% @book{bg_hr_khm_1857, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % editor = "Heinz R{\"{o}}lleke", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen", % publisher = "Philipp Reclam jun. GmbH {\&} Co.", % address = "Stuttgart, Germany", % year = "1995", % volume = "1", % series = "Universal-Bibliothek Nr. 3191", % isbn = "3-15-003191-5", % language = "German", % colophon = "BR{\"{U}}DER GRIMM % Kinder- und Hausm{\"{a}}rchen % AUSGABE LETZTER HAND % MIT DEN ORIGINALANMERKUNGEN % DER BR{\"{U}}DER GRIMM % MIT EINEM ANHANG % S{\"{A}}MTLICHER, NICHT IN ALLEN AUFLAGEN % VER{\"{O}}FFENTLICHTER M{\"{A}}RCHEN % UND HERKUNFTSNACHWEISEN HERAUSGEGEBEN % VON HEINZ R{\"{O}}LLEKE % PHILIPP RECLAM JUN. STUTTGART, 1980/1995" } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von Y. Nagata, am 07. Januar 2001 % % ck version (input e.g. Dru"cker instead of Drucker) % \maerchentitel{KHM 36: Tischchendeckdich, Goldesel und Kn"uppel aus dem Sack} \markright{KHM 36: Tischchendeckdich, Goldesel und Kn"uppel \dots} Vorzeiten war ein Schneider, der drei S"ohne hatte und %S.195 nur eine einzige Ziege. Aber die Ziege, weil sie alle %S.195 zusammen mit ihrer Milch ern"ahrte, mu"ste ihr gutes %S.195 Futter haben und t"aglich hinaus auf die Weide gef"uhrt %S.195 werden. Die S"ohne taten das auch nach der Reihe. Einmal %S.195 brachte sie der "alteste auf den Kirchhof, wo die %S.195 sch"onsten Kr"auter standen, lie"s sie da fressen und herumspringen. %S.195 Abends, als es Zeit war heimzugehen, %S.195 fragte er: >>Ziege, bist du satt?<< Die Ziege antwortete: %S.195 \begin{verse} >>Ich bin so satt, \\ %S.195 ich mag kein Blatt: meh! meh!<< %S.195 \end{verse} >>So komm nach Haus<<, sprach der Junge, fa"ste sie am %S.195 Strickchen, f"uhrte sie in den Stall und band sie fest. %S.195 >>Nun<<, sagte der alte Schneider, >>hat die Ziege ihr %S.195 geh"origes Futter?<< >>Oh<<, antwortete der Sohn, >>die ist %S.195 so satt, sie mag kein Blatt.<< Der Vater aber wollte sich %S.195 selbst "uberzeugen, ging hinab in den Stall, streichelte das %S.195 liebe Tier und fragte: >>Ziege, bist du auch satt?<< Die %S.195 Ziege antwortete: %S.195 \begin{verse} >>Wovon sollt ich satt sein? \\ %S.195 Ich sprang nur "uber Gr"abelein \\ %S.195 und fand kein einzig Bl"attelein: meh! meh!<< %S.195 \end{verse} >>Was mu"s ich h"oren!<< rief der Schneider, lief hinauf und %S.195 sprach zu dem Jungen: >>Ei, du L"ugner, sagst, die Ziege %S.195 w"are satt, und hast sie hungern lassen?<< Und in seinem %S.195 Zorne nahm er die Elle von der Wand und jagte ihn mit %S.195 Schl"agen hinaus. %S.195 Am andern Tag war die Reihe am zweiten Sohn, der %S.196 suchte an der Gartenhe"cke einen Platz aus, wo lauter %S.196 gute Kr"auter standen, und die Ziege fra"s sie rein ab. %S.196 Abends, als er heim wollte, fragte er: >>Ziege, bist du %S.196 satt?<< Die Ziege antwortete: %S.196 \begin{verse} >>Ich bin so satt, \\ %S.196 ich mag kein Blatt: meh! meh!<< %S.196 \end{verse} >>So komm nach Haus<<, sprach der Junge, zog sie heim %S.196 und band sie im Stalle fest. >>Nun<<, sagte der alte Schneider, %S.196 >>hat die Ziege ihr geh"origes Futter?<< >>Oh<<, antwortete %S.196 der Sohn, >>die ist so satt, sie mag kein Blatt.<< Der %S.196 Schneider wollte sich darauf nicht verlassen, ging hinab %S.196 in den Stall und fragte: >>Ziege, bist du auch satt?<< Die %S.196 Ziege antwortete: %S.196 \begin{verse} >>Wovon sollt ich satt sein? \\ %S.196 Ich sprang nur "uber Gr"abelein \\ %S.196 und fand kein einzig Bl"attelein: meh! meh!<< %S.196 \end{verse} >>Der gottlose B"osewicht!<< schrie der Schneider. >>So ein %S.196 frommes Tier hungern zu lassen!<< Lief hinauf und schlug %S.196 mit der Elle den Jungen zur Haust"ure hinaus. %S.196 Die Reihe kam jetzt an den dritten Sohn, der wollte seine %S.196 Sache gut machen, suchte Buschwerk mit dem sch"onsten %S.196 Laube aus und lie"s die Ziege daran fressen. Abends, als %S.196 er heim wollte, fragte er: >>Ziege, bist du auch satt?<< Die %S.196 Ziege antwortete: %S.196 \begin{verse} >>Ich bin so satt, \\ %S.196 ich mag kein Blatt: meh! meh!<< %S.196 \end{verse} >>So komm nach Haus<<, sagte der Junge, f"uhrte sie in den %S.196 Stall und band sie fest. >>Nun<<, sagte der alte Schneider, %S.196 >>hat die Ziege ihr geh"origes Futter?<< >>Oh<<, antwortete %S.196 der Sohn, >>die ist so satt, sie mag kein Blatt.<< Der %S.196 Schneider traute nicht, ging hinab und fragte: >>Ziege, %S.196 bist du auch satt?<< Das boshafte Tier antwortete: %S.196 \begin{verse} >>Wovon sollt ich satt sein? \\ %S.196 Ich sprang nur "uber Gr"abelein \\ %S.196 und fand kein einzig Bl"att[e]lein: meh! meh!<< %S.196 \end{verse} >>O die L"ugenbrut!<< rief der Schneider. >>Einer so gottlos %S.197 und pflichtvergessen wie der andere! Ihr sollt mich nicht %S.197 l"anger zum Narren haben!<< Und vor Zorn ganz au"ser %S.197 sich, sprang er hinauf und gerbte dem armen Jungen mit %S.197 der Elle den R"u"cken so gewaltig, da"s er zum Haus %S.197 hinaussprang. %S.197 Der alte Schneider war nun mit seiner Ziege allein. Am %S.197 andern Morgen ging er hinab in den Stall, liebkoste die %S.197 Ziege und sprach: >>Komm, mein liebes Tierlein, ich will %S.197 dich selbst zur Weide f"uhren.<< Er nahm sie am Strick %S.197 und brachte sie zu gr"unen He"cken und unter Schafrippe %S.197 und was sonst die Ziegen gerne fressen. >>Da kannst du %S.197 dich einmal nach Herzenslust s"attigen<<, sprach er zu ihr %S.197 und lie"s sie weiden bis zum Abend. Da fragte er: >>Ziege, %S.197 bist du satt?<< Sie antwortete: %S.197 \begin{verse} >>Ich bin so satt, \\ %S.197 ich mag kein Blatt: meh! meh!<< %S.197 \end{verse} >>So komm nach Haus<<, sagte der Schneider, f"uhrte sie in %S.197 den Stall und band sie fest. Als er wegging, kehrte er sich %S.197 noch einmal um und sagte: >>Nun bist du doch einmal %S.197 satt!<< Aber die Ziege machte es ihm nicht besser und rief: %S.197 \begin{verse} >>Wie sollt ich satt sein? \\ %S.197 Ich sprang nur "uber Gr"abelein, \\ %S.197 und fand kein einzig Bl"att[e]lein: meh! meh!<< %S.197 \end{verse} Als der Schneider das h"orte, stutzte er und sah wohl, da"s %S.197 er seine drei S"ohne ohne Ursache versto"sen hatte. %S.197 >>Wart<<, rief er, >>du undankbares Gesch"opf, dich fortzujagen %S.197 ist noch zu wenig, ich will dich zeichnen, da"s du %S.197 dich unter ehrbaren Schneidern nicht mehr darfst sehen %S.197 lassen.<< In einer Hast sprang er hinauf, holte sein Bartmesser, %S.197 seifte der Ziege den Kopf ein und schor sie so %S.197 glatt wie seine flache Hand. Und weil die Elle zu ehrenvoll %S.197 gewesen w"are, holte er die Peitsche und versetzte ihr %S.197 solche Hiebe, da"s sie in gewaltigen Spr"ungen davonlief. %S.197 Der Schneider, als er so ganz einsam in seinem Hause %S.197 sa"s, verfiel in gro"se Traurigkeit und h"atte seine S"ohne %S.198 gerne wieder gehabt, aber niemand wu"ste, wo sie hingeraten %S.198 waren. Der "alteste war zu einem Schreiner in die %S.198 Lehre gegangen, da lernte er flei"sig und unverdrossen, %S.198 und als seine Zeit herum war, da"s er wandern sollte, %S.198 schenkte ihm der Meister ein Tischchen, das gar kein %S.198 besonderes Ansehen hatte und von gew"ohnlichem Holz %S.198 war; aber es hatte eine gute Eigenschaft. Wenn man es %S.198 hinstellte und sprach: >>Tischchen, deck dich<<, so war das %S.198 gute Tischchen auf einmal mit einem saubern T"uchlein %S.198 bedeckt und stand da ein Teller und Messer und Gabel %S.198 daneben und Sch"usseln mit Gesottenem und Gebratenem, %S.198 soviel Platz hatten, und ein gro"ses Glas mit rotem %S.198 Wein leuchtete, da"s einem das Herz lachte. Der junge %S.198 Gesell dachte: >>Damit hast du genug f"ur dein Lebtag<<, %S.198 zog guter Dinge in der Welt umher und bek"ummerte sich %S.198 gar nicht darum, ob ein Wirtshaus gut oder schlecht und %S.198 ob etwas darin zu finden war oder nicht. Wenn es ihm %S.198 gefiel, so kehrte er gar nicht ein, sondern im Felde, im %S.198 Wald, auf einer Wiese, wo er Lust hatte, nahm er sein %S.198 Tischchen vom R"u"cken, stellte es vor sich und sprach: %S.198 >>Deck dich<<, so war alles da, was sein Herz begehrte. %S.198 Endlich kam es ihm in den Sinn, er wollte zu seinem %S.198 Vater zur"uckkehren, sein Zorn w"urde sich gelegt haben, %S.198 und mit dem Tischchendeckdich w"urde er ihn gerne %S.198 wieder aufnehmen. Es trug sich zu, da"s er auf dem %S.198 Heimweg abends in ein Wirtshaus kam, das mit G"asten %S.198 angef"ullt war; sie hie"sen ihn willkommen und luden ihn %S.198 ein, sich zu ihnen zu setzen und mit ihnen zu essen, sonst %S.198 w"urde er schwerlich noch etwas bekommen. >>Nein<<, %S.198 antwortete der Schreiner, >>die paar Bissen will ich euch %S.198 nicht vor dem Munde nehmen, lieber sollt ihr meine %S.198 G"aste sein.<< Sie lachten und meinten, er triebe seinen %S.198 Spa"s mit ihnen. Er aber stellte sein h"olzernes Tischchen %S.198 mitten in die Stube und sprach: >>Tischchen, deck dich.<< %S.198 Augenblicklich war es mit Speisen besetzt, so gut, wie sie %S.198 der Wirt nicht h"atte herbeischaffen k"onnen und wovon %S.199 der Geruch den G"asten lieblich in die Nase stieg. >>Zugegriffen, %S.199 liebe Freunde<<, sprach der Schreiner, und die %S.199 G"aste, als sie sahen, wie es gemeint war, lie"sen sich nicht %S.199 zweimal bitten, r"uckten heran, zogen ihre Messer und %S.199 griffen tapfer zu. Und was sie am meisten verwunderte, %S.199 wenn eine Sch"ussel leer geworden war, so stellte sich %S.199 gleich von selbst eine volle an ihren Platz. Der Wirt stand %S.199 in einer E"cke und sah dem Dinge zu; er wu"ste gar nicht, %S.199 was er sagen sollte, dachte aber: >>Einen solchen Koch %S.199 k"onntest du in deiner Wirtschaft wohl brauchen.<< Der %S.199 Schreiner und seine Gesellschaft waren lustig bis in die %S.199 sp"ate Nacht, endlich legten sie sich schlafen, und der %S.199 junge Geselle ging auch zu Bett und stellte sein W"unschtischchen %S.199 an die Wand. Dem Wirte aber lie"sen seine %S.199 Gedanken keine Ruhe, es fiel ihm ein, da"s in seiner %S.199 Rumpelkammer ein altes Tischchen st"ande, das geradeso %S.199 auss"ahe; das holte er ganz sachte herbei und vertauschte %S.199 es mit dem W"unschtischchen. Am andern Morgen zahlte %S.199 der Schreiner sein Schlafgeld, packte sein Tischchen auf, %S.199 dachte gar nicht daran, da"s er ein falsches h"atte, und ging %S.199 seiner Wege. Zu Mittag kam er bei seinem Vater an, der %S.199 ihn mit gro"ser Freude empfing. >>Nun, mein lieber Sohn, %S.199 was hast du gelernt?<< sagte er zu ihm. >>Vater, ich bin ein %S.199 Schreiner geworden.<< >>Ein gutes Handwerk<<, erwiderte %S.199 der Alte, >>aber was hast du von deiner Wanderschaft %S.199 mitgebracht?<< >>Vater, das Beste, was ich mitgebracht %S.199 habe, ist das Tischchen.<< Der Schneider betrachtete es %S.199 von allen Seiten und sagte: >>Daran hast du kein Meisterst"uck %S.199 gemacht, das ist ein altes und schlechtes Tischchen.<< %S.199 >>Aber es ist ein Tischchendeckdich<<, antwortete %S.199 der Sohn, >>wenn ich es hinstelle und sage ihm, es sollte %S.199 sich de"cken, so stehen gleich die sch"onsten Gerichte %S.199 darauf und ein Wein dabei, der das Herz erfreut. Ladet %S.199 nur alle Verwandte und Freunde ein, die sollen sich %S.199 einmal laben und erqui"cken, denn das Tischchen macht %S.199 sie alle satt.<< Als die Gesellschaft beisammen war, stellte %S.200 er sein Tischchen mitten in die Stube und sprach: >>Tischchen, %S.200 deck dich.<< Aber das Tischchen regte sich nicht %S.200 und blieb so leer wie ein anderer Tisch, der die Sprache %S.200 nicht versteht. Da merkte der arme Geselle, da"s ihm das %S.200 Tischchen vertauscht war, und sch"amte sich, da"s er wie %S.200 ein L"ugner dastand. Die Verwandten aber lachten ihn aus %S.200 und mu"sten ungetrunken und ungegessen wieder heimwandern. %S.200 Der Vater holte seine Lappen wieder herbei %S.200 und schneiderte fort, der Sohn aber ging bei einem %S.200 Meister in die Arbeit. %S.200 Der zweite Sohn war zu einem M"uller gekommen und %S.200 bei ihm in die Lehre gegangen. Als er seine Jahre herum %S.200 hatte, sprach der Meister: >>Weil du dich so wohl gehalten %S.200 hast, so schenke ich dir einen Esel von einer besondern %S.200 Art, er zieht nicht am Wagen und tr"agt auch keine %S.200 S"a"cke.<< >>Wozu ist er denn n"utze?<< fragte der junge %S.200 Geselle. >>Er speit Gold<<, antwortete der M"uller, >>wenn %S.200 du ihn auf ein Tuch stellst und sprichst {\frq}Bricklebrit{\flq}, so %S.200 speit dir das gute Tier Goldst"u"cke aus, hinten und vorn.<< %S.200 >>Das ist eine sch"one Sache<<, sprach der Geselle, dankte %S.200 dem Meister und zog in die Welt. Wenn er Gold n"otig %S.200 hatte, brauchte er nur zu seinem Esel >>Bricklebrit<< zu %S.200 sagen, so regnete es Goldst"u"cke, und er hatte weiter %S.200 keine M"uhe, als sie von der Erde aufzuheben. Wo er %S.200 hinkam, war ihm das Beste gut genug, und je teurer, je %S.200 lieber, denn er hatte immer einen vollen Beutel. Als er %S.200 sich eine Zeitlang in der Welt umgesehen hatte, dachte %S.200 er: >>Du mu"st deinen Vater aufsuchen, wenn du mit dem %S.200 Goldesel kommst, so wird er seinen Zorn vergessen und %S.200 dich gut aufnehmen.<< Es trug sich zu, da"s er in dasselbe %S.200 Wirtshaus geriet, in welchem seinem Bruder das Tischchen %S.200 vertauscht war. Er f"uhrte seinen Esel an der Hand, %S.200 und der Wirt wollte ihm das Tier abnehmen und anbinden, %S.200 der junge Geselle aber sprach: >>Gebt Euch keine %S.200 M"uhe, meinen Grauschimmel f"uhre ich selbst in den Stall %S.200 und binde ihn auch selbst an, denn ich mu"s wissen, wo %S.201 er steht.<< Dem Wirt kam das wunderlich vor, und er %S.201 meinte, einer, der seinen Esel selbst besorgen m"u"ste, %S.201 h"atte nicht viel zu verzehren; als aber der Fremde in die %S.201 Tasche griff, zwei Goldst"u"cke herausholte und sagte, er %S.201 sollte nur etwas Gutes f"ur ihn einkaufen, so machte er %S.201 gro"se Augen, lief und suchte das Beste, das er auftreiben %S.201 konnte. Nach der Mahlzeit fragte der Gast, was er %S.201 schuldig w"are, der Wirt wollte die doppelte Kreide nicht %S.201 sparen und sagte, noch ein paar Goldst"u"cke m"u"ste er %S.201 zulegen. Der Geselle griff in die Tasche, aber sein Gold %S.201 war eben zu Ende. >>Wartet einen Augenblick, Herr %S.201 Wirt<<, sprach er, >>ich will nur gehen und Gold holen<<; %S.201 nahm aber das Tischtuch mit. Der Wirt wu"ste nicht, was %S.201 das hei"sen sollte, war neugierig, schlich ihm nach, und %S.201 da der Gast die Stallt"ure zuriegelte, so guckte er durch %S.201 ein Astloch. Der Fremde breitete unter dem Esel das %S.201 Tuch aus, rief >>Bricklebrit<<, und augenblicklich fing das %S.201 Tier an, Gold zu speien von hinten und vorn, da"s es %S.201 ordentlich auf die Erde herabregnete. >>Ei der tausend<<, %S.201 sagte der Wirt, >>da sind die Dukaten bald gepr"agt! So ein %S.201 Geldbeutel ist nicht "ubel!<< Der Gast bezahlte seine Zeche %S.201 und legte sich schlafen, der Wirt aber schlich in der %S.201 Nacht herab in den Stall, f"uhrte den M"unzmeister weg %S.201 und band einen andern Esel an seine Stelle. Den folgenden %S.201 Morgen in der Fr"uhe zog der Geselle mit seinem Esel %S.201 ab und meinte, er h"atte seinen Goldesel. Mittags kam er %S.201 bei seinem Vater an, der sich freute, als er ihn wiedersah, %S.201 und ihn gerne aufnahm. >>Was ist aus dir geworden, mein %S.201 Sohn?<< fragte der Alte. >>Ein M"uller, lieber Vater<<, antwortete %S.201 er. >>Was hast du von deiner Wanderschaft mitgebracht?<< %S.201 >>Weiter nichts als einen Esel.<< >>Esel gibt's %S.201 hier genug<<, sagte der Vater, >>da w"are mir doch eine gute %S.201 Ziege lieber gewesen.<< >>Ja<<, antwortete der Sohn, >>aber %S.201 es ist kein gemeiner Esel, sondern ein Goldesel: wenn ich %S.201 sage {\frq}Bricklebrit{\flq}, so speit Euch das gute Tier ein ganzes %S.201 Tuch voll Goldst"u"cke. La"st nur alle Verwandte herbeirufen, %S.202 ich mache sie alle zu reichen Leuten.<< >>Das la"s ich %S.202 mir gefallen<<, sagte der Schneider, >>dann brauch ich %S.202 mich mit der Nadel nicht weiter zu qu"alen<<, sprang %S.202 selbst fort und rief die Verwandten herbei. Sobald sie %S.202 beisammen waren, hie"s sie der M"uller Platz machen, %S.202 breitete sein Tuch aus und brachte den Esel in die Stube. %S.202 >>Jetzt gebt acht<<, sagte er und rief >>Bricklebrit<<, aber es %S.202 waren keine Goldst"u"cke, was herabfiel, und es zeigte %S.202 sich, da"s das Tier nichts von der Kunst verstand, denn es %S.202 bringt's nicht jeder Esel so weit. Da machte der arme %S.202 M"uller ein langes Gesicht, sah, da"s er betrogen war, und %S.202 bat die Verwandten um Verzeihung, die so arm heimgingen, %S.202 als sie gekommen waren. Es blieb nichts "ubrig, der %S.202 Alte mu"ste wieder nach der Nadel greifen und der Junge %S.202 sich bei einem M"uller verdingen. %S.202 Der dritte Bruder war zu einem Drechsler in die Lehre %S.202 gegangen, und weil es ein kunstreiches Handwerk ist, %S.202 mu"ste er am l"angsten lernen. Seine Br"uder aber meldeten %S.202 ihm in einem Briefe, wie schlimm es ihnen ergangen w"are %S.202 und wie sie der Wirt noch am letzten Abende um ihre %S.202 sch"onen W"unschdinge gebracht h"atte. Als der Drechsler %S.202 nun ausgelernt hatte und wandern sollte, so schenkte ihm %S.202 sein Meister, weil er sich so wohl gehalten, einen Sack %S.202 und sagte: >>Es liegt ein Kn"uppel darin.<< >>Den Sack kann %S.202 ich umh"angen, und er kann mir gute Dienste leisten, aber %S.202 was soll der Kn"uppel darin? Der macht ihn nur schwer.<< %S.202 >>Das will ich dir sagen<<, antwortete der Meister, >>hat dir %S.202 jemand etwas zuleid getan, so sprich nur {\frq}Kn"uppel, aus %S.202 dem Sack{\flq}, so springt dir der Kn"uppel heraus unter die %S.202 Leute und tanzt ihnen so lustig auf dem R"u"cken herum, %S.202 da"s sie sich acht Tage lang nicht regen und bewegen %S.202 k"onnen; und eher l"a"st er nicht ab, als bis du sagst %S.202 {\frq}Kn"uppel, in den Sack{\flq}.<< Der Gesell dankte ihm, hing %S.202 den Sack um, und wenn ihm jemand zu nahe kam und %S.202 auf den Leib wollte, so sprach er: >>Kn"uppel, aus dem %S.202 Sack<<, alsbald sprang der Kn"uppel heraus und klopfte %S.203 einem nach dem andern den Rock oder Wams gleich auf %S.203 dem R"u"cken aus und wartete nicht erst, bis er ihn ausgezogen %S.203 hatte; und das ging so geschwind, da"s eh sich's %S.203 einer versah, die Reihe schon an ihm war. Der junge %S.203 Drechsler langte zur Abendzeit in dem Wirtshaus an, wo %S.203 seine Br"uder waren betrogen worden. Er legte seinen %S.203 Ranzen vor sich auf den Tisch und fing an zu erz"ahlen, %S.203 was er alles Merkw"urdiges in der Welt gesehen habe. %S.203 >>Ja<<, sagte er, >>man findet wohl ein Tischchendeckdich, %S.203 einen Goldesel und dergleichen: lauter gute Dinge, die %S.203 ich nicht verachte, aber das ist alles nichts gegen den %S.203 Schatz, den ich mir erworben habe und mit mir da in %S.203 meinem Sack f"uhre.<< Der Wirt spitzte die Ohren: >>Was %S.203 in aller Welt mag das sein?<< dachte er. >>Der Sack ist wohl %S.203 mit lauter Edelsteinen angef"ullt; den sollte ich billig auch %S.203 noch haben, denn aller guten Dinge sind drei.<< Als %S.203 Schlafenszeit war, streckte sich der Gast auf die Bank %S.203 und legte seinen Sack als Kopfkissen unter. Der Wirt, als %S.203 er meinte, der Gast l"age in tiefem Schlaf, ging herbei, %S.203 r"uckte und zog ganz sachte und vorsichtig an dem Sack, %S.203 ob er ihn vielleicht wegziehen und einen andern unterlegen %S.203 k"onnte. Der Drechsler aber hatte schon lange darauf %S.203 gewartet, wie nun der Wirt eben einen herzhaften Ruck %S.203 tun wollte, rief er: >>Kn"uppel, aus dem Sack.<< Alsbald %S.203 fuhr das Kn"uppelchen heraus, dem Wirt auf den Leib %S.203 und rieb ihm die N"ahte, da"s es eine Art hatte. Der Wirt %S.203 schrie zum Erbarmen, aber je lauter er schrie, desto %S.203 kr"aftiger schlug der Kn"uppel ihm den Takt dazu auf dem %S.203 R"u"cken, bis er endlich ersch"opft zur Erde fiel. Da sprach %S.203 der Drechsler: >>Wo du das Tischchendeckdich und den %S.203 Goldesel nicht wieder herausgibst, so soll der Tanz von %S.203 neuem angehen.<< >>Ach nein<<, rief der Wirt ganz kleinlaut, %S.203 >>ich gebe alles gerne wieder heraus, la"st nur den %S.203 verw"unschten Kobold wieder in den Sack kriechen.<< Da %S.203 sprach der Geselle: >>Ich will Gnade f"ur Recht ergehen %S.203 lassen, aber h"ute dich vor Schaden!<< Dann rief er: %S.204 >>Kn"uppel, in den Sack!<<, und lie"s ihn ruhen. %S.204 Der Drechsler zog am andern Morgen mit dem Tischchendeckdich %S.204 und dem Goldesel heim zu seinem Vater. %S.204 Der Schneider freute sich, als er ihn wiedersah, und %S.204 fragte auch ihn, was er in der Fremde gelernt h"atte. %S.204 >>Lieber Vater<<, antwortete er, >>ich bin ein Drechsler %S.204 geworden.<< >>Ein kunstreiches Handwerk<<, sagte der %S.204 Vater, >>was hast du von der Wanderschaft mitgebracht?<< %S.204 >>Ein kostbares St"uck, lieber Vater<<, antwortete der %S.204 Sohn, >>einen Kn"uppel in dem Sack.<< >>Was!<< rief der %S.204 Vater. >>Einen Kn"uppel! Das ist der M"uhe wert! Den %S.204 kannst du dir von jedem Baume abhauen.<< >>Aber einen %S.204 solchen nicht, lieber Vater: sage ich {\frq}Kn"uppel, aus dem %S.204 Sack{\flq}, so springt der Kn"uppel heraus und macht mit %S.204 dem, der es nicht gut mit mir meint, einen schlimmen %S.204 Tanz und l"a"st nicht eher nach, als bis er auf der Erde liegt %S.204 und um gut Wetter bittet. Seht Ihr, mit diesem Kn"uppel %S.204 habe ich das Tischchendeckdich und den Goldesel wieder %S.204 herbeigeschafft, die der diebische Wirt meinen Br"udern %S.204 abgenommen hatte. Jetzt la"st sie beide rufen und %S.204 ladet alle Verwandten ein, ich will sie speisen und tr"anken %S.204 und will ihnen die Taschen noch mit Gold f"ullen.<< %S.204 Der alte Schneider wollte nicht recht trauen, brachte aber %S.204 doch die Verwandten zusammen. Da deckte der Drechsler %S.204 ein Tuch in die Stube, f"uhrte den Goldesel herein und %S.204 sagte zu seinem Bruder: >>Nun, lieber Bruder, sprich mit %S.204 ihm.<< Der M"uller sagte: >>Bricklebrit<<, und augenblicklich %S.204 sprangen die Goldst"u"cke auf das Tuch herab, als %S.204 k"ame ein Platzregen, und der Esel h"orte nicht eher auf, %S.204 als bis alle so viel hatten, da"s sie nicht mehr tragen %S.204 konnten. (Ich sehe dir's an, du w"arst auch gerne dabei %S.204 gewesen.) Dann holte der Drechsler das Tischchen und %S.204 sagte: >>Lieber Bruder, nun sprich mit ihm.<< Und kaum %S.204 hatte der Schreiner >>Tischchen, deck dich<< gesagt, so %S.204 war es gedeckt und mit den sch"onsten Sch"usseln reichlich %S.204 besetzt. Da ward eine Mahlzeit gehalten, wie der gute %S.205 Schneider noch keine in seinem Hause erlebt hatte, und %S.205 die ganze Verwandtschaft blieb beisammen bis in die %S.205 Nacht, und waren alle lustig und vergn"ugt. Der Schneider %S.205 verschlo"s Nadel und Zwirn, Elle und B"ugeleisen in %S.205 einen Schrank und lebte mit seinen drei S"ohnen in Freude %S.205 und Herrlichkeit. %S.205 Wo ist aber die Ziege hingekommen, die schuld war, da"s %S.205 der Schneider seine drei S"ohne fortjagte? Das will ich dir %S.205 sagen. Sie sch"amte sich, da"s sie einen kahlen Kopf hatte, %S.205 lief in eine Fuchsh"ohle und verkroch sich hinein. Als der %S.205 Fuchs nach Haus kam, funkelten ihm ein paar gro"se %S.205 Augen aus der Dunkelheit entgegen, da"s er erschrak und %S.205 wieder zur"ucklief. Der B"ar begegnete ihm, und da der %S.205 Fuchs ganz verst"ort aussah, so sprach er: >>Was ist dir, %S.205 Bruder Fuchs, was machst du f"ur ein Gesicht?<< >>Ach<<, %S.205 antwortete der Rote, >>ein grimmig Tier sitzt in meiner %S.205 H"ohle und hat mich mit feurigen Augen angeglotzt.<< %S.205 >>Das wollen wir bald austreiben<<, sprach der B"ar, ging %S.205 mit zu der H"ohle und schaute hinein; als er aber die %S.205 feurigen Augen erblickte, wandelte ihn ebenfalls Furcht %S.205 an: er wollte mit dem grimmigen Tiere nichts zu tun %S.205 haben und nahm Rei"saus. Die Biene begegnete ihm, und %S.205 da sie merkte, da"s es ihm in seiner Haut nicht wohl %S.205 zumute war, sprach sie: >>B"ar, du machst ja ein gewaltig %S.205 verdrie"slich Gesicht, wo ist deine Lustigkeit geblieben?<< %S.205 >>Du hast gut reden<<, antwortete der B"ar, >>es sitzt ein %S.205 grimmiges Tier mit Glotzaugen in dem Hause des Roten, %S.205 und wir k"onnen es nicht herausjagen.<< Die Biene sprach: %S.205 >>Du dauerst mich, B"ar, ich bin ein armes schwaches %S.205 Gesch"opf, das ihr im Wege nicht anguckt, aber ich %S.205 glaube doch, da"s ich euch helfen kann.<< Sie flog in die %S.205 Fuchsh"ohle, setzte sich der Ziege auf den glatten geschorenen %S.205 Kopf und stach sie so gewaltig, da"s sie aufsprang, %S.205 >>meh! meh!<< schrie und wie toll in die Welt hineinlief; %S.205 und wei"s niemand auf diese Stunde, wo sie hingelaufen %S.205 ist. %S.205