% @book{bg_hr_khm_1857, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % editor = "Heinz R{\"{o}}lleke", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen", % publisher = "Philipp Reclam jun. GmbH {\&} Co.", % address = "Stuttgart, Germany", % year = "1991", % volume = "2", % series = "Universal-Bibliothek Nr. 3192 [6]", % isbn = "3-15-003192-3", % language = "German", % colophon = "BR{\"{U}}DER GRIMM % Kinder- und Hausm{\"{a}}rchen % AUSGABE LETZTER HAND % MIT DEN ORIGINALANMERKUNGEN % DER BR{\"{U}}DER GRIMM % MIT EINEM ANHANG % S{\"{A}}MTLICHER, NICHT IN ALLEN AUFLAGEN % VER{\"{O}}FFENTLICHTER M{\"{A}}RCHEN % UND HERKUNFTSNACHWEISEN HERAUSGEGEBEN % VON HEINZ R{\"{O}}LLEKE % PHILIPP RECLAM JUN. STUTTGART, 1980/1991" } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von Y. Nagata, am 21. Februar 2001 % \anhangmaerchen{Anhang Nr.\,22: Der Soldat und der Schreiner} \markright{ANH 22: Der Soldat und der Schreiner} Es wohnten in einer Stadt zwei Tischler, deren H"auser %S.506 stie"sen aneinander, und jeder hatte einen Sohn; die Kinder %S.506 waren immer beisammen, spielten miteinander und %S.506 hie"sen darum das \emph{Messerchen} und \emph{G"abelchen}, die auch %S.506 immer nebeneinander auf den Tisch gelegt werden. Als %S.506 sie nun beide gro"s waren, wollten sie auch voneinander %S.506 nicht weichen, der eine war aber mutig und der andere %S.506 furchtsam, da ward der eine Soldat, der andere lernte das %S.506 Handwerk. Wie die Zeit kam, da"s dieser wandern %S.506 mu"ste, wollt ihn der Soldat nicht verlassen, und gingen %S.506 sie zusammen aus. Sie kamen nun in eine Stadt, wo der %S.506 Tischler bei einem Meister in die Arbeit ging, der Soldat %S.506 wollte da auch bleiben und verdingte sich bei demselben %S.506 Meister als Hausknecht. Das w"ar gut gewesen, aber der %S.506 Soldat hatte keine Lust am Arbeiten, lag auf der B"arenhaut, %S.506 und es dauerte nicht lang, so wurde er vom Meister %S.506 weggeschickt; der Flei"sige wollt ihn aus Treue nun nicht %S.506 allein lassen, sagte dem Meister auf und zog mit ihm %S.506 weiter. So ging's aber immerfort; hatten sie Arbeit, so %S.506 dauerte es nicht lang, weil der Soldat faul war und %S.506 fortgeschickt wurde, der andere aber ohne ihn nicht %S.506 bleiben wollte. Einmal kamen sie in eine gro"se Stadt, %S.506 weil aber der Soldat keine Hand regen wollte, ward er am %S.506 Abend schon verabschiedet, und sie mu"sten dieselbe %S.506 Nacht wieder hinaus. Da f"uhrte sie der Weg vor einen %S.506 unbekannten gro"sen Wald; der Furchtsame sprach: >>Ich %S.506 geh nicht hinein, darin springen Hexen und Gespenster %S.506 herum.<< Der Soldat aber antwortete: >>Ei was! Davor %S.506 f"urcht ich mich noch nicht!<<, ging voran, und der %S.506 Furchtsame, weil er doch nicht von ihm lassen wollte, %S.506 ging mit. In kurzer Zeit hatten sie den Weg verloren und %S.506 irrten in der Dunkelheit durch die B"aume, endlich sahen %S.506 sie ein Licht. Das suchten sie auf und kamen zu einem %S.507 sch"onen Schlo"s, das hell erleuchtet war, und hau"sen lag %S.507 ein schwarzer Hund, und auf einem Teich neben sa"s ein %S.507 roter Schwan; als sie aber hineintraten, sahen sie nirgends %S.507 einen Menschen, bis sie in die K"uche kamen, da sa"s noch %S.507 eine graue Katze bei einem Topf am Feuer und kochte. %S.507 Sie gingen weiter und fanden viele pr"achtige Zimmer, die %S.507 waren alle leer, in einem aber stand ein Tisch, mit Essen %S.507 und Trinken reichlich besetzt. Weil sie nun gro"sen Hunger %S.507 hatten, machten sie sich daran und lie"sen sich's gut %S.507 schmecken. Darnach sprach der Soldat: >>Wenn du gegessen %S.507 hast und satt worden bist, sollst du schlafen gehen!<<, %S.507 machte eine Kammer auf, darin standen zwei sch"one %S.507 Betten. Sie legten sich, aber als sie eben einschlafen %S.507 wollten, fiel dem Furchtsamen ein, da"s sie noch nicht %S.507 gebetet h"atten, da stand er auf und sah in der Wand einen %S.507 Schrank, den schlo"s er auf, und war da ein Kruzifix mit %S.507 zwei Gebetb"uchern dabei. Gleich weckte er den Soldaten, %S.507 da"s er aufstehen mu"ste, und sie knieten beide nieder %S.507 und taten ihr Gebet; darnach schliefen sie ruhig ein. Am %S.507 andern Morgen kriegte der Soldat einen heftigen Sto"s, %S.507 da"s er in die H"ohe fuhr: >>Du, was schl"agst du mich<<, rief %S.507 er dem andern zu, der aber hatte auch einen Sto"s gekriegt %S.507 und sprach: >>Was st"o"st du mich, ich sto"s dich nicht!<< %S.507 Da sagte der Soldat: >>Es wird wohl ein Zeichen sein, da"s %S.507 wir hervor sollen.<< Wie sie nun herauskamen, stand %S.507 schon ein Fr"uhst"uck auf dem Tisch, der Furchtsame %S.507 sprach aber: >>Eh wir es anr"uhren, wollen wir erst nach %S.507 einem Menschen suchen.<< >>Ja<<, sagte der Soldat, >>ich %S.507 mein auch immer, die Katze h"att's gekocht und eingebrockt, %S.507 da vergeht mir alle Lust.<< %S.507 Sie gingen also wieder von unten bis oben durchs Schlo"s, %S.507 fanden aber keine Seele, endlich sagte der Soldat: >>Wir %S.507 wollen auch in den Keller steigen.<< Wie sie die Treppe %S.507 herunter waren, sahen sie vor dem ersten Keller eine alte %S.507 Frau sitzen; sie redeten sie an und sprachen: >>Guten Tag! %S.507 Hat Sie uns das gute Essen gekocht?<< >>Ja, Kinder, hat's %S.508 euch geschmeckt?<< Da gingen sie weiter und kamen zum %S.508 zweiten Keller, davor sa"s ein J"ungling von vierzehn %S.508 Jahren, den gr"u"sten sie auch, er gab ihnen aber keine %S.508 Antwort. Endlich kamen sie in den dritten Keller, davor %S.508 sa"s ein M"adchen von zw"olf Jahren, das antwortete ihnen %S.508 auch nicht auf ihren Gru"s. Sie gingen noch weiter durch %S.508 alle Keller, fanden aber weiter niemand. Wie sie nun %S.508 wieder zur"uckkamen, war das M"adchen von seinem Sitz %S.508 aufgestanden, da sagten sie zu ihm: >>Willst du mit uns %S.508 hinaufgehen?<< Es sprach aber: >>Ist der \emph{rote Schwan} noch %S.508 oben auf dem Teich?<< >>Ja, wir haben ihn beim Eingang %S.508 gesehen.<< >>Das ist traurig, so kann ich nicht mitgehen.<< %S.508 Der J"ungling war auch aufgestanden, und als sie zu ihm %S.508 kamen, fragten sie ihn: >>Willst du mit uns hinaufgehen?<< %S.508 Er aber sprach: >>Ist der \emph{schwarze Hund} noch auf dem %S.508 Hof?<< >>Ja, wir haben ihn beim Eingang gesehen.<< >>Das %S.508 ist traurig, so kann ich nicht mit euch gehen.<< Als sie zu %S.508 der alten Frau kamen, hatte sie sich auch aufgerichtet: %S.508 >>M"utterchen<<, sprachen sie, >>wollt Ihr mit uns hinaufgehen?<< %S.508 >>Ist die \emph{graue Katze} noch oben in der K"uche?<< %S.508 >>Ja, sie sitzt auf dem Herd bei einem Topf und kocht.<< %S.508 >>Das ist traurig, eh ihr nicht den roten Schwan, den %S.508 schwarzen Hund und die graue Katze t"otet, k"onnen wir %S.508 nicht aus dem Keller heraus.<< %S.508 Als die zwei Gesellen wieder oben in die K"uche kamen, %S.508 wollten sie die Katze streicheln, sie machte aber feurige %S.508 Augen und sah ganz wild aus. Nun war noch eine kleine %S.508 Kammer "ubrig, in der sie nicht gewesen waren, wie sie %S.508 die aufmachten, war sie ganz leer, nur an der Wand ein %S.508 Bogen und Pfeil, ein Schwert und eine Eisenzange. "Uber %S.508 Bogen und Pfeil standen die Worte: >>Das t"otet den roten %S.508 Schwan<<, "uber dem Schwert: >>Das haut dem schwarzen %S.508 Hund den Kopf herunter<<, und "uber der Zange: >>Das %S.508 kneift der grauen Katze den Kopf ab<<. >>Ach<<, sagte der %S.508 Furchtsame, >>wir wollen fort von hier<<, der Soldat aber: %S.508 >>Nein, wir wollen die Tiere aufsuchen.<< Sie nahmen die %S.509 Waffen von der Wand und gingen in die K"uche, da %S.509 standen die drei Tiere, der Schwan, der Hund und die %S.509 Katze, beisammen, als h"atten sie was B"oses vor. Wie der %S.509 Furchtsame das sah, lief er wieder fort; der Soldat sprach %S.509 ihm ein Herz ein, er hingegen wollte erst etwas essen; %S.509 wie er gegessen hatte, sagte er: >>In einem Zimmer hab ich %S.509 Harnische gesehen, da will ich einen zuvor anlegen.<< Als %S.509 er in dem Zimmer war, wollt er sich forthelfen und %S.509 sprach: >>Es ist besser, wir steigen zum Fenster hinaus, %S.509 was k"ummern uns die Tiere!<< Wie er aber zum Fenster %S.509 trat, war ein stark Eisengitter davor. Nun konnt er's %S.509 nicht l"anger verreden, ging zu den Harnischen und %S.509 wollte einen anziehen, aber sie waren alle zu schwer. Da %S.509 sagte der Soldat: >>Ei was, la"s uns so gehen, wie wir %S.509 sind.<< >>Ja<<, sprach der andere, >>wenn unser noch drei %S.509 w"aren.<< Wie er die Worte sprach, da flatterte eine wei"se %S.509 Taube au"sen ans Fenster und stie"s daran, der Soldat %S.509 machte ihr auf, und wie sie herein war, stand ein sch"oner %S.509 J"ungling vor ihnen, der sprach: >>Ich will bei euch sein %S.509 und euch helfen<<, und nahm Bogen und Pfeil. Der %S.509 Furchtsame sprach zu ihm, er h"att's am besten mit dem %S.509 Bogen und Pfeil, nach dem Schu"s w"ar's gut, und er %S.509 k"onnte hingehen, wohin er Lust h"atte, sie aber m"u"sten %S.509 mit ihren Waffen den Zaubertieren n"aher auf den Leib. %S.509 Da gab der J"ungling ihm den Bogen und Pfeil und nahm %S.509 das Schwert. %S.509 Da gingen alle drei zur K"uche, wo die Tiere noch beisammenstanden, %S.509 und der J"ungling hieb dem schwarzen %S.509 Hund den Kopf ab, und der Soldat packte die graue %S.509 Katze mit der Zange, und der Furchtsame stand hinten %S.509 und scho"s den roten Schwan tot. Und wie die drei Tiere %S.509 niederfielen, in dem Augenblick kam die Alte und ihre %S.509 zwei Kinder mit gro"sem Geschrei aus dem Keller gelaufen: %S.509 >>Ihr habt meine liebsten Freunde get"otet, ihr seid %S.509 Verr"ater<<, drangen auf sie und wollten sie ermorden. %S.509 Aber die drei "uberw"altigten sie und t"oteten sie mit ihren %S.510 Warfen, und wie sie tot waren, fing auf einmal ein %S.510 wunderliches Gemurmel ringsherum an und kam aus %S.510 allen Ecken. Der Furchtsame sprach: >>Wir wollen die %S.510 drei Leichen begraben, es waren doch Christen, das %S.510 haben wir am Kruzifix gesehen.<< Sie trugen sie also %S.510 hinaus auf den Hof, machten drei Gr"aber und legten sie %S.510 hinein. W"ahrend der Arbeit nahm aber das Gemurmel im %S.510 Schlo"s immer zu, ward immer lauter, und wie sie fertig %S.510 waren, h"orten sie ordentlich Stimmen darin, und einer %S.510 rief: >>Wo sind sie? Wo sind sie?<< Und weil der sch"one %S.510 J"ungling nicht mehr da war, ward ihnen angst, und sie %S.510 liefen fort. Als sie ein wenig weg waren, sagte der Soldat: %S.510 >>Ei, das ist unrecht, da"s wir so fortgelaufen sind, wir %S.510 wollen umkehren und sehen, was dort ist.<< >>Nein<<, %S.510 sagte der andere, >>ich will mit dem Zauberwesen nichts %S.510 zu tun haben und mein ehrliches Auskommen in der %S.510 Stadt suchen.<< Aber der Soldat lie"s ihm keine Ruhe, bis %S.510 er mit ihm zur"uckging. Wie sie vors Schlo"s kamen, war %S.510 alles voll Leben, Pferde sprangen durch den Hof, und %S.510 Bediente liefen hin und her. Da gaben sie sich f"ur zwei %S.510 arme Handwerker aus und baten um ein wenig Essen. %S.510 Einer aus dem Haufen sprach: >>Ja, kommt nur herein, %S.510 heut wird allen Gutes getan.<< Sie wurden in ein sch"ones %S.510 Zimmer gef"uhrt, und ward ihnen Speise und Wein gegeben. %S.510 Darnach wurden sie gefragt, ob sie nicht zwei junge %S.510 Leute von der Burg h"atten kommen sehen. >>Nein<<, %S.510 sagten sie. Als aber einer sah, da"s sie Blut an den H"anden %S.510 hatten, fragte er, woher das Blut k"ame. Da sprach der %S.510 Soldat: >>Ich habe mich in den Finger geschnitten.<< Der %S.510 Diener aber sagte es dem Herrn, der kam selber und %S.510 wollt es sehen, es war aber der sch"one J"ungling, der %S.510 ihnen beigestanden hatte, und wie er sie mit Augen sah, %S.510 rief er: >>Das sind sie, die das Schlo"s errettet haben!<< Da %S.510 empfing er sie mit Freuden und erz"ahlte, wie es zugegangen %S.510 w"are: >>Im Schlo"s war eine Haush"alterin mit ihren %S.510 zwei Kindern, die war eine heimliche Hexe, und als sie %S.511 einmal von der Herrschaft gescholten wurde, geriet sie in %S.511 Bosheit und verwandelte alles, was Leben hatte im %S.511 Schlo"s, zu Steinen, nur "uber drei andere b"ose Hofbediente, %S.511 die auch Zauberei verstanden, hatte sie keine %S.511 rechte Gewalt und konnte sie nur in Tiere verwandeln, %S.511 die nun oben im Schlo"s ihr Wesen trieben, dabei f"urchtete %S.511 sie sich vor ihnen und fl"uchtete mit ihren Kindern in %S.511 den Keller. Auch "uber mich hatte sie nur so viel Gewalt %S.511 gehabt, da"s sie mich in eine wei"se Taube au"serhalb des %S.511 Schlosses verwandeln konnte. Wie ihr zwei ins Schlo"s %S.511 kamt, da solltet ihr die Tiere t"oten, damit sie frei w"urde, %S.511 und zum Lohn wollte sie euch wieder umbringen, aber %S.511 Gott hat es besser gemacht, das Schlo"s ist erl"ost, und %S.511 die Steine sind wieder lebendig geworden in dem %S.511 Augenblick, wo die gottlose Hexe mit ihren Kindern %S.511 get"otet wurde, und das Gemurmel, das ihr geh"ort, das %S.511 waren die ersten Worte, welche die Freigewordenen %S.511 sprachen.<< Darauf f"uhrte er die zwei Gesellen zu dem %S.511 Hausherrn, der hatte zwei sch"one T"ochter, die wurden %S.511 ihnen gegeben, und sie lebten vergn"ugt ihr lebelang als %S.511 gro"se Ritter. %S.511