% @book{bg_hr_khm_1857, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % editor = "Heinz R{\"{o}}lleke", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen", % publisher = "Philipp Reclam jun. GmbH {\&} Co.", % address = "Stuttgart, Germany", % year = "1991", % volume = "2", % series = "Universal-Bibliothek Nr. 3192 [6]", % isbn = "3-15-003192-3", % language = "German", % colophon = "BR{\"{U}}DER GRIMM % Kinder- und Hausm{\"{a}}rchen % AUSGABE LETZTER HAND % MIT DEN ORIGINALANMERKUNGEN % DER BR{\"{U}}DER GRIMM % MIT EINEM ANHANG % S{\"{A}}MTLICHER, NICHT IN ALLEN AUFLAGEN % VER{\"{O}}FFENTLICHTER M{\"{A}}RCHEN % UND HERKUNFTSNACHWEISEN HERAUSGEGEBEN % VON HEINZ R{\"{O}}LLEKE % PHILIPP RECLAM JUN. STUTTGART, 1980/1991" } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von Y. Nagata, am 18. Februar 2001 % \anhangmaerchen{Anhang Nr.\,5: Der gestiefelte Kater} \markright{ANH 5: Der gestiefelte Kater} Ein M"uller hatte drei S"ohne, seine M"uhle, einen Esel und %S.453 einen Kater; die S"ohne mu"sten mahlen, der Esel %S.453 Getreide holen und Mehl forttragen und die Katz die %S.453 M"ause wegfangen. Als der M"uller starb, teilten sich die %S.453 drei S"ohne in die Erbschaft, der "altste bekam die M"uhle, %S.453 der zweite den Esel, der dritte den Kater, weiter blieb %S.453 nichts f"ur ihn "ubrig. Da war er traurig und sprach zu sich %S.453 selbst: >>Ich hab es doch am allerschlimmsten kriegt, %S.453 mein "altster Bruder kann mahlen, mein zweiter kann auf %S.453 seinem Esel reiten, was kann ich mit dem Kater anfangen? %S.454 La"s ich mir ein Paar Pelzhandschuhe aus seinem %S.454 Fell machen, so ist's vorbei.<< >>H"or<<, fing der Kater an, %S.454 der alles verstanden hatte, was er gesagt, >>du brauchst %S.454 mich nicht zu t"oten, um ein Paar schlechte Handschuh %S.454 aus meinem Pelz zu kriegen, la"s mir nur ein Paar Stiefel %S.454 machen, da"s ich ausgehen kann und mich unter den %S.454 Leuten sehen lassen, dann soll dir bald geholfen sein.<< %S.454 Der M"ullerssohn verwunderte sich, da"s der Kater so %S.454 sprach, weil aber eben der Schuster vorbeiging, rief er %S.454 ihn herein und lie"s ihm ein Paar Stiefel anmessen. Als sie %S.454 fertig waren, zog sie der Kater an, nahm einen Sack, %S.454 machte den Boden desselben voll Korn, oben aber eine %S.454 Schnur daran, womit man ihn zuziehen konnte, dann %S.454 warf er ihn "uber den R"ucken und ging auf zwei Beinen, %S.454 wie ein Mensch, zur T"ur hinaus. %S.454 Dazumal regierte ein K"onig in dem Land, der a"s die %S.454 Rebh"uhner so gern; es war aber eine Not, da"s keine zu %S.454 kriegen waren. Der ganze Wald war voll, aber sie waren %S.454 so scheu, da"s kein J"ager sie erreichen konnte. Das wu"ste %S.454 der Kater und gedacht seine Sache besser zu machen; als %S.454 er in den Wald kam, t"at er den Sack auf, breitete das %S.454 Korn auseinander, die Schnur aber legte er ins Gras und %S.454 leitete sie hinter eine Hecke. Da versteckte er sich selber, %S.454 schlich herum und lauerte. Die Rebh"uhner kamen bald %S.454 gelaufen, fanden das Korn, und eins nach dem andern %S.454 h"upfte in den Sack hinein. Als eine gute Anzahl darin %S.454 war, zog der Kater den Strick zu, lief herzu und drehte %S.454 ihnen den Hals um; dann warf er den Sack auf den %S.454 R"ucken und ging geradeswegs nach des K"onigs Schlo"s. %S.454 Die Wache rief: >>Halt! wohin?<< >>Zu dem K"onig<<, antwortete %S.454 der Kater kurzweg. >>Bist du toll, ein Kater zum %S.454 K"onig?<< >>La"s ihn nur gehen<<, sagte ein anderer, >>der %S.454 K"onig hat doch oft Langeweil, vielleicht macht ihm der %S.454 Kater mit seinem Brummen und Spinnen Vergn"ugen.<< %S.454 Als der Kater vor den K"onig kam, machte er einen %S.454 Reverenz und sagte: >>Mein Herr, der Graf<<, dabei %S.455 nannte er einen langen und vornehmen Namen, >>l"a"st %S.455 sich dem Herrn K"onig empfehlen und schickt ihm hier %S.455 Rebh"uhner, die er eben in Schlingen gefangen hat.<< Der %S.455 K"onig erstaunte "uber die sch"onen fetten Rebh"uhner, %S.455 wu"ste sich vor Freude nicht zu lassen und befahl dem %S.455 Kater, so viel Gold aus der Schatzkammer in den Sack zu %S.455 tun, als er tragen k"onne: >>Das bring deinem Herrn, und %S.455 dank ihm noch vielmal f"ur sein Geschenk.<< %S.455 Der arme M"ullerssohn aber sa"s zu Haus am Fenster, %S.455 st"utzte den Kopf auf die Hand und dachte, da"s er nun %S.455 sein Letztes f"ur die Stiefeln des Katers weggegeben, und %S.455 was werde ihm der Gro"ses daf"ur bringen k"onnen. Da %S.455 trat der Kater herein, warf den Sack vom R"ucken, %S.455 schn"urte ihn auf und sch"uttete das Gold vor den M"uller %S.455 hin: >>Da hast du etwas vor die Stiefeln, der K"onig l"a"st %S.455 dich auch gr"u"sen und dir viel Dank sagen.<< Der M"uller %S.455 war froh "uber den Reichtum, ohne da"s er noch recht %S.455 begreifen konnte, wie es zugegangen war. Der Kater %S.455 aber, w"ahrend er seine Stiefel auszog, erz"ahlte ihm alles, %S.455 dann sagte er: >>Du hast zwar jetzt Geld genug, aber %S.455 dabei soll es nicht bleiben, morgen zieh ich meine Stiefel %S.455 wieder an, du sollst noch reicher werden, dem K"onig hab %S.455 ich auch gesagt, da"s du ein Graf bist.<< Am andern Tag %S.455 ging der Kater, wie er gesagt hatte, wohl gestiefelt, %S.455 wieder auf die Jagd und brachte dem K"onig einen reichen %S.455 Fang. So ging es alle Tage, und der Kater brachte alle %S.455 Tage Gold heim und ward so beliebt wie einer bei dem %S.455 K"onig, da"s er aus und ein gehen durfte und im Schlo"s %S.455 herumstreichen, wo er wollte. Einmal stand der Kater in %S.455 der K"uche des K"onigs beim Herd und w"armte sich, da %S.455 kam der Kutscher und fluchte: >>Ich w"unsch, der K"onig %S.455 mit der Prinzessin w"ar beim Henker! Ich wollt ins %S.455 Wirtshaus gehen und einmal trinken und Karte spielen, %S.455 da soll ich sie spazierenfahren an den See.<< Wie der Kater %S.455 das h"orte, schlich er nach Haus und sagte zu seinem %S.455 Herrn: >>Wenn du willst ein Graf und reich werden, so %S.456 komm mit mir hinaus an den See und bad dich darin.<< %S.456 Der M"uller wu"ste nicht, was er dazu sagen sollte, doch %S.456 folgte er dem Kater, ging mit ihm, zog sich splinternackend %S.456 aus und sprang ins Wasser. Der Kater aber nahm %S.456 seine Kleider, trug sie fort und versteckte sie. Kaum war %S.456 er damit fertig, da kam der K"onig dahergefahren; der %S.456 Kater fing sogleich an, erb"armlich zu lamentieren: >>Ach! %S.456 allergn"adigster K"onig! mein Herr, der hat sich hier im %S.456 See gebadet, da ist ein Dieb gekommen und hat ihm die %S.456 Kleider gestohlen, die am Ufer lagen, nun ist der Herr %S.456 Graf im Wasser und kann nicht heraus, und wenn er %S.456 l"anger darin bleibt, wird er sich verk"alten und sterben.<< %S.456 Wie der K"onig das h"orte, lie"s er haltmachen, und einer %S.456 von seinen Leuten mu"ste zur"uckjagen und von des %S.456 K"onigs Kleidern holen. Der Herr Graf zog die pr"achtigsten %S.456 Kleider an, und weil ihm ohnehin der K"onig wegen %S.456 der Rebh"uhner, die er meinte, von ihm empfangen zu %S.456 haben, gewogen war, so mu"ste er sich zu ihm in die %S.456 Kutsche setzen. Die Prinzessin war auch nicht b"os dar"uber, %S.456 denn der Graf war jung und sch"on, und er gefiel ihr %S.456 recht gut. %S.456 Der Kater aber war vorausgegangen und zu einer gro"sen %S.456 Wiese gekommen, wo "uber hundert Leute waren und %S.456 Heu machten. >>Wem ist die Wiese, ihr Leute?<< fragte der %S.456 Kater. >>Dem gro"sen Zauberer.<< >>H"ort, jetzt wird der %S.456 K"onig bald vorbeifahren, wenn der fragt, wem die Wiese %S.456 geh"ort, so antwortet: dem Grafen; und wenn ihr das %S.456 nicht tut, so werdet ihr alle totgeschlagen.<< Darauf ging %S.456 der Kater weiter und kam an ein Kornfeld, so gro"s, da"s %S.456 es niemand "ubersehen konnte, da standen mehr als zweihundert %S.456 Leute und schnitten das Korn. >>Wem ist das %S.456 Korn, ihr Leute?<< >>Dem Zauberer.<< >>H"ort, jetzt wird %S.456 der K"onig vorbeifahren, wenn er fr"agt, wem das Korn %S.456 geh"ort, so antwortet: dem Grafen; und wenn ihr das %S.456 nicht tut, so werdet ihr alle totgeschlagen.<< Endlich kam %S.456 der Kater an einen pr"achtigen Wald, da standen mehr als %S.457 dreihundert Leute, f"allten die gro"sen Eichen und machten %S.457 Holz. >>Wem ist der Wald, ihr Leute?<< >>Dem Zauberer.<< %S.457 >>H"ort, jetzt wird der K"onig vorbeifahren, wenn er %S.457 fr"agt, wem der Wald geh"ort, so antwortet: dem Grafen; %S.457 und wenn ihr das nicht tut, so werdet ihr alle umgebracht.<< %S.457 Der Kater ging noch weiter, die Leute sahen %S.457 ihm alle nach, und weil er so wunderlich aussah und wie %S.457 ein Mensch in Stiefeln daherging, f"urchteten sie sich vor %S.457 ihm. Er kam bald an des Zauberers Schlo"s, trat kecklich %S.457 hinein und vor ihn hin. Der Zauberer sah ihn ver"achtlich %S.457 an und fragte ihn, was er wolle. Der Kater machte einen %S.457 Reverenz und sagte: >>Ich habe geh"ort, da"s du in jedes %S.457 Tier nach deinem Gefallen dich verwandeln k"onntest; %S.457 was einen Hund, Fuchs oder auch Wolf betrifft, da will %S.457 ich es wohl glauben, aber von einem Elefant, das scheint %S.457 mir ganz unm"oglich, und deshalb bin ich gekommen, um %S.457 mich selbst zu "uberzeugen.<< Der Zauberer sagte stolz: %S.457 >>Das ist mir eine Kleinigkeit<<, und war in dem Augenblick %S.457 in einen Elefant verwandelt; >>das ist viel, aber auch %S.457 in einen L"owen?<< >>Das ist auch nichts<<, sagte der Zauberer %S.457 und stand als ein L"owe vor dem Kater. Der Kater %S.457 stellte sich erschrocken und rief: >>Das ist unglaublich %S.457 und unerh"ort, dergleichen h"att ich mir nicht im Traume %S.457 in die Gedanken kommen lassen; aber noch mehr als alles %S.457 andere w"ar es, wenn du dich auch in ein so kleines Tier, %S.457 wie eine Maus ist, verwandeln k"onntest, du kannst gewi"s %S.457 mehr als irgendein Zauberer auf der Welt, aber das wird %S.457 dir doch zu hoch sein.<< Der Zauberer ward ganz freundlich %S.457 von den s"u"sen Worten und sagte: >>O ja, liebes %S.457 K"atzchen, das kann ich auch<<, und sprang als eine Maus %S.457 im Zimmer herum. Der Kater war hinter ihm her, fing %S.457 die Maus mit einem Sprung und fra"s sie auf. %S.457 Der K"onig aber war mit dem Grafen und der Prinzessin %S.457 weiter spazierengefahren und kam zu der gro"sen Wiese. %S.457 >>Wem geh"ort das Heu?<< fragte der K"onig. >>Dem Herrn %S.457 Grafen<<, riefen alle, wie der Kater ihnen befohlen hatte. %S.458 >>Ihr habt da ein sch"on St"uck Land, Herr Graf<<, sagte er. %S.458 Darnach kamen sie an das gro"se Kornfeld. >>Wem geh"ort %S.458 das Korn, ihr Leute?<< >>Dem Herrn Grafen.<< >>Ei! Herr %S.458 Graf! gro"se, sch"one L"andereien!<< Darauf zu dem Wald: %S.458 >>Wem geh"ort das Holz, ihr Leute?<< >>Dem Herrn Grafen.<< %S.458 Der K"onig verwunderte sich noch mehr und sagte: %S.458 >>Ihr m"u"st ein reicher Mann sein, Herr Graf, ich glaube %S.458 nicht, da"s ich einen so pr"achtigen Wald habe.<< Endlich %S.458 kamen sie an das Schlo"s, der Kater stand oben an der %S.458 Treppe, und als der Wagen unten hielt, sprang er herab, %S.458 machte die T"ure auf und sagte: >>Herr K"onig, Ihr gelangt %S.458 hier in das Schlo"s meines Herrn, des Grafen, den diese %S.458 Ehre f"ur sein Lebtag gl"ucklich machen wird.<< Der K"onig %S.458 stieg aus und verwunderte sich "uber das pr"achtige %S.458 Geb"aude, das fast gr"o"ser und sch"oner war als sein %S.458 Schlo"s; der Graf aber f"uhrte die Prinzessin die Treppe %S.458 hinauf in den Saal, der ganz von Gold und Edelsteinen %S.458 flimmerte. %S.458 Da ward die Prinzessin mit dem Grafen versprochen, %S.458 und als der K"onig starb, ward er K"onig, der gestiefelte %S.458 Kater aber erster Minister. %S.458