% @book{bg_hr_khm_1857, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % editor = "Heinz R{\"{o}}lleke", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen", % publisher = "Philipp Reclam jun. GmbH {\&} Co.", % address = "Stuttgart, Germany", % year = "1995", % volume = "1", % series = "Universal-Bibliothek Nr. 3191", % isbn = "3-15-003191-5", % language = "German", % colophon = "BR{\"{U}}DER GRIMM % Kinder- und Hausm{\"{a}}rchen % AUSGABE LETZTER HAND % MIT DEN ORIGINALANMERKUNGEN % DER BR{\"{U}}DER GRIMM % MIT EINEM ANHANG % S{\"{A}}MTLICHER, NICHT IN ALLEN AUFLAGEN % VER{\"{O}}FFENTLICHTER M{\"{A}}RCHEN % UND HERKUNFTSNACHWEISEN HERAUSGEGEBEN % VON HEINZ R{\"{O}}LLEKE % PHILIPP RECLAM JUN. STUTTGART, 1980/1995" } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von Y. Nagata, am 07. Januar 2001 % \maerchentitel{KHM 35: Der Schneider im Himmel} \markright{KHM 35: Der Schneider im Himmel} Es trug sich zu, da"s der liebe Gott an einem sch"onen Tag %S.192 in dem himmlischen Garten sich ergehen wollte und alle %S.192 Apostel und Heiligen mitnahm, also da"s niemand mehr %S.192 im Himmel blieb als der heilige Petrus. Der Herr hatte %S.192 ihm befohlen, w"ahrend seiner Abwesenheit niemand einzulassen, %S.193 Petrus stand also an der Pforte und hielt %S.193 Wache. Nicht lange, so klopfte jemand an. Petrus fragte, %S.193 wer da w"are und was er wollte. >>Ich bin ein armer %S.193 ehrlicher Schneider<<, antwortete eine feine Stimme, >>der %S.193 um Einla"s bittet.<< >>Ja, ehrlich<<, sagte Petrus, >>wie der %S.193 Dieb am Galgen, du hast lange Finger gemacht und den %S.193 Leuten das Tuch abgezwickt. Du kommst nicht in den %S.193 Himmel, der Herr hat mir verboten, solange er drau"sen %S.193 w"are, irgend jemand einzulassen.<< >>Seid doch barmherzig<<, %S.193 rief der Schneider, >>kleine Flicklappen, die von %S.193 selbst vom Tisch herabfallen, sind nicht gestohlen und %S.193 nicht der Rede wert. Seht, ich hinke und habe von dem %S.193 Weg daher Blasen an den F"u"sen, ich kann unm"oglich %S.193 wieder umkehren. La"st mich nur hinein, ich will alle %S.193 schlechte Arbeit tun. Ich will die Kinder tragen, die %S.193 Windeln waschen, die B"anke, darauf sie gespielt haben, %S.193 s"aubern und abwischen und ihre zerrissenen Kleider %S.193 flicken.<< Der heilige Petrus lie"s sich aus Mitleiden bewegen %S.193 und "offnete dem lahmen Schneider die Himmelspforte %S.193 so weit, da"s er mit seinem d"urren Leib hineinschl"upfen %S.193 konnte. Er mu"ste sich in einen Winkel hinter %S.193 die T"ure setzen und sollte sich da still und ruhig verhalten, %S.193 damit ihn der Herr, wenn er zur"uckk"ame, nicht %S.193 bemerkte und zornig w"urde. Der Schneider gehorchte, %S.193 als aber der heilige Petrus einmal zur T"ure hinaustrat, %S.193 stand er auf, ging voll Neugierde in allen Winkeln des %S.193 Himmels herum und besah sich die Gelegenheit. Endlich %S.193 kam er zu einem Platz, da standen viele sch"one und %S.193 k"ostliche St"uhle und in der Mitte ein ganz goldener %S.193 Sessel, der mit gl"anzenden Edelsteinen besetzt war; er %S.193 war auch viel h"oher als die "ubrigen St"uhle, und ein %S.193 goldener Fu"sschemel stand davor. Es war aber der Sessel, %S.193 auf welchem der Herr sa"s, wenn er daheim war, und %S.193 von welchem er alles sehen konnte, was auf Erden %S.193 geschah. Der Schneider stand still und sah den Sessel eine %S.193 gute Weile an, denn er gefiel ihm besser als alles andere. %S.194 Endlich konnte er den Vorwitz nicht bez"ahmen, stieg %S.194 hinauf und setzte sich in den Sessel. Da sah er alles, was %S.194 auf Erden geschah, und bemerkte eine alte h"a"sliche Frau, %S.194 die an einem Bach stand und wusch und zwei Schleier %S.194 heimlich beiseite tat. Der Schneider erz"urnte sich bei %S.194 diesem Anblicke so sehr, da"s er den goldenen Fu"sschemel %S.194 ergriff und durch den Himmel auf die Erde hinab %S.194 nach der alten Diebin warf. Da er aber den Schemel nicht %S.194 wieder heraufholen konnte, so schlich er sich sachte aus %S.194 dem Sessel weg, setzte sich an seinen Platz hinter die %S.194 T"ure und tat, als ob er kein Wasser getr"ubt h"atte. %S.194 Als der Herr und Meister mit dem himmlischen Gefolge %S.194 wieder zur"uckkam, ward er zwar den Schneider hinter %S.194 der T"ure nicht gewahr, als er sich aber auf seinen Sessel %S.194 setzte, mangelte der Schemel. Er fragte den heiligen %S.194 Petrus, wo der Schemel hingekommen w"are, der wu"ste %S.194 es nicht. Da fragte er weiter, ob er jemand hereingelassen %S.194 h"atte. >>Ich wei"s niemand<<, antwortete Petrus, >>der %S.194 dagewesen w"are, als ein lahmer Schneider, der noch %S.194 hinter der T"ure sitzt.<< Da lie"s der Herr den Schneider %S.194 vor sich treten und fragte ihn, ob er den Schemel weggenommen %S.194 und wo er ihn hingetan h"atte. >>O Herr<<, %S.194 antwortete der Schneider freudig, >>ich habe ihn im Zorne %S.194 hinab auf die Erde nach einem alten Weibe geworfen, das %S.194 ich bei der W"asche zwei Schleier stehlen sah.<< >>O du %S.194 Schalk<<, sprach der Herr, >>wollt ich richten, wie du %S.194 richtest, wie meinst du, da"s es dir schon l"angst ergangen %S.194 w"are? Ich h"atte schon lange keine St"uhle, B"anke, Sessel, %S.194 ja keine Ofengabel mehr hier gehabt, sondern alles nach %S.194 den S"undern hinabgeworfen. Fortan kannst du nicht %S.194 mehr im Himmel bleiben, sondern mu"st wieder hinaus %S.194 vor das Tor: da sieh zu, wo du hinkommst. Hier soll %S.194 niemand strafen denn ich allein, der Herr.<< %S.194 Petrus mu"ste den Schneider wieder hinaus vor den Himmel %S.194 bringen, und weil er zerrissene Schuhe hatte und die %S.194 F"u"se voll Blasen, nahm er einen Stock in die Hand und %S.195 zog nach Warteinweil, wo die frommen Soldaten sitzen %S.195 und sich lustig machen. %S.195