% @book{bg_hr_khm_1857, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % editor = "Heinz R{\"{o}}lleke", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen", % publisher = "Philipp Reclam jun. GmbH {\&} Co.", % address = "Stuttgart, Germany", % year = "1995", % volume = "1", % series = "Universal-Bibliothek Nr. 3191", % isbn = "3-15-003191-5", % language = "German", % colophon = "BR{\"{U}}DER GRIMM % Kinder- und Hausm{\"{a}}rchen % AUSGABE LETZTER HAND % MIT DEN ORIGINALANMERKUNGEN % DER BR{\"{U}}DER GRIMM % MIT EINEM ANHANG % S{\"{A}}MTLICHER, NICHT IN ALLEN AUFLAGEN % VER{\"{O}}FFENTLICHTER M{\"{A}}RCHEN % UND HERKUNFTSNACHWEISEN HERAUSGEGEBEN % VON HEINZ R{\"{O}}LLEKE % PHILIPP RECLAM JUN. STUTTGART, 1980/1995" } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von Y. Nagata, am 24. Dezember 2000 % \maerchentitel{KHM 1: Der Froschk"onig oder der eiserne Heinrich} \markright{KHM 1: Der Froschk"onig oder der eiserne Heinrich} In den alten Zeiten, wo das W"unschen noch geholfen %S.29 hat, lebte ein K"onig, dessen T"ochter waren alle sch"on, %S.29 aber die j"ungste war so sch"on, da"s die Sonne selber, die %S.29 doch so vieles gesehen hat, sich verwunderte, sooft sie %S.29 ihr ins Gesicht schien. Nahe bei dem Schlosse des K"onigs %S.29 lag ein gro"ser dunkler Wald, und in dem Walde unter %S.29 einer alten Linde war ein Brunnen; wenn nun der Tag %S.29 recht hei"s war, so ging das K"onigskind hinaus in den %S.29 Wald und setzte sich an den Rand des k"uhlen Brunnens; %S.29 und wenn sie Langeweile hatte, so nahm sie eine goldene %S.29 Kugel, warf sie in die H"ohe und fing sie wieder; und das %S.29 war ihr liebstes Spielwerk. %S.29 Nun trug es sich einmal zu, da"s die goldene Kugel der %S.29 K"onigstochter nicht in ihr H"andchen fiel, das sie in die %S.29 H"ohe gehalten hatte, sondern vorbei auf die Erde schlug %S.29 und geradezu ins Wasser hineinrollte. Die K"onigstochter %S.29 folgte ihr mit den Augen nach, aber die Kugel verschwand, %S.29 und der Brunnen war tief, so tief, da"s man %S.29 keinen Grund sah. Da fing sie an zu weinen und weinte %S.29 immer lauter und konnte sich gar nicht tr"osten. Und wie %S.29 sie so klagte, rief ihr jemand zu: >>Was hast du vor, %S.29 K"onigstochter, du schreist ja, da"s sich ein Stein erbarmen %S.29 m"ochte.<< Sie sah sich um, woher die Stimme k"ame, %S.29 da erblickte sie einen Frosch, der seinen dicken h"a"slichen %S.29 Kopf aus dem Wasser streckte. >>Ach, du bist's, alter %S.29 Wasserpatscher<<, sagte sie, >>ich weine "uber meine goldene %S.29 Kugel, die mir in den Brunnen hinabgefallen ist.<< %S.29 >>Sei still und weine nicht<<, antwortete der Frosch, >>ich %S.29 kann wohl Rat schaffen, aber was gibst du mir, wenn ich %S.29 dein Spielwerk wieder heraufhole?<< >>Was du haben %S.29 willst, lieber Frosch<<, sagte sie, >>meine Kleider, meine %S.29 Perlen und Edelsteine, auch noch die goldene Krone, die %S.29 ich trage.<< Der Frosch antwortete: >>Deine Kleider, deine %S.30 Perlen und Edelsteine, und deine goldene Krone, die %S.30 mag ich nicht; aber wenn du mich liebhaben willst, und %S.30 ich soll dein Geselle und Spielkamerad sein, an deinem %S.30 Tischlein neben dir sitzen, von deinem goldenen Tellerlein %S.30 essen, aus deinem Becherlein trinken, in deinem %S.30 Bettlein schlafen: wenn du mir das versprichst, so will %S.30 ich hinuntersteigen und dir die goldene Kugel wieder %S.30 heraufholen.<< >>Ach ja<<, sagte sie, >>ich verspreche dir %S.30 alles, was du willst, wenn du mir nur die Kugel wiederbringst.<< %S.30 Sie dachte aber: Was der einf"altige Frosch %S.30 schw"atzt, der sitzt im Wasser bei seinesgleichen und %S.30 quakt und kann keines Menschen Geselle sein. %S.30 Der Frosch, als er die Zusage erhalten hatte, tauchte %S.30 seinen Kopf unter, sank hinab, und "uber ein Weilchen %S.30 kam er wieder heraufgerudert, hatte die Kugel im Maul %S.30 und warf sie ins Gras. Die K"onigstochter war voll %S.30 Freude, als sie ihr sch"ones Spielwerk wieder erblickte, %S.30 hob es auf und sprang damit fort. >>Warte, warte<<, rief %S.30 der Frosch, >>nimm mich mit, ich kann nicht so laufen %S.30 wie du.<< Aber was half ihm, da"s er ihr sein quak, quak %S.30 so laut nachschrie, als er konnte! Sie h"orte nicht darauf, %S.30 eilte nach Haus und hatte bald den armen Frosch vergessen, %S.30 der wieder in seinen Brunnen hinabsteigen mu"ste. %S.30 Am andern Tage, als sie mit dem K"onig und allen %S.30 Hofleuten sich zur Tafel gesetzt hatte und von ihrem %S.30 goldenen Tellerlein a"s, da kam, plitsch platsch, plitsch %S.30 platsch, etwas die Marmortreppe heraufgekrochen, und %S.30 als es oben angelangt war, klopfte es an der T"ur und rief: %S.30 >>K"onigstochter, j"ungste, mach mir auf.<< Sie lief und %S.30 wollte sehen, wer drau"sen w"are, als sie aber aufmachte, %S.30 so sa"s der Frosch davor. Da warf sie die T"ur hastig zu, %S.30 setzte sich wieder an den Tisch, und war ihr ganz angst. %S.30 Der K"onig sah wohl, da"s ihr das Herz gewaltig klopfte, %S.30 und sprach: >>Mein Kind, was f"urchtest du dich, steht %S.30 etwa ein Riese vor der T"ur und will dich holen?<< >>Ach %S.30 nein<<, antwortete sie, >>es ist kein Riese, sondern ein %S.31 garstiger Frosch.<< >>Was will der Frosch von dir?<< >>Ach %S.31 lieber Vater, als ich gestern im Wald bei dem Brunnen %S.31 sa"s und spielte, da fiel meine goldene Kugel ins Wasser. %S.31 Und weil ich so weinte, hat sie der Frosch wieder %S.31 heraufgeholt, und weil er es durchaus verlangte, so versprach %S.31 ich ihm, er sollte mein Geselle werden, ich dachte %S.31 aber nimmermehr, da"s er aus seinem Wasser heraus %S.31 k"onnte. Nun ist er drau"sen und will zu mir herein.<< %S.31 Indem klopfte es zum zweitenmal und rief: %S.31 \begin{verse} >>K"onigstochter, j"ungste, \\ %S.31 mach mir auf, \\ %S.31 wei"st du nicht, was gestern \\ %S.31 du zu mir gesagt \\ %S.31 bei dem k"uhlen Brunnenwasser? \\ %S.31 K"onigstochter, j"ungste, \\ %S.31 mach mir auf.<< %S.31 \end{verse} Da sagte der K"onig: >>Was du versprochen hast, das mu"st %S.31 du auch halten; geh nur und mach ihm auf.<< Sie ging und %S.31 "offnete die T"ure, da h"upfte der Frosch herein, ihr immer %S.31 auf dem Fu"se nach, bis zu ihrem Stuhl. Da sa"s er und %S.31 rief: >>Heb mich herauf zu dir.<< Sie zauderte, bis es %S.31 endlich der K"onig befahl. Als der Frosch erst auf dem %S.31 Stuhl war, wollte er auf den Tisch, und als er da sa"s, %S.31 sprach er: >>Nun schieb mir dein goldenes Tellerlein %S.31 n"aher, damit wir zusammen essen.<< Das tat sie zwar, %S.31 aber man sah wohl, da"s sie's nicht gerne tat. Der Frosch %S.31 lie"s sich's gut schmecken, aber ihr blieb fast jedes Bi"slein %S.31 im Halse. Endlich sprach er: >>Ich habe mich satt gegessen %S.31 und bin m"ude, nun trag mich in dein K"ammerlein %S.31 und mach dein seiden Bettlein zurecht, da wollen wir uns %S.31 schlafen legen.<< Die K"onigstochter fing an zu weinen %S.31 und f"urchtete sich vor dem kalten Frosch, den sie nicht %S.31 anzur"uhren getraute und der nun in ihrem sch"onen reinen %S.31 Bettlein schlafen sollte. Der K"onig aber ward zornig %S.31 und sprach: >>Wer dir geholfen hat, als du in der Not %S.31 warst, den sollst du hernach nicht verachten.<< Da packte %S.32 sie ihn mit zwei Fingern, trug ihn hinauf und setzte ihn %S.32 in eine Ecke. Als sie aber im Bett lag, kam er gekrochen %S.32 und sprach: >>Ich bin m"ude, ich will schlafen so gut wie %S.32 du: heb mich herauf, oder ich sag's deinem Vater.<< Da %S.32 ward sie erst bitterb"ose, holte ihn herauf und warf ihn %S.32 aus allen Kr"aften wider die Wand. >>Nun wirst du Ruhe %S.32 haben, du garstiger Frosch.<< %S.32 Als er aber herabfiel, war er kein Frosch, sondern ein %S.32 K"onigssohn mit sch"onen und freundlichen Augen. Der %S.32 war nun nach ihres Vaters Willen ihr lieber Geselle und %S.32 Gemahl. Da erz"ahlte er ihr, er w"are von einer b"osen %S.32 Hexe verw"unscht worden, und niemand h"atte ihn aus %S.32 dem Brunnen erl"osen k"onnen als sie allein, und morgen %S.32 wollten sie zusammen in sein Reich gehen. Dann schliefen %S.32 sie ein, und am andern Morgen, als die Sonne sie %S.32 aufweckte, kam ein Wagen herangefahren, mit acht wei"sen %S.32 Pferden bespannt, die hatten wei"se Strau"sfedern auf %S.32 dem Kopf und gingen in goldenen Ketten, und hinten %S.32 stand der Diener des jungen K"onigs, das war der treue %S.32 Heinrich. Der treue Heinrich hatte sich so betr"ubt, als %S.32 sein Herr war in einen Frosch verwandelt worden, da"s er %S.32 drei eiserne Bande hatte um sein Herz legen lassen, damit %S.32 es ihm nicht vor Weh und Traurigkeit zerspr"ange. Der %S.32 Wagen aber sollte den jungen K"onig in sein Reich abholen; %S.32 der treue Heinrich hob beide hinein, stellte sich %S.32 wieder hinten auf und war voller Freude "uber die Erl"osung. %S.32 Und als sie ein St"uck Wegs gefahren waren, h"orte %S.32 der K"onigssohn, da"s es hinter ihm krachte, als w"are %S.32 etwas zerbrochen. Da drehte er sich um und rief: %S.32 \begin{verse} >>Heinrich, der Wagen bricht.<< \\ %S.32 >>Nein, Herr, der Wagen nicht, \\ %S.32 es ist ein Band von meinem Herzen, \\ %S.32 das da lag in gro"sen Schmerzen, \\ %S.32 als Ihr in dem Brunnen sa"st, \\ %S.32 als Ihr eine Fretsche (Frosch) wast (wart).<< %S.32 \end{verse} Noch einmal und noch einmal krachte es auf dem Weg, %S.33 und der K"onigssohn meinte immer, der Wagen br"ache, %S.33 und es waren doch nur die Bande, die vom Herzen des %S.33 treuen Heinrich absprangen, weil sein Herr erl"ost und %S.33 gl"ucklich war. %S.33