% @book{bg_hr_khm_1857, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % editor = "Heinz R{\"{o}}lleke", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen", % publisher = "Philipp Reclam jun. GmbH {\&} Co.", % address = "Stuttgart, Germany", % year = "1991", % volume = "2", % series = "Universal-Bibliothek Nr. 3192 [6]", % isbn = "3-15-003192-3", % language = "German", % colophon = "BR{\"{U}}DER GRIMM % Kinder- und Hausm{\"{a}}rchen % AUSGABE LETZTER HAND % MIT DEN ORIGINALANMERKUNGEN % DER BR{\"{U}}DER GRIMM % MIT EINEM ANHANG % S{\"{A}}MTLICHER, NICHT IN ALLEN AUFLAGEN % VER{\"{O}}FFENTLICHTER M{\"{A}}RCHEN % UND HERKUNFTSNACHWEISEN HERAUSGEGEBEN % VON HEINZ R{\"{O}}LLEKE % PHILIPP RECLAM JUN. STUTTGART, 1980/1991" } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von Y. Nagata, am 20. Februar 2001 % \anhangmaerchen{Anhang Nr.\,11: Der Okerlo} \markright{ANH 11: Der Okerlo} Eine K"onigin setzte ihr Kind in einer goldenen Wiege %S.471 aufs Meer und lie"s es fortschwimmen; es ging aber nicht %S.471 unter, sondern schwamm zu einer Insel, da wohnten %S.471 lauter Menschenfresser. Wie nun so die Wiege geschwommen %S.471 kam, stand gerade die Frau des Menschenfressers %S.471 am Ufer, und als sie das Kind sah, welches ein %S.471 wundersch"ones M"adchen war, beschlo"s sie, es gro"szuziehen %S.471 f"ur ihren Sohn, der sollte es einmal zur Frau %S.471 haben. Doch hatte sie gro"se Not damit, da"s sie es %S.471 sorgf"altig vor ihrem Mann, dem alten \emph{Okerlo}, versteckte, %S.471 denn h"atte er es zu Gesicht bekommen, so w"are es mit %S.471 Haut und Haar aufgefressen worden. %S.471 Als nun das M"adchen gro"s geworden war, sollte es mit %S.471 dem jungen Okerlo verheiratet werden, es mochte ihn %S.471 aber gar nicht leiden und weinte den ganzen Tag. Wie es %S.471 so einmal am Ufer sa"s, da kam ein junger, sch"oner Prinz %S.471 geschwommen, der gefiel ihm, und es gefiel ihm auch, %S.471 und sie versprachen sich miteinander; indem aber kam %S.471 die alte Menschenfresserin, die wurde gewaltig b"os, da"s %S.471 sie den Prinzen bei der Braut ihres Sohnes fand, und %S.471 kriegte ihn gleich zu packen: >>Wart nun, du sollst zu %S.471 meines Sohnes Hochzeit gebraten werden!<< %S.471 Der junge Prinz, das M"adchen und die drei Kinder des %S.471 Okerlo schliefen aber alle in einer Stube zusammen; wie %S.471 es nun Nacht wurde, kriegte der alte Okerlo Lust nach %S.471 Menschenfleisch und sagte: >>Frau, ich habe nicht Lust, %S.471 bis zur Hochzeit zu warten, gib mir den Prinzen nur %S.471 gleich her!<< Das M"adchen aber h"orte alles durch die %S.471 Wand, stand geschwind auf, nahm dem einen Kind des %S.471 Okerlo die goldene Krone ab, die es auf dem Haupte %S.471 trug, und setzte sie dem Prinzen auf. Die alte Menschenfresserin %S.471 kam gegangen, und weil es dunkel war, so %S.471 f"uhlte sie an den H"auptern, und das, welches keine %S.472 Krone trug, brachte sie dem Mann, der es augenblicklich %S.472 aufa"s. Indessen wurde dem M"adchen himmelangst, es %S.472 dachte: >>Bricht der Tag an, so kommt alles heraus, und %S.472 es wird uns schlimm gehen.<< Da stand es heimlich auf %S.472 und holte einen Meilenstiefel, eine W"unschelrute und %S.472 einen Kuchen mit einer Bohne, die auf alles Antwort %S.472 gab. %S.472 Nun ging sie mit dem Prinzen fort, sie hatten den %S.472 Meilenstiefel an, und mit jedem Schritt machten sie eine %S.472 Meile. Zuweilen trugen sie die Bohne: %S.472 \begin{verse} >>Bohne, bist du auch da?<< %S.472 \end{verse} >>Ja<<, sagte die Bohne, >>da bin ich, eilt euch aber, denn %S.472 die alte Menschenfresserin kommt nach im andern Meilenstiefel, %S.472 der dort geblieben ist!<< Da nahm das M"adchen %S.472 die W"unschelrute und verwandelte sich in einen Schwan, %S.472 den Prinzen in einen Teich, worauf der Schwan %S.472 schwimmt. Die Menschenfresserin kam und lockte den %S.472 Schwan ans Ufer, allein es gelang ihr nicht, und verdrie"slich %S.472 ging sie heim. Das M"adchen und der Prinz setzten %S.472 ihren Weg fort: %S.472 \begin{verse} >>Bohne, bist du da?<< %S.472 \end{verse} >>Ja<<, sprach die Bohne, >>hier bin ich, aber die alte %S.472 Frau kommt schon wieder, der Menschenfresser hat %S.472 ihr gesagt, warum sie sich habe anf"uhren lassen.<< Da %S.472 nahm das M"adchen den Stab und verwandelte sich %S.472 und den Prinzen in eine Staubwolke, wodurch die %S.472 Frau Okerlo nicht dringen kann, also kehrte sie %S.472 unverrichteter Sache wieder um, und die andern setzten %S.472 ihren Weg fort. %S.472 \begin{verse} >>Bohne, bist du da?<< %S.472 \end{verse} >>Ja, hier bin ich, aber ich sehe die Frau Okerlo noch %S.472 einmal kommen, und gewaltige Schritte macht sie.<< Das %S.472 M"adchen nahm zum drittenmal den W"unschelstab und %S.472 verwandelte sich in einen Rosenstock und den Prinzen in %S.472 eine Biene, da kam die alte Menschenfresserin, erkannte %S.472 sie in dieser Verwandelung nicht und ging wieder %S.473 heim. %S.473 Allein nun konnten die zwei ihre menschliche Gestalt %S.473 nicht wieder annehmen, weil das M"adchen das letztemal %S.473 in der Angst den Zauberstab zu weit weggeworfen; sie %S.473 waren aber schon so weit gegangen, da"s der Rosenstock %S.473 in einem Garten stand, der geh"orte der Mutter des %S.473 M"adchens. Die Biene sa"s auf der Rose, und wer sie %S.473 abbrechen wollte, den stach sie mit ihrem Stachel. Einmal %S.473 geschah es, da"s die K"onigin selber in ihren Garten %S.473 ging und die sch"one Blume sah, wor"uber sie sich so %S.473 verwunderte, da"s sie sie abbrechen wollte. Aber Bienchen %S.473 kam und stach sie so stark in die Hand, da"s sie die %S.473 Rose mu"ste fahren lassen, doch hatte sie schon ein wenig %S.473 eingerissen. Da sah sie, da"s Blut aus dem Stengel quoll, %S.473 lie"s eine Fee kommen, damit sie die Blume entzauberte. %S.473 Da erkannte die K"onigin ihre Tochter wieder und war %S.473 von Herzen froh und vergn"ugt. Es wurde aber eine gro"se %S.473 Hochzeit angestellt, eine Menge G"aste gebeten, die %S.473 kamen in pr"achtigen Kleidern, tausend Lichter flimmerten %S.473 im Saal, und es wurde gespielt und getanzt bis zum %S.473 hellen Tag. %S.473 >>Bist du auch auf der Hochzeit gewesen?<< >>Jawohl, bin %S.473 drauf gewesen: %S.473 \begin{verse} mein Kopfputz war von Butter, da kam ich in %S.473 die Sonne, \\ %S.473 \hspace{1em} und er ist mir abgeschmolzen; \\ %S.473 mein Kleid war von Spinnweb, da kam ich %S.473 durch Dornen, \\ %S.473 \hspace{1em} die rissen es mir ab; \\ %S.473 meine Pantoffel waren von Glas, da trat ich auf %S.473 einen Stein, \\ %S.473 \hspace{1em} da sprangen sie entzwei.<< %S.473 \end{verse}