% @book{bg_hr_khm_1857, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % editor = "Heinz R{\"{o}}lleke", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen", % publisher = "Philipp Reclam jun. GmbH {\&} Co.", % address = "Stuttgart, Germany", % year = "1995", % volume = "1", % series = "Universal-Bibliothek Nr. 3191", % isbn = "3-15-003191-5", % language = "German", % colophon = "BR{\"{U}}DER GRIMM % Kinder- und Hausm{\"{a}}rchen % AUSGABE LETZTER HAND % MIT DEN ORIGINALANMERKUNGEN % DER BR{\"{U}}DER GRIMM % MIT EINEM ANHANG % S{\"{A}}MTLICHER, NICHT IN ALLEN AUFLAGEN % VER{\"{O}}FFENTLICHTER M{\"{A}}RCHEN % UND HERKUNFTSNACHWEISEN HERAUSGEGEBEN % VON HEINZ R{\"{O}}LLEKE % PHILIPP RECLAM JUN. STUTTGART, 1980/1995" } % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von K. OKAMOTO, am 24. Januar 2001 % und "uberpr"uft von Y. Nagata am 27. M"arz 2001 % \maerchentitel{KHM 13: Die drei M"annlein im Walde} \markright{KHM 13: Die drei M"annlein im Walde} Es war ein Mann, dem starb seine Frau, und eine Frau, %S.91 der starb ihr Mann; und der Mann hatte eine Tochter, %S.91 und die Frau hatte auch eine Tochter. Die M"adchen %S.91 waren miteinander bekannt und gingen zusammen spazieren %S.91 und kamen hernach zu der Frau ins Haus. Da %S.91 sprach sie zu des Mannes Tochter: >>H"or, sage deinem %S.91 Vater, ich wollt ihn heiraten, dann sollst du jeden Morgen %S.91 dich in Milch waschen und Wein trinken, meine %S.91 Tochter aber soll sich in Wasser waschen und Wasser %S.91 trinken.<< Das M"adchen ging nach Haus und erz"ahlte %S.91 seinem Vater, was die Frau gesagt hatte. Der Mann %S.91 sprach: >>Was soll ich tun? Das Heiraten ist eine Freude %S.91 und ist auch eine Qual.<< Endlich, weil er keinen Entschlu"s %S.91 fassen konnte, zog er seinen Stiefel aus und sagte: %S.91 >>Nimm diesen Stiefel, der hat in der Sohle ein Loch, geh %S.91 damit auf den Boden, h"ang ihn an den gro"sen Nagel und %S.91 gie"s dann Wasser hinein. H"alt er das Wasser, so will ich %S.91 wieder eine Frau nehmen, l"auft's aber durch, so will ich %S.91 nicht.<< Das M"adchen tat, wie ihm gehei"sen war; aber das %S.91 Wasser zog das Loch zusammen, und der Stiefel ward %S.91 voll bis obenhin. Es verk"undigte seinem Vater, wie's %S.92 ausgefallen war. Da stieg er selbst hinauf, und als er sah, %S.92 da"s es seine Richtigkeit hatte, ging er zu der Witwe und %S.92 freite sie, und die Hochzeit ward gehalten. %S.92 Am andern Morgen, als die beiden M"adchen sich aufmachten, %S.92 da stand vor des Mannes Tochter Milch zum %S.92 Waschen und Wein zum Trinken, vor der Frau Tochter %S.92 aber stand Wasser zum Waschen und Wasser zum Trinken. %S.92 Am zweiten Morgen stand Wasser zum Waschen %S.92 und Wasser zum Trinken so gut vor des Mannes Tochter %S.92 als vor der Frau Tochter. Und am dritten Morgen stand %S.92 Wasser zum Waschen und Wasser zum Trinken vor des %S.92 Mannes Tochter und Milch zum Waschen und Wein zum %S.92 Trinken vor der Frau Tochter, und dabei blieb's. Die %S.92 Frau ward ihrer Stieftochter spinnefeind und wu"ste %S.92 nicht, wie sie es ihr von einem Tag zum andern schlimmer %S.92 machen sollte. Auch war sie neidisch, weil ihre %S.92 Stieftochter sch"on und lieblich war, ihre rechte Tochter %S.92 aber h"a"slich und widerlich. %S.92 Einmal im Winter, als es steinhart gefroren hatte und %S.92 Berg und Tal vollgeschneit lag, machte die Frau ein Kleid %S.92 von Papier, rief das M"adchen und sprach: >>Da, zieh das %S.92 Kleid an, geh hinaus in den Wald und hol mir ein %S.92 K"orbchen voll Erdbeeren; ich habe Verlangen danach.<< %S.92 >>Du lieber Gott<<, sagte das M"adchen, >>im Winter wachsen %S.92 ja keine Erdbeeren, die Erde ist gefroren, und der %S.92 Schnee hat auch alles zugedeckt. Und warum soll ich in %S.92 dem Papierkleide gehen? Es ist drau"sen so kalt, da"s %S.92 einem der Atem friert: da weht ja der Wind hindurch, %S.92 und die Dornen rei"sen mir's vom Leib.<< >>Willst du mir %S.92 noch widersprechen?<< sagte die Stiefmutter. >>Mach, da"s %S.92 du fortkommst, und la"s dich nicht eher wieder sehen, als %S.92 bis du das K"orbchen voll Erdbeeren hast.<< Dann gab sie %S.92 ihm noch ein St"uckchen hartes Brot und sprach: >>Davon %S.92 kannst du den Tag "uber essen<<, und dachte: >>Drau"sen %S.92 wird's erfrieren und verhungern und mir nimmermehr %S.93 wieder vor die Augen kommen.<< %S.93 Nun war das M"adchen gehorsam, tat das Papierkleid an %S.93 und ging mit dem K"orbchen hinaus. Da war nichts als %S.93 Schnee, die Weite und Breite, und war kein gr"unes %S.93 H"almchen zu merken. Als es in den Wald kam, sah es ein %S.93 kleines H"auschen, daraus guckten drei kleine Haulem"annerchen. %S.93 Es w"unschte ihnen die Tageszeit und klopfte %S.93 bescheidenlich an die T"ur. Sie riefen: >>Herein<<, und es %S.93 trat in die Stube und setzte sich auf die Bank am Ofen, da %S.93 wollte es sich w"armen und sein Fr"uhst"uck essen. Die %S.93 Haulem"annerchen sprachen: >>Gib uns auch etwas %S.93 davon.<< >>Gerne<<, sprach es, teilte sein St"uckchen Brot %S.93 entzwei und gab ihnen die H"alfte. Sie fragten: >>Was %S.93 willst du zur Winterzeit in deinem d"unnen Kleidchen %S.93 hier im Wald?<< >>Ach<<, antwortete es, >>ich soll ein %S.93 K"orbchen voll Erdbeeren suchen und darf nicht eher %S.93 nach Hause kommen, als bis ich es mitbringe.<< Als es %S.93 sein Brot gegessen hatte, gaben sie ihm einen Besen und %S.93 sprachen: >>Kehre damit an der Hintert"ure den Schnee %S.93 weg.<< Wie es aber drau"sen war, sprachen die drei M"annerchen %S.93 untereinander: >>Was sollen wir ihm schenken, %S.93 weil es so artig und gut ist und sein Brot mit uns geteilt %S.93 hat?<< Da sagte der erste: >>Ich schenk ihm, da"s es jeden %S.93 Tag sch"oner wird.<< Der zweite sprach: >>Ich schenk ihm, %S.93 da"s Goldst"ucke ihm aus dem Mund fallen, sooft es ein %S.93 Wort spricht.<< Der dritte sprach: >>Ich schenk ihm, da"s %S.93 ein K"onig kommt und es zu seiner Gemahlin nimmt.<< %S.93 Das M"adchen aber tat, wie die Haulem"annerchen gesagt %S.93 hatten, kehrte mit dem Besen den Schnee hinter dem %S.93 kleinen Hause weg, und was glaubt ihr wohl, da"s es %S.93 gefunden hat? Lauter reife Erdbeeren, die ganz dunkelrot %S.93 aus dem Schnee hervorkamen. Da raffte es in seiner %S.93 Freude sein K"orbchen voll, dankte den kleinen M"annern, %S.93 gab jedem die Hand und lief nach Haus und wollte der %S.93 Stiefmutter das Verlangte bringen. Wie es eintrat und %S.93 >>Guten Abend<< sagte, fiel ihm gleich ein Goldst"uck aus %S.94 dem Mund. Darauf erz"ahlte es, was ihm im Walde %S.94 begegnet war, aber bei jedem Worte, das es sprach, fielen %S.94 ihm die Goldst"ucke aus dem Mund, so da"s bald die %S.94 ganze Stube damit bedeckt ward. >>Nun sehe einer den %S.94 "Ubermut<<, rief die Stiefschwester, >>das Geld so hinzuwerfen<<, %S.93 aber heimlich war sie neidisch dar"uber und %S.94 wollte auch hinaus in den Wald und Erdbeeren suchen. %S.94 Die Mutter: >>Nein, mein liebes T"ochterchen, es ist zu %S.94 kalt, du k"onntest mir erfrieren.<< Weil sie ihr aber keine %S.94 Ruhe lie"s, gab sie endlich nach, n"ahte ihm einen pr"achtigen %S.94 Pelzrock, den es anziehen mu"ste, und gab ihm %S.94 Butterbrot und Kuchen mit auf den Weg. %S.94 Das M"adchen ging in den Wald und gerade auf das kleine %S.94 H"auschen zu. Die drei kleinen Haulem"anner guckten %S.94 wieder, aber es gr"u"ste sie nicht, und ohne sich nach %S.94 ihnen umzusehen und ohne sie zu gr"u"sen, stolperte es in %S.94 die Stube hinein, setzte sich an den Ofen und fing an, %S.94 sein Butterbrot und seinen Kuchen zu essen. >>Gib uns %S.94 etwas davon<<, riefen die Kleinen, aber es antwortete: >>Es %S.94 schickt mir selber nicht, wie kann ich andern noch davon %S.94 abgeben?<< Als es nun fertig war mit dem Essen, sprachen %S.94 sie: >>Da hast du einen Besen, kehr uns drau"sen vor der %S.94 Hintert"ur rein.<< >>Ei, kehrt euch selber<<, antwortete es, %S.94 >>ich bin eure Magd nicht.<< Wie es sah, da"s sie ihm nichts %S.94 schenken wollten, ging es zur T"ure hinaus. Da sprachen %S.94 die kleinen M"anner untereinander: >>Was sollen wir ihm %S.94 schenken, weil es so unartig ist und ein b"oses neidisches %S.94 Herz hat, das niemand etwas g"onnt?<< Der erste sprach: %S.94 >>Ich schenk ihm, da"s es jeden Tag h"a"slicher wird.<< Der %S.94 zweite sprach: >>Ich schenk ihm, da"s ihm bei jedem %S.94 Wort, das es spricht, eine Kr"ote aus dem Munde %S.94 springt.<< Der dritte sprach: >>Ich schenk ihm, da"s es %S.94 eines ungl"ucklichen Todes stirbt.<< Das M"adchen suchte %S.94 drau"sen nach Erdbeeren, als es aber keine fand, ging es %S.94 verdrie"slich nach Haus. Und wie es den Mund auftat %S.94 und seiner Mutter erz"ahlen wollte, was ihm im Walde %S.95 begegnet war, da sprang ihm bei jedem Wort eine Kr"ote %S.95 aus dem Mund, so da"s alle einen Abscheu vor ihm %S.95 bekamen. %S.95 Nun "argerte sich die Stiefmutter noch viel mehr und %S.95 dachte nur darauf, wie sie der Tochter des Mannes alles %S.95 Herzeleid antun wollte, deren Sch"onheit doch alle Tage %S.95 gr"o"ser ward. Endlich nahm sie einen Kessel, setzte ihn %S.95 zum Feuer und sott Garn darin. Als es gesotten war, %S.95 hing sie es dem armen M"adchen auf die Schulter und gab %S.95 ihm eine Axt dazu, damit sollte es auf den gefrornen Flu"s %S.95 gehen, ein Eisloch hauen und das Garn schlittern. Es war %S.95 gehorsam, ging hin und hackte ein Loch in das Eis, und %S.95 als es mitten im Hacken war, kam ein pr"achtiger Wagen %S.95 hergefahren, worin der K"onig sa"s. Der Wagen hielt still, %S.95 und der K"onig fragte: >>Mein Kind, wer bist du und was %S.95 machst du da?<< >>Ich bin ein armes M"adchen und schlittere %S.95 Garn.<< Da f"uhlte der K"onig Mitleiden, und als er %S.95 sah, wie es so gar sch"on war, sprach er: >>Willst du mit %S.95 mir fahren?<< >>Ach ja, von Herzen gern<<, antwortete es, %S.95 denn es war froh, da"s es der Mutter und Schwester aus %S.95 den Augen kommen sollte. %S.95 Also stieg es in den Wagen und fuhr mit dem K"onig fort, %S.95 und als sie auf sein Schlo"s gekommen waren, ward die %S.95 Hochzeit mit gro"ser Pracht gefeiert, wie es die kleinen %S.95 M"annlein dem M"adchen geschenkt hatten. "Uber ein Jahr %S.95 gebar die junge K"onigin einen Sohn, und als die Stiefmutter %S.95 von dem gro"sen Gl"ucke geh"ort hatte, so kam sie %S.95 mit ihrer Tochter in das Schlo"s und tat, als wollte sie %S.95 einen Besuch machen. Als aber der K"onig einmal hinausgegangen %S.95 und sonst niemand zugegen war, packte das %S.95 b"ose Weib die K"onigin am Kopf, und ihre Tochter %S.95 packte sie an den F"u"sen, hoben sie aus dem Bett und %S.95 warfen sie zum Fenster hinaus in den vorbeiflie"senden %S.95 Strom. Darauf legte sich ihre h"a"sliche Tochter ins Bett, %S.95 und die Alte deckte sie zu bis "uber den Kopf. Als der %S.95 K"onig wieder zur"uckkam und mit seiner Frau sprechen %S.96 wollte, rief die Alte: >>Still, still, jetzt geht das nicht, sie %S.96 liegt in starkem Schwei"s, Ihr m"u"st sie heute ruhen %S.96 lassen.<< Der K"onig dachte nichts B"oses dabei und kam %S.96 erst den andern Morgen wieder, und wie er mit seiner %S.96 Frau sprach und sie ihm Antwort gab, sprang bei jedem %S.96 Wort eine Kr"ote hervor, w"ahrend sonst ein Goldst"uck %S.96 herausgefallen war. Da fragte er, was das w"are, aber die %S.96 Alte sprach, das h"atte sie von dem starken Schwei"s %S.96 gekriegt und w"urde sich schon wieder verlieren. %S.96 In der Nacht aber sah der K"uchenjunge, wie eine Ente %S.96 durch die Gosse geschwommen kam, die sprach: %S.96 \begin{verse} >>K"onig, was machst du? \\ %S.96 Schl"afst du oder wachst du?<< %S.96 \end{verse} Und als er keine Antwort gab, sprach sie: %S.96 \begin{verse} >>Was machen meine G"aste?<< %S.96 \end{verse} Da antwortete der K"uchenjunge: %S.96 \begin{verse} >>Sie schlafen feste.<< %S.96 \end{verse} Fragte sie weiter: %S.96 \begin{verse} >>Was macht mein Kindelein?<< %S.96 \end{verse} Antwortete er: %S.96 \begin{verse} >>Es schl"aft in der Wiege fein.<< %S.96 \end{verse} Da ging sie in der K"onigin Gestalt hinauf, gab ihm zu %S.96 trinken, sch"uttelte ihm sein Bettchen, deckte es zu und %S.96 schwamm als Ente wieder durch die Gosse fort. So kam %S.96 sie zwei N"achte, in der dritten sprach sie zu dem %S.96 K"uchenjungen: >>Geh und sage dem K"onig, da"s er sein %S.96 Schwert nimmt und auf der Schwelle dreimal "uber mir %S.96 schwingt.<< Da lief der K"uchenjunge und sagte es dem %S.96 K"onig, der kam mit seinem Schwert und schwang es %S.96 dreimal "uber dem Geist; und beim drittenmal stand seine %S.96 Gemahlin vor ihm, frisch, lebendig und gesund, wie sie %S.96 vorher gewesen war. %S.96 Nun war der K"onig in gro"ser Freude, er hielt aber die %S.96 K"onigin in einer Kammer verborgen bis auf den Sonntag, %S.96 wo das Kind getauft werden sollte. Und als es getauft %S.96 war, sprach er: >>Was geh"ort einem Menschen, der den %S.97 andern aus dem Bett tr"agt und ins Wasser wirft?<< %S.97 >>Nichts Besseres<<, antwortete die Alte, >>als da"s man den %S.97 B"osewicht in ein Fa"s steckt, das mit N"ageln ausgeschlagen %S.97 ist, und den Berg hinab ins Wasser rollt.<< Da sagte %S.97 der K"onig: >>Du hast dein Urteil gesprochen<<, lie"s ein %S.97 solches Fa"s holen und die Alte mit ihrer Tochter hineinstecken, %S.97 dann ward der Boden zugeh"ammert und das Fa"s %S.97 bergab gekullert, bis es in den Flu"s rollte. %S.97