% @book{bg_hr_khm_1857, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % editor = "Heinz R{\"{o}}lleke", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen", % publisher = "Philipp Reclam jun. GmbH {\&} Co.", % address = "Stuttgart, Germany", % year = "1995", % volume = "1", % series = "Universal-Bibliothek Nr. 3191", % isbn = "3-15-003191-5", % language = "German", % colophon = "BR{\"{U}}DER GRIMM % Kinder- und Hausm{\"{a}}rchen % AUSGABE LETZTER HAND % MIT DEN ORIGINALANMERKUNGEN % DER BR{\"{U}}DER GRIMM % MIT EINEM ANHANG % S{\"{A}}MTLICHER, NICHT IN ALLEN AUFLAGEN % VER{\"{O}}FFENTLICHTER M{\"{A}}RCHEN % UND HERKUNFTSNACHWEISEN HERAUSGEGEBEN % VON HEINZ R{\"{O}}LLEKE % PHILIPP RECLAM JUN. STUTTGART, 1980/1995" } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von Y. Nagata, am 24. Dezember 2000 % \maerchentitel{KHM 5: Der Wolf und die sieben jungen Gei"slein} \markright{KHM 5: Der Wolf und die sieben jungen Gei"slein} Es war einmal eine alte Gei"s, die hatte sieben junge %S.51 Gei"slein und hatte sie lieb, wie eine Mutter ihre Kinder %S.51 liebhat. Eines Tages wollte sie in den Wald gehen und %S.51 Futter holen, da rief sie alle sieben herbei und sprach: %S.51 >>Liebe Kinder, ich will hinaus in den Wald, seid auf %S.52 eurer Hut vor dem Wolf, wenn er hereinkommt, so fri"st %S.52 er euch alle mit Haut und Haar. Der B"osewicht verstellt %S.52 sich oft, aber an seiner rauhen Stimme und an seinen %S.52 schwarzen F"u"sen werdet ihr ihn gleich erkennen.<< Die %S.52 Gei"slein sagten: >>Liebe Mutter, wir wollen uns schon in %S.52 acht nehmen, Ihr k"onnt ohne Sorge fortgehen.<< Da %S.52 meckerte die Alte und machte sich getrost auf den %S.52 Weg. %S.52 Es dauerte nicht lange, so klopfte jemand an die Haust"ur %S.52 und rief: >>Macht auf, ihr lieben Kinder, eure Mutter ist %S.52 da und hat jedem von euch etwas mitgebracht.<< Aber die %S.52 Gei"serchen h"orten an der rauhen Stimme, da"s es der %S.52 Wolf war. >>Wir machen nicht auf<<, riefen sie, >>du bist %S.52 unsere Mutter nicht, die hat eine feine und liebliche %S.52 Stimme, aber deine Stimme ist rauh; du bist der Wolf.<< %S.52 Da ging der Wolf fort zu einem Kr"amer und kaufte sich %S.52 ein gro"ses St"uck Kreide: die a"s er und machte damit %S.52 seine Stimme fein. Dann kam er zur"uck, klopfte an die %S.52 Haust"ur und rief: >>Macht auf, ihr lieben Kinder, eure %S.52 Mutter ist da und hat jedem von euch etwas mitgebracht.<< %S.52 Aber der Wolf hatte seine schwarze Pfote in das %S.52 Fenster gelegt, das sahen die Kinder und riefen: >>Wir %S.52 machen nicht auf, unsere Mutter hat keinen schwarzen %S.52 Fu"s wie du: du bist der Wolf.<< Da lief der Wolf zu einem %S.52 B"acker und sprach: >>Ich habe mich an den Fu"s gesto"sen, %S.52 streich mir Teig dar"uber.<< Und als ihm der B"acker die %S.52 Pfote bestrichen hatte, so lief er zum M"uller und sprach: %S.52 >>Streu mir wei"ses Mehl auf meine Pfote.<< Der M"uller %S.52 dachte: >>Der Wolf will einen betr"ugen<<, und weigerte %S.52 sich, aber der Wolf sprach: >>Wenn du es nicht tust, so %S.52 fresse ich dich.<< Da f"urchtete sich der M"uller und machte %S.52 ihm die Pfote wei"s. Ja, das sind die Menschen. %S.52 Nun ging der B"osewicht zum drittenmal zu der Haust"ure, %S.52 klopfte an und sprach: >>Macht mir auf, Kinder, %S.52 euer liebes M"utterchen ist heimgekommen und hat jedem %S.52 von euch etwas aus dem Walde mitgebracht.<< Die Gei"serchen %S.53 riefen: >>Zeig uns erst deine Pfote, damit wir %S.53 wissen, da"s du unser liebes M"utterchen bist.<< Da legte er %S.53 die Pfote ins Fenster, und als sie sahen, da"s sie wei"s war, %S.53 so glaubten sie, es w"are alles wahr, was er sagte, und %S.53 machten die T"ure auf. Wer aber hereinkam, das war der %S.53 Wolf. Sie erschraken und wollten sich verstecken. Das %S.53 eine sprang unter den Tisch, das zweite ins Bett, das %S.53 dritte in den Ofen, das vierte in die K"uche, das f"unfte in %S.53 den Schrank, das sechste unter die Waschsch"ussel, das %S.53 siebente in den Kasten der Wanduhr. Aber der Wolf fand %S.53 sie alle und machte nicht langes Federlesen: eins nach %S.53 dem andern schluckte er in seinen Rachen; nur das %S.53 j"ungste in dem Uhrkasten, das fand er nicht. Als der %S.53 Wolf seine Lust geb"u"st hatte, trollte er sich fort, legte %S.53 sich drau"sen auf der gr"unen Wiese unter einen Baum und %S.53 fing an zu schlafen. %S.53 Nicht lange danach kam die alte Gei"s aus dem Walde %S.53 wieder heim. Ach, was mu"ste sie da erblicken! Die %S.53 Haust"ure stand sperrweit auf: Tisch, St"uhle und B"anke %S.53 waren umgeworfen, die Waschsch"ussel lag in Scherben, %S.53 Decke und Kissen waren aus dem Bett gezogen. Sie %S.53 suchte ihre Kinder, aber nirgend waren sie zu finden. Sie %S.53 rief sie nacheinander bei Namen, aber niemand antwortete. %S.53 Endlich als sie an das j"ungste kam, da rief eine feine %S.53 Stimme: >>Liebe Mutter, ich stecke im Uhrkasten.<< Sie %S.53 holte es heraus, und es erz"ahlte ihr, da"s der Wolf gekommen %S.53 w"are und die andern alle gefressen h"atte. Da k"onnt %S.53 ihr denken, wie sie "uber ihre armen Kinder geweint %S.53 hat. %S.53 Endlich ging sie in ihrem Jammer hinaus, und das j"ungste %S.53 Gei"slein lief mit. Als sie auf die Wiese kam, so lag da der %S.53 Wolf an dem Baum und schnarchte, da"s die "Aste zitterten. %S.53 Sie betrachtete ihn von allen Seiten und sah, da"s in %S.53 seinem angef"ullten Bauch sich etwas regte und zappelte. %S.53 >>Ach Gott<<, dachte sie, >>sollten meine armen Kinder, %S.53 die er zum Abendbrot hinuntergew"urgt hat, noch am %S.54 Leben sein?<< Da mu"ste das Gei"slein nach Haus laufen %S.54 und Schere, Nadel und Zwirn holen. Dann schnitt sie %S.54 dem Unget"um den Wanst auf, und kaum hatte sie einen %S.54 Schnitt getan, so streckte schon ein Gei"slein den Kopf %S.54 heraus, und als sie weiter schnitt, so sprangen nacheinander %S.54 alle sechse heraus, und waren noch alle am Leben %S.54 und hatten nicht einmal Schaden gelitten, denn das %S.54 Unget"um hatte sie in der Gier ganz hinuntergeschluckt. %S.54 Das war eine Freude! Da herzten sie ihre liebe Mutter %S.54 und h"upften wie ein Schneider, der Hochzeit h"alt. Die %S.54 Alte aber sagte: >>Jetzt geht und sucht Wackersteine, %S.54 damit wollen wir dem gottlosen Tier den Bauch f"ullen, %S.54 solange es noch im Schlafe liegt.<< Da schleppten die sieben %S.54 Gei"serchen in aller Eile die Steine herbei und steckten sie %S.54 ihm in den Bauch, soviel sie hineinbringen konnten. Dann %S.54 n"ahte ihn die Alte in aller Geschwindigkeit wieder zu, da"s %S.54 er nichts merkte und sich nicht einmal regte. %S.54 Als der Wolf endlich ausgeschlafen hatte, machte er sich %S.54 auf die Beine, und weil ihm die Steine im Magen so %S.54 gro"sen Durst erregten, so wollte er zu einem Brunnen %S.54 gehen und trinken. Als er aber anfing, zu gehen und sich %S.54 hin und her zu bewegen, so stie"sen die Steine in seinem %S.54 Bauch aneinander und rappelten. Da rief er: %S.54 \begin{verse} >>Was rumpelt und pumpelt \\ %S.54 in meinem Bauch herum? \\ %S.54 Ich meinte, es w"aren sechs Gei"slein, \\ %S.54 so sind's lauter Wackerstein.<< %S.54 \end{verse} Und als er an den Brunnen kam und sich "uber das Wasser %S.54 b"uckte und trinken wollte, da zogen ihn die schweren %S.54 Steine hinein, und er mu"ste j"ammerlich ersaufen. Als die %S.54 sieben Gei"slein das sahen, da kamen sie herbeigelaufen, %S.54 riefen laut: >>Der Wolf ist tot! Der Wolf ist tot!<<, und %S.54 tanzten mit ihrer Mutter vor Freude um den Brunnen %S.54 herum. %S.54