% @book{bg_hr_khm_1857, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % editor = "Heinz R{\"{o}}lleke", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen", % publisher = "Philipp Reclam jun. GmbH {\&} Co.", % address = "Stuttgart, Germany", % year = "1995", % volume = "1", % series = "Universal-Bibliothek Nr. 3191", % isbn = "3-15-003191-5", % language = "German", % colophon = "BR{\"{U}}DER GRIMM % Kinder- und Hausm{\"{a}}rchen % AUSGABE LETZTER HAND % MIT DEN ORIGINALANMERKUNGEN % DER BR{\"{U}}DER GRIMM % MIT EINEM ANHANG % S{\"{A}}MTLICHER, NICHT IN ALLEN AUFLAGEN % VER{\"{O}}FFENTLICHTER M{\"{A}}RCHEN % UND HERKUNFTSNACHWEISEN HERAUSGEGEBEN % VON HEINZ R{\"{O}}LLEKE % PHILIPP RECLAM JUN. STUTTGART, 1980/1995" } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von Y. Nagata, am 03. Januar 2001 % \maerchentitel{KHM 24: Frau Holle} \markright{KHM 24: Frau Holle} Eine Witwe hatte zwei T"ochter, davon war die eine %S.150 sch"on und flei"sig, die andere h"a"slich und faul. Sie hatte %S.150 aber die h"a"sliche und faule, weil sie ihre rechte Tochter %S.150 war, viel lieber, und die andere mu"ste alle Arbeit tun und %S.150 der Aschenputtel im Hause sein. Das arme M"adchen %S.150 mu"ste sich t"aglich auf die gro"se Stra"se bei einem Brunnen %S.150 setzen und mu"ste so viel spinnen, da"s ihm das Blut %S.150 aus den Fingern sprang. Nun trug es sich zu, da"s die %S.150 Spule einmal ganz blutig war, da b"uckte es sich damit in %S.150 den Brunnen und wollte sie abwaschen; sie sprang ihm %S.150 aber aus der Hand und fiel hinab. Es weinte, lief zur %S.150 Stiefmutter und erz"ahlte ihr das Ungl"uck. Sie schalt es %S.150 aber so heftig und war so unbarmherzig, da"s sie sprach: %S.150 >>Hast du die Spule hinunterfallen lassen, so hol sie auch %S.150 wieder herauf.<< Da ging das M"adchen zu dem Brunnen %S.150 zur"uck und wu"ste nicht, was es anfangen sollte; und in %S.150 seiner Herzensangst sprang es in den Brunnen hinein, %S.150 um die Spule zu holen. Es verlor die Besinnung, und als %S.150 es erwachte und wieder zu sich selber kam, war es auf %S.150 einer sch"onen Wiese, wo die Sonne schien und vieltausend %S.151 Blumen standen. Auf dieser Wiese ging es fort %S.151 und kam zu einem Backofen, der war voller Brot; das %S.151 Brot aber rief: >>Ach, zieh mich raus, zieh mich raus, %S.151 sonst verbrenn ich: ich bin schon l"angst ausgebacken.<< %S.151 Da trat es herzu und holte mit dem Brotschieber alles %S.151 nacheinander heraus. Danach ging es weiter und kam zu %S.151 einem Baum, der hing voll "Apfel, und rief ihm zu: >>Ach, %S.151 sch"uttel mich, sch"uttel mich, wir "Apfel sind alle miteinander %S.151 reif.<< Da sch"uttelte es den Baum, da"s die "Apfel %S.151 fielen, als regneten sie, und sch"uttelte, bis keiner mehr %S.151 oben war; und als es alle in einen Haufen zusammengelegt %S.151 hatte, ging es wieder weiter. Endlich kam es zu %S.151 einem kleinen Haus, daraus guckte ein[e] alte Frau, weil %S.151 sie aber so gro"se Z"ahne hatte, ward ihm angst, und es %S.151 wollte fortlaufen. Die alte Frau aber rief ihm nach: >>Was %S.151 f"urchtest du dich, liebes Kind? Bleib bei mir, wenn du %S.151 alle Arbeit im Hause ordentlich tun willst, so soll dir's %S.151 gut gehn. Du mu"st nur achtgeben, da"s du mein Bett gut %S.151 machst und es flei"sig aufsch"uttelst, da"s die Federn fliegen, %S.151 dann schneit es in der Welt% * S.151 \footnote{% * S.151 Darum sagt man in Hessen, wenn es schneit, die Frau Holle macht ihr %S.151 Bett.%S.151 }% ; ich bin die Frau %S.151 Holle.<< Weil die Alte ihm so gut zusprach, so fa"ste sich %S.151 das M"adchen ein Herz, willigte ein und begab sich in %S.151 ihren Dienst. Es besorgte auch alles nach ihrer Zufriedenheit %S.151 und sch"uttelte ihr das Bett immer gewaltig, auf %S.151 da"s die Federn wie Schneeflocken umherflogen; daf"ur %S.151 hatte es auch ein gut Leben bei ihr, kein b"oses Wort und %S.151 alle Tage Gesottenes und Gebratenes. Nun war es eine %S.151 Zeitlang bei der Frau Holle, da ward es traurig und %S.151 wu"ste anfangs selbst nicht, was ihm fehlte, endlich %S.151 merkte es, da"s es Heimweh war; ob es ihm hier gleich %S.151 vieltausendmal besser ging als zu Haus, so hatte es doch %S.151 ein Verlangen dahin. Endlich sagte es zu ihr: >>Ich habe %S.151 den Jammer nach Haus kriegt, und wenn es mir auch %S.151 noch so gut hier unten geht, so kann ich doch nicht %S.152 l"anger bleiben, ich mu"s wieder hinauf zu den Meinigen.<< %S.152 Die Frau Holle sagte: >>Es gef"allt mir, da"s du wieder nach %S.152 Haus verlangst, und weil du mir so treu gedient hast, so %S.152 will ich dich selbst wieder hinaufbringen.<< Sie nahm es %S.152 darauf bei der Hand und f"uhrte es vor ein gro"ses Tor. %S.152 Das Tor ward aufgetan, und wie das M"adchen gerade %S.152 darunterstand, fiel ein gewaltiger Goldregen, und alles %S.152 Gold blieb an ihm h"angen, so da"s es "uber und "uber %S.152 davon bedeckt war. >>Das sollst du haben, weil du so %S.152 flei"sig gewesen bist<<, sprach die Frau Holle und gab ihm %S.152 auch die Spule wieder, die ihm in den Brunnen gefallen %S.152 war. Darauf ward das Tor verschlossen, und das M"adchen %S.152 befand sich oben auf der Welt, nicht weit von seiner %S.152 Mutter Haus; und als es in den Hof kam, sa"s der Hahn %S.152 auf dem Brunnen und rief: %S.152 \begin{verse} >>Kikeriki, \\ %S.152 unsere goldene Jungfrau ist wieder hie.<< %S.152 \end{verse} Da ging es hinein zu seiner Mutter, und weil es so mit %S.152 Gold bedeckt ankam, ward es von ihr und der Schwester %S.152 gut aufgenommen. %S.152 Das M"adchen erz"ahlte alles, was ihm begegnet war, und %S.152 als die Mutter h"orte, wie es zu dem gro"sen Reichtum %S.152 gekommen war, wollte sie der andern, h"a"slichen und %S.152 faulen Tochter gerne dasselbe Gl"uck verschaffen. Sie %S.152 mu"ste sich an den Brunnen setzen und spinnen; und %S.152 damit ihre Spule blutig ward, stach sie sich in die Finger %S.152 und stie"s sich die Hand in die Dornhecke. Dann warf sie %S.152 die Spule in den Brunnen und sprang selber hinein. Sie %S.152 kam, wie die andere, auf die sch"one Wiese und ging auf %S.152 demselben Pfade weiter. Als sie zu dem Backofen %S.152 gelangte, schrie das Brot wieder: >>Ach, zieh mich raus, %S.152 zieh mich raus, sonst verbrenn ich, ich bin schon l"angst %S.152 ausgebacken.<< Die Faule aber antwortete: >>Da h"att ich %S.152 Lust, mich schmutzig zu machen<<, und ging fort. Bald %S.152 kam sie zu dem Apfelbaum, der rief: >>Ach, sch"uttel %S.152 mich, sch"uttel mich, wir "Apfel sind alle miteinander %S.153 reif.<< Sie antwortete aber: >>Du kommst mir recht, es %S.153 k"onnte mir einer auf den Kopf fallen<<, und ging damit %S.153 weiter. Als sie vor der Frau Holle Haus kam, f"urchtete %S.153 sie sich nicht, weil sie von ihren gro"sen Z"ahnen schon %S.153 geh"ort hatte, und verdingte sich gleich zu ihr. Am ersten %S.153 Tag tat sie sich Gewalt an, war flei"sig und folgte der Frau %S.153 Holle, wenn sie ihr etwas sagte, denn sie dachte an das %S.153 viele Gold, das sie ihr schenken w"urde; am zweiten Tag %S.153 aber fing sie schon an zu faulenzen, am dritten noch %S.153 mehr, da wollte sie morgens gar nicht aufstehen. Sie %S.153 machte auch der Frau Holle das Bett nicht, wie sich's %S.153 geb"uhrte, und sch"uttelte es nicht, da"s die Federn aufflogen. %S.153 Das ward die Frau Holle bald m"ude und sagte ihr %S.153 den Dienst auf. Die Faule war das wohl zufrieden und %S.153 meinte, nun w"urde der Goldregen kommen; die Frau %S.153 Holle f"uhrte sie auch zu dem Tor, als sie aber darunterstand, %S.153 ward statt des Goldes ein gro"ser Kessel voll Pech %S.153 ausgesch"uttet. >>Das ist zur Belohnung deiner Dienste<<, %S.153 sagte die Frau Holle und schlo"s das Tor zu. Da kam die %S.153 Faule heim, aber sie war ganz mit Pech bedeckt, und der %S.153 Hahn auf dem Brunnen, als er sie sah, rief: %S.153 \begin{verse} >>Kikeriki, \\ %S.153 unsere schmutzige Jungfrau ist wieder hie.<< %S.153 \end{verse} Das Pech aber blieb fest an ihr h"angen und wollte, %S.153 solange sie lebte, nicht abgehen. %S.153