >>Ich mu"s fortreisen und dich eine %S.236 kurze Zeit allein lassen, da sind die Hausschl"ussel, du %S.236 kannst "uberall hingehen und alles betrachten, nur nicht %S.236 in eine Stube, die dieser kleine Schl"ussel da aufschlie"st, %S.236 das verbiet ich dir bei Lebensstrafe.<< Auch gab er ihr ein %S.236 Ei und sprach: >>Das Ei verwahre mir sorgf"altig und trag %S.236 es lieber best"andig bei dir, denn ginge es verloren, so %S.236 w"urde ein gro"ses Ungl"uck daraus entstehen.<< Sie nahm %S.236 die Schl"ussel und das Ei und versprach alles wohl auszurichten. %S.236 Als er fort war, ging sie in dem Haus herum von %S.236 unten bis oben und besah alles, die Stuben gl"anzten von %S.236 Silber und Gold, und sie meinte, sie h"atte nie so gro"se %S.236 Pracht gesehen. Endlich kam sie auch zu der verbotenen %S.236 T"ur, sie wollte vor"ubergehen, aber die Neugierde lie"s ihr %S.236 keine Ruhe. Sie besah den Schl"ussel, er sah aus wie ein %S.236 anderer, sie steckte ihn ein und drehte ein wenig, da %S.236 sprang die T"ure auf. Aber was erblickte sie, als sie %S.236 hineintrat? Ein gro"ses blutiges Be"cken stand in der %S.236 Mitte, und darin lagen tote, zerhauene Menschen, daneben %S.236 stand ein Holzblock, und ein blinkendes Beil lag %S.236 darauf. Sie erschrak so sehr, da"s das Ei, das sie in der %S.236 Hand hielt, hineinplumpte. Sie holte es wieder heraus %S.236 und wischte das Blut ab, aber vergeblich, es kam den %S.236 Augenblick wieder zum Vorschein; sie wischte und %S.236 schabte, aber sie konnte es nicht herunterkriegen. %S.236 Nicht lange, so kam der Mann von der Reise zur"uck, und %S.236 das erste, was er forderte, war der Schl"ussel und das Ei. %S.237 Sie reichte es ihm hin, aber sie zitterte dabei, und er sah %S.237 gleich an den roten Fle"cken, da"s sie in der Blutkammer %S.237 gewesen war. >>Bist du gegen meinen Willen in die Kammer %S.237 gegangen<<, sprach er, >>so sollst du gegen deinen %S.237 Willen wieder hinein. Dein Leben ist zu Ende.<< Er warf %S.237 sie nieder, schleifte sie an den Haaren hin, schlug ihr das %S.237 Haupt auf dem Blo"cke ab und zerhackte sie, da"s ihr Blut %S.237 auf dem Boden dahinflo"s. Dann warf er sie zu den %S.237 "ubrigen ins Be"cken. %S.237 >>Jetzt will ich mir die zweite holen<<, sprach der Hexenmeister, %S.237 ging wieder in Gestalt eines armen Mannes vor %S.237 das Haus und bettelte. Da brachte ihm die zweite ein %S.237 St"uck Brot, er fing sie wie die erste durch blo"ses Anr"uhren %S.237 und trug sie fort. Es erging ihr nicht besser als ihrer %S.237 Schwester, sie lie"s sich von ihrer Neugierde verleiten, %S.237 "offnete die Blutkammer und schaute hinein und mu"ste es %S.237 bei seiner R"uckkehr mit dem Leben b"u"sen. Er ging nun %S.237 und holte die dritte, die aber war klug und listig. Als er %S.237 ihr die Schl"ussel und das Ei gegeben hatte und fortgereist %S.237 war, verwahrte sie das Ei erst sorgf"altig, dann besah sie %S.237 das Haus und ging zuletzt in die verbotene Kammer. %S.237 Ach, was erblickte sie! Ihre beiden lieben Schwestern %S.237 lagen da in dem Be"cken j"ammerlich ermordet und zerhackt. %S.237 Aber sie hub an und suchte die Glieder zusammen %S.237 und legte sie zurecht, Kopf, Leib, Arm und Beine. Und %S.237 als nichts mehr fehlte, da fingen die Glieder an, sich zu %S.237 regen, und schlossen sich aneinander, und beide M"adchen %S.237 "offneten die Augen und waren wieder lebendig. Da %S.237 freuten sie sich, k"u"sten und herzten einander. Der Mann %S.237 forderte bei seiner Ankunft gleich Schl"ussel und Ei, und %S.237 als er keine Spur von Blut daran entde"cken konnte, %S.237 sprach er: >>Du hast die Probe bestanden, du sollst meine %S.237 Braut sein.<< Er hatte jetzt keine Macht mehr "uber sie und %S.237 mu"ste tun, was sie verlangte. >>Wohlan<<, antwortete sie, %S.237 >>du sollst vorher einen Korb voll Gold meinem Vater %S.237 und meiner Mutter bringen und es selbst auf deinem %S.238 R"u"cken hintragen; derweil will ich die Hochzeit bestellen.<< %S.238 Dann lief sie zu ihren Schwestern, die sie in einem %S.238 K"ammerlein versteckt hatte, und sagte: >>Der Augenblick %S.238 ist da, wo ich euch retten kann: der B"osewicht soll euch %S.238 selbst wieder heimtragen; aber sobald ihr zu Hause seid, %S.238 sendet mir Hilfe.<< Sie setzte beide in einen Korb und %S.238 deckte sie mit Gold ganz zu, da"s nichts von ihnen zu %S.238 sehen war, dann rief sie den Hexenmeister herein und %S.238 sprach: >>Nun trag den Korb fort, aber da"s du mir %S.238 unterwegs nicht stehenbleibst und ruhest, ich schaue %S.238 durch mein Fensterlein und habe acht.<< %S.238 Der Hexenmeister hob den Korb auf seinen R"u"cken und %S.238 ging damit fort, er dr"uckte ihn aber so schwer, da"s ihm %S.238 der Schwei"s "uber das Angesicht lief. Da setzte er sich %S.238 nieder und wollte ein wenig ruhen, aber gleich rief eine %S.238 im Korbe: >>Ich schaue durch mein Fensterlein und sehe, %S.238 da"s du ruhst, willst du gleich weiter.<< Er meinte, die %S.238 Braut rief ihm das zu, und machte sich wieder auf. %S.238 Nochmals wollte er sich setzen, aber es rief gleich: >>Ich %S.238 schaue durch mein Fensterlein und sehe, da"s du ruhst, %S.238 willst du gleich weiter.<< Und sooft er stillstand, rief es, %S.238 und da mu"ste er fort, bis er endlich st"ohnend und au"ser %S.238 Atem den Korb mit dem Gold und den beiden M"adchen %S.238 in ihrer Eltern Haus brachte. %S.238 Daheim aber ordnete die Braut das Hochzeitfest an und %S.238 lie"s die Freunde des Hexenmeisters dazu einladen. Dann %S.238 nahm sie einen Totenkopf mit grinsenden Z"ahnen, setzte %S.238 ihm einen Schmuck auf und einen Blumenkranz, trug ihn %S.238 oben vors Bodenloch und lie"s ihn da hinausschauen. Als %S.238 alles bereit war, steckte sie sich in ein Fa"s mit Honig, %S.238 schnitt das Bett auf und w"alzte sich darin, da"s sie aussah %S.238 wie ein wunderlicher Vogel und kein Mensch sie erkennen %S.238 konnte. Da ging sie zum Haus hinaus, und unterwegs %S.238 begegnete ihr ein Teil der Hochzeitsg"aste, die %S.238 fragten: %S.238 \begin{verse} >>Du Fitchers Vogel, wo kommst du her?<< \\ %S.239 \hspace{1em} >>Ich komme von Fitze Fitchers Hause her.<< \\ %S.239 >>Was macht denn da die junge Braut?<< \\ %S.239 \hspace{1em} >>Hat gekehrt von unten bis oben das Haus \\ %S.239 und guckt zum Bodenloch heraus.<< %S.239 \end{verse} Endlich begegnete ihr der Br"autigam, der langsam %S.239 zur"uckwanderte. Er fragte wie die andern: %S.239 \begin{verse} >>Du Fitchers Vogel, wo kommst du her?<< \\ %S.239 \hspace{1em} >>Ich komme von Fitze Fitchers Hause her.<< \\ %S.239 >>Was macht denn da meine junge Braut?<< \\ %S.239 \hspace{1em} >>Hat gekehrt von unten bis oben das Haus \\ %S.239 und guckt zum Bodenloch heraus.<< %S.239 \end{verse} Der Br"autigam schaute hinauf und sah den geputzten %S.239 Totenkopf, da meinte er, es w"are seine Braut, und nickte %S.239 ihr zu und gr"u"ste sie freundlich. Wie er aber samt seinen %S.239 G"asten ins Haus gegangen war, da langten die Br"uder %S.239 und Verwandte der Braut an, die zu ihrer Rettung gesendet %S.239 waren. Sie schlossen alle T"uren des Hauses zu, da"s %S.239 niemand entfliehen konnte, und steckten es an, also da"s %S.239 der Hexenmeister mitsamt seinem Gesindel verbrennen %S.239 mu"ste. %S.239