% @book{bg_hr_khm_1857, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % editor = "Heinz R{\"{o}}lleke", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen", % publisher = "Philipp Reclam jun. GmbH {\&} Co.", % address = "Stuttgart, Germany", % year = "1995", % volume = "1", % series = "Universal-Bibliothek Nr. 3191", % isbn = "3-15-003191-5", % language = "German", % colophon = "BR{\"{U}}DER GRIMM % Kinder- und Hausm{\"{a}}rchen % AUSGABE LETZTER HAND % MIT DEN ORIGINALANMERKUNGEN % DER BR{\"{U}}DER GRIMM % MIT EINEM ANHANG % S{\"{A}}MTLICHER, NICHT IN ALLEN AUFLAGEN % VER{\"{O}}FFENTLICHTER M{\"{A}}RCHEN % UND HERKUNFTSNACHWEISEN HERAUSGEGEBEN % VON HEINZ R{\"{O}}LLEKE % PHILIPP RECLAM JUN. STUTTGART, 1980/1995" } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von K. OKAMOTO, am 24. Januar 2001 % und "uberpr"uft von Y. Nagata am 27. M"arz 2001 % % ck version (input e.g. Dru"cker instead of Drucker) % \maerchentitel{KHM 11: Br"uderchen und Schwesterchen} \markright{KHM 11: Br"uderchen und Schwesterchen} Br"uderchen nahm sein Schwesterchen an der Hand und %S.79 sprach: >>Seit die Mutter tot ist, haben wir keine gute %S.79 Stunde mehr; die Stiefmutter schl"agt uns alle Tage, und %S.79 wenn wir zu ihr kommen, st"o"st sie uns mit den F"u"sen %S.79 fort. Die harten Brotkrusten, die "ubrigbleiben, sind %S.79 unsere Speise, und dem H"undlein unter dem Tisch geht's %S.80 besser: dem wirft sie doch manchmal einen guten Bissen %S.80 zu. Da"s Gott erbarm, wenn das unsere Mutter w"u"ste! %S.80 Komm, wir wollen miteinander in die weite Welt %S.80 gehen.<< Sie gingen den ganzen Tag "uber Wiesen, Felder %S.80 und Steine, und wenn es regnete, sprach das Schwesterchen: %S.80 >>Gott und unsere Herzen, die weinen zusammen!<< %S.80 Abends kamen sie in einen gro"sen Wald und waren so %S.80 m"ude von Jammer, Hunger und dem langen Weg, da"s sie %S.80 sich in einen hohlen Baum setzten und einschliefen. %S.80 Am andern Morgen, als sie aufwachten, stand die Sonne %S.80 schon hoch am Himmel und schien hei"s in den Baum %S.80 hinein. Da sprach das Br"uderchen: >>Schwesterchen, %S.80 mich d"urstet, wenn ich ein Br"unnlein w"u"ste, ich ging' %S.80 und tr"ank' einmal; ich mein, ich h"ort eins rauschen.<< %S.80 Br"uderchen stand auf, nahm Schwesterchen an der %S.80 Hand, und sie wollten das Br"unnlein suchen. Die b"ose %S.80 Stiefmutter aber war eine Hexe und hatte wohl gesehen, %S.80 wie die beiden Kinder fortgegangen waren, war ihnen %S.80 nachgeschlichen, heimlich, wie die Hexen schleichen, %S.80 und hatte alle Brunnen im Walde verw"unscht. Als sie %S.80 nun ein Br"unnlein fanden, das so glitzerig "uber die Steine %S.80 sprang, wollte das Br"uderchen daraus trinken; aber das %S.80 Schwesterchen h"orte, wie es im Rauschen sprach: >>Wer %S.80 aus mir trinkt, wird ein Tiger; wer aus mir trinkt, wird %S.80 ein Tiger.<< Da rief das Schwesterchen: >>Ich bitte dich, %S.80 Br"uderchen, trink nicht, sonst wirst du ein wildes Tier %S.80 und zerrei"sest mich.<< Das Br"uderchen trank nicht, ob es %S.80 gleich so gro"sen Durst hatte, und sprach: >>Ich will %S.80 warten bis zur n"achsten Quelle.<< Als sie zum zweiten %S.80 Br"unnlein kamen, h"orte das Schwesterchen, wie auch %S.80 dieses sprach: >>Wer aus mir trinkt, wird ein Wolf; wer %S.80 aus mir trinkt, wird ein Wolf.<< Da rief das Schwesterchen: %S.80 >>Br"uderchen, ich bitte dich, trink nicht, sonst %S.80 wirst du ein Wolf und frissest mich.<< Das Br"uderchen %S.80 trank nicht und sprach: >>Ich will warten, bis wir zur %S.80 n"achsten Quelle kommen, aber dann mu"s ich trinken, du %S.81 magst sagen, was du willst: mein Durst ist gar zu gro"s.<< %S.81 Und als sie zum dritten Br"unnlein kamen, h"orte das %S.81 Schwesterlein, wie es im Rauschen sprach: >>Wer aus mir %S.81 trinkt, wird ein Reh; wer aus mir trinkt, wird ein Reh.<< %S.81 Das Schwesterchen sprach: >>Ach Br"uderchen, ich bitte %S.81 dich, trink nicht, sonst wirst du ein Reh und l"aufst mir %S.81 fort.<< Aber das Br"uderchen hatte sich gleich beim %S.81 Br"unnlein niedergeknieet, hinabgebeugt und von dem %S.81 Wasser getrunken, und wie die ersten Tropfen auf seine %S.81 Lippen gekommen waren, lag es da als ein Rehk"albchen. %S.81 Nun weinte das Schwesterchen "uber das arme, verw"unschte %S.81 Br"uderchen, und das Rehchen weinte auch und %S.81 sa"s so traurig neben ihm. Da sprach das M"adchen endlich: %S.81 >>Sei still, liebes Rehchen, ich will dich ja nimmermehr %S.81 verlassen.<< Dann band es sein goldenes Strumpfband %S.81 ab und tat es dem Rehchen um den Hals, und %S.81 rupfte Binsen und flocht ein weiches Seil daraus. Daran %S.81 band es das Tierchen und f"uhrte es weiter und ging %S.81 immer tiefer in den Wald hinein. Und als sie lange, lange %S.81 gegangen waren, kamen sie endlich an ein kleines Haus, %S.81 und das M"adchen schaute hinein, und weil es leer war, %S.81 dachte es: >>Hier k"onnen wir bleiben und wohnen.<< Da %S.81 suchte es dem Rehchen Laub und Moos zu einem weichen %S.81 Lager, und jeden Morgen ging es aus und sammelte %S.81 sich Wurzeln, Beeren und N"usse, und f"ur das Rehchen %S.81 brachte es zartes Gras mit, das fra"s es ihm aus der Hand, %S.81 war vergn"ugt und spielte vor ihm herum. Abends, wenn %S.81 Schwesterchen m"ude war und sein Gebet gesagt hatte, %S.81 legte es seinen Kopf auf den R"u"cken des Rehk"albchens, %S.81 das war sein Kissen, darauf es sanft einschlief. Und h"atte %S.81 das Br"uderchen nur seine menschliche Gestalt gehabt, es %S.81 w"are ein herrliches Leben gewesen. %S.81 Das dauerte eine Zeitlang, da"s sie so allein in der Wildnis %S.81 waren. Es trug sich aber zu, da"s der K"onig des Landes %S.81 eine gro"se Jagd in dem Wald hielt. Da schallte das %S.82 H"ornerblasen, Hundegebell und das lustige Geschrei der %S.82 J"ager durch die B"aume, und das Rehlein h"orte es und %S.82 w"are gar zu gerne dabei gewesen. >>Ach<<, sprach es zum %S.82 Schwesterlein, >>la"s mich hinaus in die Jagd, ich kann's %S.82 nicht l"anger mehr aushalten<<, und bat so lange, bis es %S.82 einwilligte. >>Aber<<, sprach es zu ihm, >>komm mir ja %S.82 abends wieder, vor den wilden J"agern schlie"s ich mein %S.82 T"urlein; und damit ich dich kenne, so klopf und sprich: %S.82 Mein Schwesterlein, la"s mich herein; und wenn du nicht %S.82 so sprichst, so schlie"s ich mein T"urlein nicht auf.<< Nun %S.82 sprang das Rehchen hinaus und war ihm so wohl und %S.82 war so lustig in freier Luft. Der K"onig und seine J"ager %S.82 sahen das sch"one Tier und setzten ihm nach, aber sie %S.82 konnten es nicht einholen, und wenn sie meinten, sie %S.82 h"atten es gewi"s, da sprang es "uber das Geb"usch weg und %S.82 war verschwunden. Als es dunkel ward, lief es zu dem %S.82 H"auschen, klopfte und sprach: >>Mein Schwesterlein, la"s %S.82 mich herein.<< Da ward ihm die kleine T"ur aufgetan, es %S.82 sprang hinein und ruhete sich die ganze Nacht auf seinem %S.82 weichen Lager aus. Am andern Morgen ging die Jagd von %S.82 neuem an, und als das Rehlein wieder das H"ufthorn %S.82 h"orte und das Hoho! der J"ager, da hatte es keine Ruhe %S.82 und sprach: >>Schwesterchen, mach mir auf, ich mu"s %S.82 hinaus.<< Das Schwesterchen "offnete ihm die T"ure und %S.82 sprach: >>Aber zu Abend mu"st du wieder da sein und %S.82 dein Spr"uchlein sagen.<< Als der K"onig und seine J"ager %S.82 das Rehlein mit dem goldenen Halsband wieder sahen, %S.82 jagten sie ihm alle nach, aber es war ihnen zu schnell und %S.82 behend. Das w"ahrte den ganzen Tag, endlich aber hatten %S.82 es die J"ager abends umzingelt, und einer verwundete es %S.82 ein wenig am Fu"s, so da"s es hinken mu"ste und langsam %S.82 fortlief. Da schlich ihm ein J"ager nach bis zu dem H"auschen %S.82 und h"orte, wie es rief: >>Mein Schwesterlein, la"s %S.82 mich herein<<, und sah, da"s die T"ur ihm aufgetan und %S.82 alsbald wieder zugeschlossen ward. Der J"ager behielt das %S.82 alles wohl im Sinn, ging zum K"onig und erz"ahlte ihm, %S.83 was er gesehen und geh"ort hatte. Da sprach der K"onig: %S.83 >>Morgen soll noch einmal gejagt werden.<< %S.83 Das Schwesterchen aber erschrak gewaltig, als es sah, %S.83 da"s sein Rehk"albchen verwundet war. Es wusch ihm das %S.83 Blut ab, legte Kr"auter auf und sprach: >>Geh auf dein %S.83 Lager, lieb Rehchen, da"s du wieder heil wirst.<< Die %S.83 Wunde aber war so gering, da"s das Rehchen am Morgen %S.83 nichts mehr davon sp"urte. Und als es die Jagdlust wieder %S.83 drau"sen h"orte, sprach es: >>Ich kann's nicht aushalten, %S.83 ich mu"s dabei sein; so bald soll mich keiner kriegen.<< %S.83 Das Schwesterchen weinte und sprach: >>Nun werden sie %S.83 dich t"oten, und ich bin hier allein im Wald und bin %S.83 verlassen von aller Welt: ich la"s dich nicht hinaus.<< >>So %S.83 sterb ich dir hier vor Betr"ubnis<<, antwortete das Rehchen, %S.83 >>wenn ich das H"ufthorn h"ore, so mein ich, ich %S.83 m"u"st aus den Schuhen springen!<< Da konnte das Schwesterchen %S.83 nicht anders und schlo"s ihm mit schwerem %S.83 Herzen die T"ur auf, und das Rehchen sprang gesund und %S.83 fr"ohlich in den Wald. Als es der K"onig erblickte, sprach %S.83 er zu seinen J"agern: >>Nun jagt ihm nach den ganzen Tag %S.83 bis in die Nacht, aber da"s ihm keiner etwas zuleide tut.<< %S.83 Sobald die Sonne untergegangen war, sprach der K"onig %S.83 zum J"ager: >>Nun komm und zeige mir das Waldh"auschen.<< %S.83 Und als er vor dem T"urlein war, klopfte er an und %S.83 rief: >>Lieb Schwesterlein, la"s mich herein.<< Da ging die %S.83 T"ur auf, und der K"onig trat herein, und da stand ein %S.83 M"adchen, das war so sch"on, wie er noch keins gesehen %S.83 hatte. Das M"adchen erschrak, als es sah, da"s nicht sein %S.83 Rehlein, sondern ein Mann hereinkam, der eine goldene %S.83 Krone auf dem Haupt hatte. Aber der K"onig sah es %S.83 freundlich an, reichte ihm die Hand und sprach: >>Willst %S.83 du mit mir gehen auf mein Schlo"s und meine liebe Frau %S.83 sein?<< >>Ach ja<<, antwortete das M"adchen, >>aber das %S.83 Rehchen mu"s auch mit, das verla"s ich nicht.<< Sprach der %S.83 der K"onig: >>Es soll bei dir bleiben, solange du lebst, und %S.83 soll ihm an nichts fehlen.<< Indem kam es hereingesprungen, %S.84 da band es das Schwesterchen wieder an das Binsenseil, %S.84 nahm es selbst in die Hand und ging mit ihm aus %S.84 dem Waldh"auschen fort. %S.84 Der K"onig nahm das sch"one M"adchen auf sein Pferd und %S.84 f"uhrte es in sein Schlo"s, wo die Hochzeit mit gro"ser %S.84 Pracht gefeiert wurde, und war es nun die Frau K"onigin %S.84 und lebten sie lange Zeit vergn"ugt zusammen; das Rehlein %S.84 ward gehegt und gepflegt und sprang in dem Schlo"sgarten %S.84 herum. Die b"ose Stiefmutter aber, um derentwillen %S.84 die Kinder in die Welt hineingegangen waren, die %S.84 meinte nicht anders, als Schwesterchen w"are von den %S.84 wilden Tieren im Walde zerrissen worden und Br"uderchen %S.84 als ein Rehkalb von den J"agern totgeschossen. Als %S.84 sie nun h"orte, da"s sie so gl"ucklich waren und es ihnen so %S.84 wohl ging, da wurden Neid und Mi"sgunst in ihrem %S.84 Herzen rege und lie"sen ihr keine Ruhe, und sie hatte %S.84 keinen andern Gedanken, als wie sie die beiden doch %S.84 noch ins Ungl"uck bringen k"onnte. Ihre rechte Tochter, %S.84 die h"a"slich war wie die Nacht und nur ein Auge hatte, %S.84 die machte ihr Vorw"urfe und sprach: >>Eine K"onigin zu %S.84 werden, das Gl"uck h"atte mir geb"uhrt.<< >>Sei nur still<<, %S.84 sagte die Alte und sprach sie zufrieden: >>Wenn's Zeit ist, %S.84 will ich schon bei der Hand sein.<< Als nun die Zeit %S.84 heranger"uckt war und die K"onigin ein sch"ones Kn"ablein %S.84 zur Welt gebracht hatte und der K"onig gerade auf der %S.84 Jagd war, nahm die alte Hexe die Gestalt der Kammerfrau %S.84 an, trat in die Stube, wo die K"onigin lag, und sprach %S.84 zu der Kranken: >>Kommt, das Bad ist fertig, das wird %S.84 Euch wohltun und frische Kr"afte geben: geschwind, eh %S.84 es kalt wird.<< Ihre Tochter war auch bei der Hand, sie %S.84 trugen die schwache K"onigin in die Badstube und legten %S.84 sie in die Wanne; dann schlossen sie die T"ur ab und liefen %S.84 davon. In der Badstube aber hatten sie ein rechtes H"ollenfeuer %S.84 angemacht, da"s die sch"one junge K"onigin bald %S.84 ersti"cken mu"ste. %S.84 Als das vollbracht war, nahm die Alte ihre Tochter, %S.85 setzte ihr eine Haube auf und legte sie ins Bett an der %S.85 K"onigin Stelle. Sie gab ihr auch die Gestalt und das %S.85 Ansehen der K"onigin, nur das verlorene Auge konnte sie %S.85 ihr nicht wiedergeben. Damit es aber der K"onig nicht %S.85 merkte, mu"ste sie sich auf die Seite legen, wo sie kein %S.85 Auge hatte. Am Abend, als er heimkam und h"orte, da"s %S.85 ihm ein S"ohnlein geboren war, freute er sich herzlich und %S.85 wollte ans Bett seiner lieben Frau gehen und sehen, was %S.85 sie machte. Da rief die Alte geschwind: >>Beileibe, la"st %S.85 die Vorh"ange zu, die K"onigin darf noch nicht ins Licht %S.85 sehen und mu"s Ruhe haben.<< Der K"onig ging zur"uck %S.85 und wu"ste nicht, da"s eine falsche K"ongin im Bette %S.85 lag. %S.85 Als es aber Mitternacht war und alles schlief, da sah die %S.85 Kinderfrau, die in der Kinderstube neben der Wiege sa"s %S.85 und allein noch wachte, wie die T"ure aufging und die %S.85 rechte K"onigin hereintrat. Sie nahm das Kind aus der %S.85 Wiege, legte es in ihren Arm und gab ihm zu trinken. %S.85 Dann sch"uttelte sie ihm sein Ki"schen, legte es wieder %S.85 hinein und deckte es mit dem Deckbettchen zu. Sie %S.85 verga"s aber auch das Rehchen nicht, ging in die E"cke, wo %S.85 es lag, und streichelte ihm "uber den R"u"cken. Darauf ging %S.85 sie ganz stillschweigend wieder zur T"ure hinaus, und die %S.85 Kinderfrau fragte am andern Morgen die W"achter, ob %S.85 jemand w"ahrend der Nacht ins Schlo"s gegangen w"are, %S.85 aber sie antworteten: >>Nein, wir haben niemand gesehen.<< %S.85 So kam sie viele N"achte und sprach niemals ein %S.85 Wort dabei; die Kinderfrau sah sie immer, aber sie %S.85 getraute sich nicht, jemand etwas davon zu sagen. %S.85 Als nun so eine Zeit verflossen war, da hub die K"onigin %S.85 in der Nacht an zu reden und sprach: %S.85 \begin{verse} >>Was macht mein Kind? Was macht mein Reh? \\ %S.85 Nun komm ich noch zweimal und dann nimmermehr.<< %S.85 \end{verse} Die Kinderfrau antwortete ihr nicht, aber als sie wieder %S.85 verschwunden war, ging sie zum K"onig und erz"ahlte ihm %S.86 alles. Sprach der K"onig: >>Ach Gott, was ist das! Ich will %S.86 in der n"achsten Nacht bei dem Kinde wachen.<< Abends %S.86 ging er in die Kinderstube, aber um Mitternacht erschien %S.86 die K"onigin wieder und sprach: %S.86 \begin{verse} >>Was macht mein Kind? Was macht mein Reh? \\ %S.86 Nun komm ich noch einmal und dann nimmermehr.<< %S.86 \end{verse} Und pflegte dann des Kindes, wie sie gew"ohnlich tat, ehe %S.86 sie verschwand. Der K"onig getraute sich nicht, sie anzureden, %S.86 aber er wachte auch in der folgenden Nacht. Sie %S.86 sprach abermals: %S.86 \begin{verse} >>Was macht mein Kind? Was macht mein Reh? \\ %S.86 Nun komm ich noch diesmal und dann nimmermehr.<< %S.86 \end{verse} Da konnte sich der K"onig nicht zur"uckhalten, sprang zu %S.86 ihr und sprach: >>Du kannst niemand anders sein als %S.86 meine liebe Frau.<< Da antwortete sie: >>Ja, ich bin deine %S.86 liebe Frau<<, und hatte in dem Augenblick durch Gottes %S.86 Gnade das Leben wiedererhalten, war frisch, rot und %S.86 gesund. Darauf erz"ahlte sie dem K"onig den Frevel, den %S.86 die b"ose Hexe und ihre Tochter an ihr ver"ubt hatten. Der %S.86 K"onig lie"s beide vor Gericht f"uhren, und es ward ihnen %S.86 das Urteil gesprochen. Die Tochter ward in Wald %S.86 gef"uhrt, wo sie die wilden Tiere zerrissen, die Hexe aber %S.86 ward ins Feuer gelegt und mu"ste jammervoll verbrennen. %S.86 Und wie sie zu Asche verbrannt war, verwandelte %S.86 sich das Rehk"albchen und erhielt seine menschliche %S.86 Gestalt wieder; Schwesterchen und Br"uderchen aber lebten %S.86 gl"ucklich zusammen bis an ihr Ende. %S.86